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Karten auf den Tisch!

Henrik Böhme21. November 2012

Griechenland muss weiter auf das nächste Hilfspaket warten. Die Euro-Finanzminister konnten sich einmal mehr nicht einigen. Jetzt ist es Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen, meint Henrik Böhme.

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Ich habe aufgehört, zu zählen. Seit bald drei Jahren nun schon versucht der Club der Euroländer, sein Sorgenkind Griechenland aufzupäppeln und ihm wieder auf die Beine zu helfen. Seither reiht sich eine Woche der Entscheidung an die nächste. Aber bis auf eine Ausnahme wurde am Ende nie etwas entschieden. Die Ausnahme, das war in diesem Frühjahr ein erster Schuldenschnitt, der Athens Verpflichtungen um rund 100 Milliarden Euro kleiner machte. Danach wurde weiter gepokert, wurde verwiesen auf den nächsten EU-Gipfel, auf den fehlenden Troika-Bericht oder eben auch: Auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.

So auch dieses Mal wieder. Die Finanzminister der Eurogruppe hatten immer wieder auf ihr Treffen an diesem Dienstag (20.11.2012) verwiesen. Man arbeite mit Hochdruck an den Problemen, bis zu diesem Tag müsse eine Lösung für Griechenland gefunden werden, so Deutschlands oberster Kassenhüter Wolfgang Schäuble noch am Anfang der Woche. Und nun: Keine Lösung gefunden, die Lage sei doch sehr kompliziert. Vertagung auf nächste Woche. Eine neue Woche der Entscheidung? Wohl kaum. Das Durchwursteln wird weiter gehen.

Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion (Foto: DW)
Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion (Foto: DW)Bild: DW

Europa hat sich dafür entschieden, Griechenland im Euroraum zu halten. Obwohl jedermann an den nackten wirtschaftlichen Fakten ablesen kann: Dieses Land ist ein Fass ohne Boden, womöglich sogar ohne Wände. Ja, die Griechen haben geliefert, ein weiteres milliardenschweres Sparpaket, weitere heftige Einschnitte für viele Menschen an der Ägäis. Aber die Wirtschaft kommt eben wegen dieses heftigen Sparpakets nicht auf die Beine, die Wirtschaftsleistung sinkt immer weiter und im gleichen Tempo wächst der Schuldenberg.

Nun, nach bald drei Jahren vergeblicher Hilfen mit Bürgschaften, Krediten, mit Hin- und Herschieben von Geld und Zinsen ist absehbar: Der Traum von der Rettung Griechenlands auf diesem Weg ist geplatzt. Es ist endlich Zeit, dass Europas Politiker ihren Wählern sagen: Sorry, wir haben es versucht, aber wenn wir Griechenland wirklich helfen wollen, dann kostet das jetzt. Wie viele Milliarden für welche Variante - ob erneuter Schuldenschnitt oder Ausschluss aus der Eurozone - das kann niemand genau beziffern. Auch nicht, welche Folgen solche Entscheidungen auf den Rest Europas und die Weltwirtschaft hätten.

Es ist gut, dass der Internationale Währungsfonds als einer der Geldgeber sich nun querlegt und deutlich macht, sich an diesem Drumherumreden nicht länger beteiligen zu wollen. Der IWF hat ein wichtiges Prinzip, das er wegen Griechenland nicht brechen möchte: Hilfskredite bekommt nur der, der am Ende auch zurückzahlen kann. Das müssen nun endlich auch die Politiker einsehen – vor allem Berlin mit seiner ständigen Verweigerungshaltung. Das war schon vor dem ersten Schuldenschnitt so, und auch jetzt verzögert das Lügen und Taktieren eine wirkliche Lösung. Es ist unsäglich, wenn man hört: Irgendwie müsse man Athen noch ein Jahr am Leben halten, bis Deutschland im kommenden Herbst gewählt hat. Das wird der Bundeskanzlerin auf die Füße fallen. Noch hat sie die Chance, ihrem Volk die Wahrheit zu sagen.