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Griechische Neonazis wieder frei

2. Oktober 2013

16 Stunden dauerte der Haftprüfungstermin. Dann entschied die Justiz, drei führende Mitglieder der Partei "Goldene Morgenröte" auf freien Fuß zu setzen. Der Haftbefehl gegen einen vierten Abgeordneten besteht weiter.

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Parteisprecher Ilias Kassidiaris bei seiner Freilassung (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Die vier Abgeordneten der griechischen Neonazi-Partei sind am Mittwoch der Bildung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung beschuldigt worden. Die vorläufig freigelassenen Mitglieder dürfen das Land bis zum Beginn ihres Prozesses nicht verlassen. Unter ihnen ist auch der Sprecher der Partei, Ilias Kasidiaris (Artikelbild M.). Er musste eine Kaution in Höhe von 50.000 Euro hinterlegen. Kassidiaris wird verdächtigt, für die paramilitärische Ausbildung der Neonazi-Anhänger verantwortlich zu sein.

"Politische Verschwörung"

Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes gaben sich die drei Abgeordneten siegesgewiss. Einer von ihnen meinte: "Die Anklage wird zusammenbrechen." Die "Goldene Morgenröte" (Chrysi Avgi) sieht sich als Opfer einer "politischen Verschwörung" und baut darauf ihre Verteidigungsstrategie auf, wie auch der Webseite der Partei zu entnehmen ist. Kasidiaris argumentiert, ihm sollten vor seiner Kandidatur für den Posten des Bürgermeisters von Athen im Mai 2014 Steine in den Weg gelegt werden.

"Die Justiz ist unabhängig. Der Prozess wird zeigen, ob sie schuldig sind", erklärte dagegen Innenminister Ioannis Michelakis nach dem Beschluss der Haftrichter in Athen. Die Staatsanwaltschaft wirft insgesamt 32 Parteimitgliedern vor, die Neonazi-Partei in eine kriminelle Vereinigung verwandelt zu haben. Ihnen werden Totschlag, Erpressung, Sprengstoffanschläge und Geldwäsche zur Last gelegt. Mitglieder und Anhänger der Partei werden zudem seit längerem verdächtigt, hinter gewaltsamen Übergriffen auf Einwanderer und Linkspolitiker zu stecken.

Anhänger der rechtsradikalen " Goldenen Morgenröte" bejubeln die vorläufige Freilassung der drei Abgeordneten (Foto: rtr)
Anhänger der rechtsradikalen Partei bejubeln die vorläufige Freilassung der drei Abgeordneten in AthenBild: Reuters

Polizisten festgenommen

Ebenfalls an diesem Mittwoch nahmen Sicherheitskräfte einen weiteren Polizisten wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit den Neonazis fest. Drei Polizisten mussten sich bereits wegen Verbindungen zur Partei verantworten. Dem jetzt gefassten ehemaligen Polizeichef des Athener Stadtteils Agios Panteleimon wird unter anderem vorgeworfen, für die Rechtsextremen Mitglieder angeworben und Anzeigen von ausländischen Gewaltopfern gegen Chrysi Avgi blockiert zu haben.

Er muss sich demnach wegen Machtmissbrauchs, Fälschung und Waffenhandels verantworten. Agios Panteleimon gilt als eine der Hochburgen der Rechtsextremen in Athen. Dort veranstalteten sie regelrechte Hetzjagden auf Immigranten.

Samaras verspricht hartes Vorgehen

Anlass der Festnahmen und des schärferen Vorgehens von Justiz und Polizei gegen die Neonazi-Szene war die Ermordung des linksgerichteten Rap-Musikers Pavlos Fyssas durch einen Rechtsextremisten in der Nacht zum 18. September. Fyssas war in Piräus niedergestochen worden. Die Tat hatte landesweit und international Empörung und Entsetzen ausgelöst.

Griechenlands Regierungschef Antonis Samaras betonte, man werde die Rechtsradikalen "zerschlagen". Allerdings lässt die Verfassung des Landes die Möglichkeit nicht zu, eine demokratisch ins Parlament gewählte Partei zu verbieten.

Die "Goldene Morgenröte" hat politisch von der Finanz- und Wirtschaftskrise profitiert. Mit nächtlichen Fackelmärschen, mit Suppenküchen nur für Bedürftige "mit griechischer Abstammung" und ihrer Ansage, Griechenland von "Ausländern zu säubern", erhielt die rassistische und antisemitische Partei bei der Parlamentswahl 2012 großen Zulauf unter Protestwählern. Derzeit sitzen 18 Abgeordnete im 300 Mandate umfassenden Parlament.

se/wl (rtr, dpa, afp)