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Griechenland

4. November 2011

Die Rücknahme des Referendums ließ Hoffnung auf Vernunft in Athen aufkommen. Aber statt Vernunft regiert weiter parteipolitisches Taktieren. Spiros Moskovou kommentiert.

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Das Kalkül des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou ist nicht aufgegangen. Durch das Referendum wollte er die Bürger in die Pflicht nehmen, ihre Zustimmung und aktive Unterstützung für die internationalen Hilfspakete gewinnen. Da sich die griechische Opposition auf erbittertem Gegenkurs befindet und sich sogar Teile der regierenden sozialistischen PASOK den notwendigen Spar- und Strukturmaßnahmen widersetzen, versuchte Papandreou aus der Not eine Tugend zu machen: Er beschwor den Primat der Politik und wollte sich direkt ans Volk wenden.

Spiros Moskovou, Leiter der griechischen Redaktion (Foto: DW)
Spiros Moskovou, Leiter der griechischen RedaktionBild: DW

Er hat dabei vergessen, dass er nicht nur ein verschuldetes, sondern ein bankrottes Land führt. In diesem Fall gilt der Primat der Ökonomie und nicht der Politik. Papandreou verunsicherte die Märkte und seine europäischen Partner und erlebte in einer Mini-Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Cannes eine Abfuhr. Innerhalb von 48 Stunden musste er zurückrudern und das Referendum ad acta legen. Sonst wären alle Hilfen für Griechenland eingefroren worden.

Innenpolitischer Streit dauert an

Griechenland braucht dringend ein Mindestmaß an politischem Konsens zwischen den großen Parteien, also der PASOK und der konservativen Nea Dimokratia. Nur so könnten die rigiden, aber notwendigen Maßnahmen greifen. Und es gab auch am Donnerstag ein erstes Signal in die richtige Richtung seitens der Nea Dimokratia. Ihr Vorsitzender Antonis Samaras kündigte an, die Beschlüsse des EU-Gipfels vom 27. Oktober, also den Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland, im Parlament zu unterstützen und sogar bei einer Notregierung mitzumachen. Die Märkte freuten sich und die europäischen Hauptstädte spürten wieder Hoffnung. Würde endlich die Wiege der Demokratie das tun, was andere moderne Demokratien wie die ebenfalls hochverschuldeten EU-Mitglieder Irland und Portugal tun? Würden endlich auch in Athen die großen Parteien zusammenarbeiten, damit das Land auch aus eigener Kraft gerettet werden kann?

Die Euphorie war etwas verfrüht. Es stellte sich heraus, dass Samaras eigentlich einen sofortigen Rücktritt Papandreous meinte, die Bildung einer Interimsregierung aus Experten und Neuwahlen innerhalb von sechs Wochen. Es stellte sich auch heraus, dass Papandreou trotz der bröckelnden Unterstützung durch seine eigene Partei auf der Vertrauensabstimmung am Freitag im Parlament beharrt. Danach will er als starker Ministerpräsident mit Samaras über die Bildung einer Koalitionsregierung verhandeln. Und so standen sich im griechischen Parlament die beiden Polit-Matadore wieder stolz und unerbittlich gegenüber. Ohne eine Spur von Konsens. Als ginge es um eine der üblichen Parlamentssitzungen, als ginge es nicht diesmal tatsächlich um die Zukunft des Landes und der Eurozone. Verfolgen wir eigentlich hier eine griechische Tragödie oder eine Komödie? Wahrscheinlich beides. Und die Zitterpartie geht weiter.

Autor. Spiros Moskovou
Redaktion: Hans Sproß