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Griechenland-Gespräche gehen weiter

Barbara Wesel25. Juni 2015

Nach gut einer Stunde war beim Treffen der Eurogruppe klar, dass es immer noch keine Lösung mit Griechenland gibt. Nun gehen die Verhandlungen vor dem EU-Gipfel heute Nachmittag weiter. Barbara Wesel aus Brüssel.

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Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis (l.) beim Treffen der Eurogruppe (Foto: Reuters)
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis (l.) beim Treffen der EurogruppeBild: Reuters/Philippe Wojazer

Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir hatte gleich ein dickes Buch mitgebracht, falls das Treffen der Eurogruppe allzu langweilig würde und er sich von dem Fortsetzungsdrama mal ablenken müsste: "Ich denke drei Eurogruppen-Treffen und zwei Gipfel müssten ausreichen, um das griechische Problem zu lösen", spottete er am Mittwochabend. Außerdem könnte sein Land den Griechen gute Ratschläge geben, wie man sein Steuersystem reformiert. Die Slowakei habe vor einigen Jahren noch die zweitschlechtesten Ergebnisse nach Griechenland erzielt – inzwischen könne man das gut. Die kurzen Stellungnahmen der Finanzminister, wie sie nacheinander im Ratsgebäude eintreffen, dienen längst als Unterhaltungsprogramm für die lungernden Journalisten. Und sind natürlich Stimmungsbarometer für das zu erwartende Ergebnis.

Einmal mehr keine Hoffnung

Der Finne Alexander Stubb ist immer gut für ein paar offene Worte: "Wir haben noch keinen konkreten Vorschlag auf dem Tisch. Es gibt nichts außer verschiedene Leaks aus der Financial Times und dem Wall Street Journal…. Ich wäre positiv überrascht, wenn es heute Nacht eine Einigung gäbe". Das seien auch keine Entscheidungen, die man leichtfertig fällen könne, weil man als Minister auch dem heimischen Parlament verpflichtet ist.

Wenn danach noch jemand Hoffnung auf ein Ergebnis hatte, wurde die vom Österreicher Hans-Jörg Schelling zerstört: "Noch sind wir nicht so weit, es gibt weder Unterlagen noch Umsetzungspapiere. Der dickste Brocken wird noch, dass die Griechen auf einem Schuldenerlass bestehen", und die Überführung ihrer Schulden bei der EZB in den Euro-Rettungsschirm verlangen. Damit würden aus Bankschulden politische Schulden, deren Konditionen und Rückzahlungsbedingungen beliebig verhandelbar sind. Das ist für die Mehrheit der Minister derzeit kein Thema.

Und schließlich rollte Wolfgang Schäuble heran und gab der Veranstaltung den Todesstoß: "Mein Gefühl ist, wir sind noch nicht viel weiter als am Montag, aber wir fangen jetzt mal an. Der Stand der Vorbereitungen ist jedenfalls nicht so, dass wir heute ein Ergebnis erwarten können". Sprach's und verschwand im Sitzungssaal. In dem hatte auf der anderen Straßenseite im Berlaymont Gebäude seit Mittag der griechische Premier Alexis Tsipras Stunde um Stunde weiter mit den Gläubigervretretern verhandelt: mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dem Chef der europäischen Zentralbank EZB, Mario Draghi, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Christine Lagarde vom Internationalen Währungsfonds. IWF.

Alexis Tsipras mit Jean-Claude Juncker (Foto: Reuters/J. Warnand)
Gute Miene zum bösen Spiel?Bild: Reuters/J. Warnand

Griechische Wut wegen Änderungswünschen vom IWF

Christine Lagarde und ihre Institution war im Laufe des Tages einmal mehr zur Hauptfeindin der griechischen Seite mutiert. Denn IWF-Experten hatten jede Menge rote Tinte über dem Vorschlag aus Athen ausgegossen. Die zahlreichen Änderungen veranlassten Alexis Tsipras zu wütenden Twittermeldungen: Noch nie zuvor seien gleichwertige Maßnahmen durch die Gläubiger derart zurückgewiesen worden, weder in Irland noch in Portugal. "Hinter dieser merkwürdigen Position können nur zwei Dinge stehen: Entweder wollen sie keine Einigung, oder sie dienen bestimmten Interessen." Es ist wohl die Zeit für Verschwörungstheoretiker.

Der IWF hatte vor allem moniert, dass die griechischen Vorschläge im Wesentlichen aus Steuererhöhungen bestehen. Damit würde die Wirtschaft abgewürgt - und kurzerhand hatten die Ökonomen vom Währungsfonds unter anderem die Erhöhung der Unternehmenssteuer wieder heruntergekürzt, die Tsipras gerade am Wochenende in sein Papier reingeschrieben hatte. Nach diesen und weiteren Änderungswünschen von Seiten der Gläubiger war das Gezerre zwischen Tsipras und den sogenannten Institutionen dann den ganzen Tag weiter gegangen.

Abreise Christine Lagarde (Foto: Reuters/P. Wojazer)
Christine Lagarde vom IWF ist wohl der härteste Brocken für den Griechenchef TsiprasBild: Reuters/P. Wojazer

Am Abend jedoch zog dann der Chef der Eurogruppe bereits nach gut einer Stunde die Reißleine, und schickte seine Minister zurück in ihre Hotels. Es gebe keine Basis für eine Einigung, die Arbeit werde fortgesetzt, notfalls die ganze Nacht über. Eine Nachtschicht stand also für die technischen Teams an, die die Berechnungen machen und Formulierungen suchen sollten, und für die Gläubigervertreter um Jean-Claude Juncker. Sie wollten mit dem griechischen Premier weiter nach einer Annäherung suchen. Doch nach zweistündigen Diskussionen wurden auch diese Beratungen auf Donnerstag vertagt.

Die Differenzen erscheinen einmal mehr schwer überbrückbar

Der Kampf geht inzwischen um verschiedene rote Linien der regierenden Syriza Partei: Dazu gehört unter anderem eine strukturelle Rentenreform mit einer schnellen Anhebung des Rentenalters und der Abschaffung der Frührenten. Änderungen, die Alexis Tsipras um jeden Preis vermeiden wollte.

Eines ist klar: Die Regierungschefs wollen sich bei ihrem um 16 Uhr beginnenden Gipfeltreffen mit den Details der Griechenland-Rettung nicht befassen. Sie haben von der Flüchtlingskrise bis hin zum britischen EU-Referendum noch genug andere Themen auf der Tagesordnung. Unterdessen rückt der 30. Juni mit dem Ende des 2. Hilfspaketes immer näher, um das hier gerungen wird, und gleichzeitig der Zahltag für 1,6 Milliarden Euro für den IWF. Die Spannung steigt.