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Politik

Kern pfeift Minister wegen Brenner zurück

5. Juli 2017

Die Aussage von Österreichs Verteidigungsminister, neue Flüchtlingsströme mit militärbewehrten Kontrollen am Brenner eindämmen zu wollen, verärgerte Italien und die Landsleute in den Alpen. Nun schritt Kanzler Kern ein.

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Österreich Bundeskanzler Christian Kern & Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil
Österreichs Bundeskanzler Christian Kern und sein SPÖ-Parteifreund und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil Bild: picture-alliance/picturedesk.com/H. Pfarrhofer

Österreichs Bundeskanzler Christian Kern rechnet trotz der stark gestiegenen Flüchtlingsankünfte in Italien nicht mit der baldigen Einführung von Grenzkontrollen am Brenner. "Wir haben keine Anzeichen dafür, dass die italienischen Behörden die Situation nicht im Griff haben", sagte der SPÖ-Politiker in Wien. Derzeit gebe es keine Soldaten oder Panzer am Grenzübergang zu Italien. Es sei lediglich ein "Notfallplan" erstellt worden, um eine Situation wie in 2015 zu vermeiden, als Tausende Migranten unkontrolliert die österreichische Grenze passierten.

Kern: Langes Gespräch mit Gentiloni

Der Kanzler relativierte damit Aussagen seines Parteikollegen und Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil, der in einem am Dienstag erschienenen Interview "zeitnahe" Kontrollen an der Haupt-Transitstrecke in Tirol angekündigt und damit in Italien für Verärgerung gesorgt hatte. Außenminister Marco Minniti bestellte daraufhin den österreichischen Botschafter ein. Er habe dieses "Missverständnis" in einem langen Gespräch mit dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni ausgeräumt, sagte Kern. Sollten tatsächlich Grenzkontrollen am Brenner notwendig werden, würde sich Österreich sowohl mit der EU als auch mit Italien abstimmen.

Flüchtlinge im August 2015 am Brenner-Bahnhof (Foto: picture-alliance/dpa/J. Groder)
Solche Szenen sollen sich nach Wiener Wunsch nicht mehr wiederholen: Flüchtlinge im August 2015 am Brenner-BahnhofBild: picture-alliance/dpa/J. Groder

Verteidigungsminister Doskozil begründete den "Notfallplan" damit, dass der Zustrom illegaler Migration über das Mittelmeer gegenüber dem Vorjahr um bis zu 25 Prozent gestiegen sei. "Wir haben eine Situation, wo in weiterer Folge 300.000 bis 700.000 Menschen fluchtbereit sind, um nach Europa zu kommen." Aufgrund der Gegebenheiten vor Ort wisse man aber auch, dass die Kapazitäten in Italien begrenzt seien.

"Eine Beleidigung für Tirol und für Italien"

Derzeit sei die Situation am Brenner-Pass völlig normal, sagte der Bürgermeister der Südtiroler Gemeinde Brenner, Franz Kompatscher, der Nachrichtenagentur Reuters. Seinen Beobachtungen zufolge würden täglich zwischen 10 und 20 Flüchtlinge die Grenze passieren. Das geringe Aufkommen begründete er damit, dass in Italien kontrolliert werde und bekannt sei, dass für Flüchtlinge die Grenze nicht leicht passierbar sei. "Der Aktionismus des Herrn Verteidigungsministers ist völlig unangebracht und völlig überzogen", sagte Kompatscher. Die Polizei reiche für die Kontrollen völlig aus. "Die Ankündigung, Radpanzer zu schicken, stellt eine Beleidigung für Tirol und für Italien dar", sagte Kompatscher. Die Aussagen führt er vor allem auf die bevorstehende Parlamentswahl im Oktober in Österreich zurück. Das Thema Flüchtlinge dürfte eines der Hauptthemen im Wahlkampf werden.

sti/kle (dpa, rtr)