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Griechische IT-Branche

Panagiotis Kouparanis13. Dezember 2012

Es gibt sie tatsächlich in Griechenland - Unternehmen der High-Tech-Branche. Sie ist zwar nicht allzu groß, doch die Krise des Landes könnte sich als eine Chance für eine Expansion erweisen.

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Tagung über die Hochtechnologie-Branche in Griechenland (Foto:Panagiotis Kouparanis/DW)
Tagung über die Hochtechnologie-Branche in GriechenlandBild: DW/P. Kouparanis

Glaubt man dem statistischen Landesamt Baden-Württemberg, hat Griechenland im Vergleich mit Ländern und Regionen Europas die geringste Innovationskraft. Doch es tut sich was, denn in Sachen Innovationsdynamik liegt das Land über dem Durchschnitt. Ein Wirtschaftssektor, der auf Innovation angewiesen ist, ist die Hochtechnologie. Hier kommt es auf Zusammenarbeit und Vernetzung an - deshalb hat die griechische Botschaft in Berlin mit der örtlichen Industrie- und Handelskammer eine Tagung mit griechischen und deutschen Unternehmern und Experten veranstaltet.

Theo Assimakopoulos, Geschäftsführer des IT-Unternehmens DYNESIS, Patras/ Griechenland (Foto: Panagiotis Kouparanis/DW)
"Löhne spielen keine Rolle": Theo AssimakopoulosBild: DW/P. Kouparanis

Und dabei wurde eines schnell klar: Für eine Zusammenarbeit mit griechischen Firmen fallen die Löhne in Griechenland nicht nennenswert ins Gewicht, sagt Theo Asimakopoulos. Für den Geschäftsführer von DYNESIS, einer Tochtergesellschaft eines deutschen IT-Unternehmens, das Sicherheitssysteme entwickelt, gäbe es ganz andere Stolpersteine. Kann zum Beispiel eine bestimmte Kapitalrendite erzielt werden, ist die Steuergesetzgebung stabil, ist das geistige Eigentum geschützt, können kleinere IT-Unternehmen sicher sein, dass nicht die Belegschaft in Streik tritt, wenn man ein bestimmtes Produkt an einem bestimmten Datum abliefern muss?

"Das alles sind Sachen, die ich in Griechenland schon erlebt habe", sagt Asimakopoulos. "Sie sind ein Hindernis für die Entwicklung von Effektivität und Produktivität. Sosehr auch die Löhne fallen mögen, es müssen sich diese Sachen verändern."

Cluster bilden

Die Firma von Christos Giordamlís hat sich auf Programme spezialisiert, die gesammelte Informationen von Menschen oder Maschinen verarbeiten. An der Entwicklung der Produkte des Unternehmens Prisma mit Sitz in Alexandroupolis an der Grenze zur Türkei haben sich eine Anzahl von Forschungs- und Entwicklungsstätten, der Region beteiligt, zum Beispiel Universitätseinrichtungen. Den Wert ihrer Dienste schätzt Giordamlís auf 45 Millionen Euro, die aus EU-Fördermitteln, staatlichen Zuschüssen und ähnlichem finanziert wurden.

Christos Giordamlis, Geschäftsführer des IT-Unternehmens PRISMA, Alexandroupolis/ Griechenland (Bild: Panagiotis Kouparanis/DW)
Internationale Expansion: Christos GiordamlisBild: DW/P. Kouparanis

Prisma hat sich den Auslandsmarkt orientiert und arbeitet mit amerikanischen, israelischen, niederländischen, schweizerischen Unternehmen. Auf diese internationale Zusammenarbeit ist Giordamlís besonders stolz: "Wir sind zuverlässig und haben einen hohen Spezialisierungsgrad." Man arbeite auch mit deutschen Firmen zusammen. Allerdings hätten diese Kontakte unter dem allgemeinen Image Griechenlands im Zuge der Wirtschaftskrise gelitten. Eine Möglichkeit, dagegen anzugehen, seien persönliche Kontakte, so Axel Pohls vom deutschen IT-Branchenverband Bitkom.

