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"Die Zweijahressperre ist ein gutes Argument"

Thomas Klein4. Juni 2014

Die NADA forciert in Deutschland die Zusammenarbeit mit den Sportverbänden. Der DFB, der bereits mit der NADA kooperiert, möchte die Zusammenarbeit intensivieren, sagt die NADA-Chefin im DW-Interview.

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NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Neben Sportarten wie Radsport, Leichtathletik, Wintersport und vielen mehr kontrolliert die NADA auch den Fußball. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 2293 Trainings-und Wettkampfkontrollen. Wie funktioniert die Zusammenarbeit der NADA mit dem DFB?

Andrea Gotzmann: Wir setzen uns natürlich mit den entsprechenden Gremien zusammen. Eine Anti-Doping-Kommission gibt es auch beim Deutschen Fußballbund (DFB), Dr. Rainer Koch, der erste Vizepräsident, ist zuständig für diesen Bereich. Wir sind im regelmäßigen Austausch. Wir müssen uns abstimmen, und wir haben natürlich auch, wenn wir unsere Arbeiten abgeschlossen haben, eine gewisse Berichtspflicht - was wir wo durchgeführt haben. Uns ist es sehr wichtig, ein einheitliches System zwischen Trainings- und Wettkampfkontrollen zu etablieren. Es macht nicht so viel Sinn, wenn der Spieler nach einem Bundesligaspiel kontrolliert wird und am nächsten Morgen die NADA vor der Tür steht. Da ist es wichtig, dass man sich abstimmt, dass man das koordiniert.

Was wird bei Fußballspielern in welcher Form kontrolliert?

Wir haben die Standardproben Urin und Blut. Das haben wir in den Trainingskontrollen bisher umgesetzt. Wir werden, laut Aussage des DFB, in der nächsten Saison auch Blutkontrollen im Wettkampf haben. Es gibt ein Standardprogramm gibt und es gibt gewisse Zusatzuntersuchungen, die aufwendig und kompliziert sind und bei denen Substanzen, wie Erythropoetin (EPO) entdeckt werden können. Auch das alles wird vom DFB beauftragt. Wir stimmen uns eng mit den Laboren ab. Wir sind in der glücklichen Lage, zwei der weltbesten Laboratorien in Deutschland zu haben. Uns stehen also alle Möglichkeiten der Analytik zur Verfügung, die wir auch ausnutzen.

Der Fußball gehört nicht zur "Risikogruppe A", wie beispielweise der Radsport und die Leichtathletik, obwohl immer mehr Wert auf Athletik und Ausdauer gelegt wird. Warum?

Selbstverständlich haben wir hier genauso Analysen durchgeführt, was die physische Belastbarkeit angeht. Die Ausdauer ist wichtig, aber wir unterscheiden hier ganz klar zwischen Sportarten mit reiner Ausdauer- oder Kraftkomponente und eben den kompositorischen Sportarten, wo auch Technik eine große Rolle spielt und das Mannschaftsspiel, sozusagen der "spirit oft the game". Von daher sehen wir hier, auch mit den Erfahrungen der Vergangenheit, das Risiko des Dopings etwas geringer angesiedelt. Das heißt nicht, dass wir diese Sportarten freisprechen, aber wir können doch ein anderes Augenmerk darauf haben als auf Sportarten wie Gewichtheben, Radsport oder Marathonlaufen.

Im Fußball werden fast ausschließlich Urinproben genommen. In der kommenden Saison soll sich das ändern. (Foto: dpa)
Im Fußball werden fast ausschließlich Urinproben genommen. In der kommenden Saison soll sich das ändern.Bild: picture-alliance/dpa

Der DFB überweist jährlich eine Summe von 200.000 Euro für die Durchführung von Dopingkontrollen. Wie sehen sie die Verhältnismäßigkeit von Geld und Dopingtests?

Hier müssen wir ganz klar die Anforderungen der Sportart sehen. Wir haben ein sehr dichtes Wettkampfkontrollsystem. Im Fußball sind es bis zu drei Wettkämpfe pro Woche, wo auch der internationale Verband kontrolliert. Da ist gar nicht so viel Raum für Trainingskontrollen. Der DFB hat angegeben, dass er auch Blutkontrollen im Wettkampf durchführen wird und dafür dann ein Gesamtbudget von 800.000 Euro hat. Es ist die Kombination aus beiden, die auch Sinn macht. Ich glaube, dass wir da ganz gut aufgestellt sind.

Würde der NADA ein Anti-Doping-Gesetz bei der Arbeit helfen?

Es geht darum, dass wir die Anti-Doping-Arbeit stärken wollen. Wichtig für uns ist, dass ein Anti-Doping-Gesetz mit Leben gefüllt werden muss. Wir müssen auch die Schiedsgerichtsbarkeit stärken, denn das ist das, was Athleten auch weh tut. Die Zweijahressperre ist doch ein ganz gutes Argument. Es darf kein "entweder oder" geben, das funktioniert nicht. Ein Miteinander ist wichtig. Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Ermittlungsbehörden wird von uns auch jetzt schon forciert, wir sind auf einem guten Weg.

Kontrolliert die NADA vor einem großen Turnier, wie der Fußball-Weltmeisterschaft, stärker als während einer Saison?

Es gibt Großereignisse, auf die wir hinarbeiten. Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi zum Beispiel hatten wir schon ein Jahr im voraus mögliche Olympia-Kandidaten für Sotschi in den Fokus genommen und sie auch intensiver kontrolliert. Ähnlich findet das auch in anderen Sportarten statt.

Die Fußball-WM beginnt am 12. Juni. Wie funktionieren die Dopingkontrollen in Brasilien, beim nationalen Verband? Gibt es eine Art Chancengleichheit in Sachen Anti-Doping-Kampf?

Es gibt in Brasilien laut der Statistik der WADA aus dem Jahre 2012 keine Trainingskontrollen. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass der Aufbau der nationalen Anti-Doping-Agentur in Brasilien noch im Gange ist. Dort ist es natürlich auch so, dass Wettkampfkontrollen stattfinden und dass der internationale Verband Kontrollen durchführt. Aber es gibt kein Trainingskontrollsystem, wie wir es kennen und wie wir es für notwendig halten.

Bei der WM in Brasilien wird es kein akkreditiertes Labor vor Ort geben. Wie befremdlich finden Sie das?

Das ist heute mit den Logistik- und Transportunternehmen kein Problem. Es zeigt mir aber, dass die Kontroll- und Qualitätsüberprüfungen funktioniert haben, leider mit dem Ergebnis, dass das Labor in Rio de Janeiro nicht den Kriterien entsprach. So hat man jetzt aber die Möglichkeit, die Proben schnell, gekühlt und gesichert an einen anderen Ort der Welt zu bringen. Man hat sich für Lausanne entschieden, ein ausgezeichnetes Labor, das dann natürlich sehr schnell und rund um die Uhr arbeiten muss, weil durch den Transport einiges an Zeit verloren geht und die Ergebnisse vor dem nächsten Spiel zur Verfügung stehen müssen. Aber ich sehe da überhaupt kein Problem.

Dr. Andrea Gotzmann ist seit September 2011 Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA). Die ehemalige Basketballspielerin und studierte Biochemikerin plädiert für ein Anti-Doping-Gesetz und fordert von den Sportverbänden eine intensivere Zusammenarbeit im Kampf gegen Dopingsünder.