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Griechischer Links-Ruck

13. März 2012

Die Krise ändert auch die politische Landschaft Griechenlands: Laut Umfragen könnten die drei größten linken Parteien bei den Neuwahlen die Mehrheit der Stimmen gewinnen. Ihr Problem: Sie sind tief zerstritten.

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Aufmarsch der pro-kommunistischen Demonstranten in Athen (Foto: AP Photo/Petros Giannakouris)
Bild: AP

Sobald das zweite Rettungspaket und sein Zahlungsplan feststehen, wird der griechische Premierminister Papademos das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Die Wahl wird voraussichtlich Ende April oder Anfang Mai stattfinden. Die drei linken Parteien, die dann auf Stimmenfang gehen, könnten unterschiedlicher nicht sein: Die "Demokratischen Linken" plädieren für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone, die Kommunisten predigen gebetsmühlenartig den Austritt des Landes aus der "EU der Monopole". Und dann ist da noch das "Bündnis der Radikalen Linken"; weniger radikal, als sein Name vermuten lässt, gilt die Partei als befreundet mit der deutschen "Die Linke".

Die Linksparteien machen zwar einen gemeinsamen ideologischen Anspruch geltend, bleiben aber trotzdem in vielen Punkten zerstritten. Doch in einem Punkt sind sie sich einig: Die Regierung müsse das Rettungspaket und die damit verbundenen Einschnitte bei Löhnen und Renten ablehnen und neu verhandeln. Bürgerliche Politiker werfen den Linken aber vor, sie würden keine Alternative zum Rettungspaket bieten.

Waffenkäufe trotz der Krise

Dimitris Papadimoulis, der für das "Bündnis der Radikalen Linken" im Athener Parlament sitzt, weist dies entschieden zurück: "Alternativen gibt es genug. Ein Beispiel: Man hat zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren die Renten gekürzt, um 325 Millionen Euro einzusparen. Dabei könnte die Regierung drei Mal so viel Geld sparen, wenn sie nur den jüngsten Kauf von zwei deutschen U-Booten für die griechische Marine rückgängig machen würde", klagt Papadimoulis.

Ein U-Boot vom Typ 214 für die griechische Marine (Foto: Horst Pfeiffer dpa)
Deutsches U-Boot für GriechenlandBild: picture alliance

Es sei unverantwortlich, dass die griechische Regierung weiterhin zu den besten Kunden der europäischen Waffenindustrie gehöre, während die Bürger das härteste Sparprogramm der neuesten Geschichte über sich ergehen lassen müssten. Außerdem müssten die Reichen und die Steuersünder stärker zur Kasse gebeten werden. Solche Vorschläge fallen auf fruchtbaren Boden in einem Land, das von einer ernsten Rezession geplagt wird und eine Rekordarbeitslosigkeit von 21 Prozent verzeichnet.

Lange Tradition der linken Parteien

Linke Gruppierungen sind in Griechenland ohnehin traditionell stark und können auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. So auch das "Bündnis der Radikalen Linken": Die Zweckkoalition von linken Aktivisten und Graswurzelpolitikern geht auf eine Splitterpartei zurück, die in den 1960er Jahren von kommunistischen Abweichlern gegründet wurde und, in Anlehnung an die italienische Linke, für einen "Eurokommunismus" mit basisdemokratischem Anspruch plädierte. Diese Spaltung haben die Stalinisten der "Kommunistischen Partei Griechenlands" ihren ehemaligen Genossen bis heute nicht verziehen.

Trotz aller Zerwürfnisse sieht der linke Abgeordnete Dimitris Papadimoulis gute Chancen für eine Zusammenarbeit: "Ich glaube schon, dass linke Parteien noch vor den Wahlen einen gemeinsamen Nenner finden können, aber dafür müsste jeder von uns seine eigenen Ansprüche herunterschrauben." Oberstes Ziel der Linken sei ein gemeinsames Wirtschaftsprogramm, das Lohnkürzungen und dem Abbau von Sozialrechten Einhalt gebiete. Dadurch würde man den "neoliberalen Taliban" in der Regierungskoalition das Fürchten lehren, glaubt Papadimoulis.

Griechisches Parlament (Foto: REUTERS/John Kolesidis)
Haben die Linken bald die Mehrheit im Parlament?Bild: Reuters

Sorge im Ausland

Bei den internationalen Geldgebern Griechenlands wächst die Sorge, dass ein Wiedererstarken der Linken die Umsetzung der vereinbarten Sparmaßnahmen verhindern könnte. Dann wäre auch die Rückzahlung ihrer Hilfsgelder in Gefahr. Der Politikwissenschaftler Levteris Kousoulis sieht jedoch keinen Grund zur Sorge. Er ist der Auffassung, die Linke sei zwar stark, aber auch stark zersplittert.

"Eine einheitliche Linke gibt es gar nicht in Griechenland, die linken Parteien sind tief zerstritten und auf absehbare Zeit gar nicht in der Lage, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen", sagt Kousoulis. Von daher mache es wenig Sinn, die Stimmenanteile der linken Parteien einfach zu addieren und die Behauptung aufzustellen, eine radikale Veränderung der politischen Landschaft sei so gut wie sicher, meint der Politikexperte.

Ein Bündnis gegen die Linken?

Kousoulis gibt jedoch zu bedenken: Auch wenn die Linksparteien selbst keine Regierungsverantwortung übernehmen können oder wollen, sie hätten es immerhin schon geschafft, die etablierten Volksparteien zu schwächen und ihre einst sicher geglaubte Regierungsfähigkeit in Frage zu stellen. Deswegen, so Levteris Kousoulis, wäre es aus Sicht der bürgerlichen Parteien wichtig, eine gemeinsame Front gegen die Linke zu bilden. Aber auch diese Allianz zu schmieden, sei in Griechenland nicht so einfach, glaubt der Athener Politikwissenschaftler.

Lieder der PASOK (George Papandreou) und Nea Dimokratia (Antonis Samaras) (Foto: AP Photo/Petros Giannakouris)
George Papandreou und Antonis SamarasBild: AP

"Sowohl die konservative ‘Nea Dimokratia' als auch die sozialdemokratische ‘PASOK' haben mit den bürgerlichen Parteien westeuropäischen Typs nicht viel gemeinsam", erklärt Kousoulis. Sie erinnerten eher an feudale Machtgebilde. Die personenbezogenen Machtstrukturen beider Volksparteien trügen heute erst recht zu ihrer eigenen Schwächung bei, da sie viele Wähler abschreckten, meint der Politikwissenschaftler.

Vor allem die von den Sozialisten enttäuschten Wähler wandern nach links. Die bis November 2011 im Alleingang regierende sozialistische PASOK-Partei käme heute laut Umfragen auf ein Rekordtief von 11 Prozent der Stimmen. Gleichzeitig drohen auf der anderen Seite des politischen Spektrums auch den Konservativen deutliche Stimmenverluste - durch rechte und rechtspopulistische Splitterparteien.

Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Zoran Arbutina