Vorbild Kalifornien

Dafür plädiert auch Vassilis Makiós. Er ist Direktor von Corallia, einem Cluster, an dem sich an die 80 junge Firmen im Bereich der Mikroelektronik in Athen und Patras beteiligen. Corallia hilft den Start-Up-Unternehmen, bürokratische Hürden leichter zu überwinden und an EU-Fördermittel zu gelangen, stellt Verbindungen zu Forschungs- und Entwicklungsstätten her - und auch zu High-Tech-Unternehmen im Ausland. Die Zusammenarbeit mit ähnlichen Clustern im amerikanischen Silicon Valley hat dazu geführt, dass mittlerweile rund 15 Corallia-Mitgliedsunternehmen Niederlassungen in Kalifornien gegründet haben, die wiederum Aufträge, die sie in den USA akquirieren, in Griechenland in Auftrag geben.

Vassilis Makios, Präsident des Mikroelektronik Clusters Corallia (Foto: Panagiotis Kouparanis/DW)
Cluster bilden: Vassilis MakiosBild: DW/P. Kouparanis

Das reiche aber bei weitem nicht aus, um genügend Arbeitsplätze für die gut ausgebildete jungen Griechen zu schaffen, sagt Makiós. Die hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland zwinge dazu, nach weiteren Partnern in Europa Ausschau zu halten. Deshalb hat Corallia vor zwei Monaten bei einem Treffen europäischer Cluster der Hochtechnologie-Branche in Dresden teilgenommen, das Silicon Saxony, der größte Branchenverband der Halbleiter-, Elektronik- und Mikroelektronik Europas, organisiert hatte. Man habe sich zum Ziel gesetzt, einen europäischen Mega-Cluster auf diesem Gebiet zu schaffen.

Kulturen ergänzen sich

Vassilis Makiós glaubt fest an einen Erfolg. "Wenn es zu dieser Gründung kommt, dann werden sich darin auch verschiedene Kulturen treffen. Wenn den Deutschen das methodische Denken charakterisiert, dann ist es bei dem Griechen das chaotische. Beides zusammengenommen wird zu einem ein viel besseren Ergebnis führen, als jedes für sich alleine", ist Makiós überzeugt.

Ein wenig strukturierter Alltag in Griechenland zwinge die Menschen dazu, jedes Mal nach neuen Antworten zu suchen, um diesen Alltag zu bewältigen. Das erfordere die Fähigkeit, sich schnell an neue Gegebenheiten anzupassen. Dieses, wie es Makiós nennt, "chaotische Denken" sei gerade in der Forschung und Entwicklung von Vorteil.

Deutschland sucht zur Zeit 43.000 Fachkräfte im Hochtechnologie-Bereich. Wäre es da für junge griechische IT-Spezialisten nicht interessanter, sich um einen Job in Deutschland zu bemühen, der zudem auch besser bezahlt wird? Nein, sagt Sakis Kotsís, Vizepräsident des Verbands griechischer Informations- und Kommunikationsunternehmen SEPE: "Die Sprache ist das Problem. Potentielle Kunden in Deutschland machen die Beherrschung der deutschen Sprache zur Bedingung."

Sakis Kotsis, Geschäftsführer von Intrasoft International (Bild: Panagiotis Kouparanis/DW)
Sakis Kotsis: Chaos und Gründlichkeit ergänzen sichBild: DW/P. Kouparanis

Kotsis ist nicht nur Verbandsfunktionär, er ist auch Geschäftsführer von Intrasoft International, die mit einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro und 1700 Angestellten in 14 Ländern aktiv ist: Einen Auftrag eines namhaften deutschen Autokonzerns konnte Intrasoft International erst erhalten, als es Personal aufbieten konnte, das Deutsch beherrscht. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb im Goethe-Institut Athen die meisten Sprachprüfungen von allen Instituten weltweit abgelegt werden.