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Grippewelle in Moskau

Markus Reher20. Februar 2007

Zum zweiten Mal ist am Wochenende in Russland die Vogelgrippe ausgebrochen. Und noch nie rückte der Virus den Hauptstädtern so dicht zu Leibe wie jetzt. Doch die Moskowiter bleiben ganz gelassen.

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Dabei sind im russischen Staatsfernsehen seit dem Wochenende täglich Menschen in weißen Overalls und mit Mundschutz zu sehen. Sie tragen gekeultes Federvieh oder versprühen Flüssigkeiten auf Ställe und Wege. Autos und Lastwagen fahren durch Desinfektionswannen. In Kitteln und Schutzbrillen nehmen Laboranten Verdächtiges unter die Lupe. Bilder wie aus China im Herbst 2005. Die Gesundheitsverwalter haben alles im Griff!

"Da überlebt kein Virus!"

Herd der neuen Vogelgrippewelle sei Moskaus größter Geflügelmarkt. Die betroffenen Zuchtfarmen stünden ein Jahr lang unter strenger Beobachtung. "Es besteht nicht einmal theoretisch die Möglichkeit, dass Menschen sich anstecken", verkündete der Oberste Staatsveterinär Nikolai Wlasow auf den Bildschirmen. Seit dem Wiederauftreten der Vogelgrippe 2003 starben weltweit mehr als 160 Menschen.

Die Moskowiter ficht das nicht an. Rund um den Weißrussischen Bahnhof im Norden des Stadtzentrums reiht sich Kiosk an Kiosk: Schreibwaren, Presse, Süßigkeiten, Zigaretten, Musik und Fastfood aus Russland, Asien, Arabien und dem Kaukasus. Eine bunte Mischung. Auch Safuan hat hier seinen Schawarma-Stand. Der 30-jährige Syrer winkt ab. "Wsjo normalno" - alles in Ordnung. "Die Leute haben keine Angst. Unser Hähnchenfleisch wird doch hier am Spieß gegrillt. Da überlebt kein Virus!"

"Budi sdorow!"

Auf den Märkten sinkt die Nachfrage nach Geflügel allerdings. "Fleisch verkauft sich jetzt überhaupt schlecht." Verkäuferin Anja auf dem kleinen Markt nahe des Weißrussischen Bahnhof grinst. "Seit Sonntag ist doch Welikij Post, die große Fastenzeit vor Ostern!" Schon seit letzter Woche, während der Masljeniza, der Butterwoche, sind eigentlich nur noch Fisch und Milchprodukte erlaubt. Die Butterwoche ist eine Art russischer Karneval. Alt und Jung feiern und schlemmen noch einmal ausgelassen, vor allem Pfannkuchen mit Pilzen oder Kaviar.

Tatsächlich plagt die Hauptstädter derzeit eine ganz andere "Grippe": Husten, Schnupfen, Heiserkeit - der übliche Erkältungsdreikampf bei Temperaturen um minus zehn, fünfzehn Grad. Und dagegen helfen weder Mundsschutz noch Desinfektionswannen, sondern einfache russische Hausmittelchen: heißer Dampf und ein klares, kühles Wässerchen: Banja und Wodka also. Budj sdorow! Gesundheit und gute Besserung!