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Wohin mit dem Müll?

Rita Stade5. November 2008

Die britische Regierung kündigte im Sommer an, alte Reaktoren durch neue zu ersetzen. Die Finanzierung ist noch offen, doch die radioaktiven Altlasten lassen sich nicht länger ignorieren.

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Gelbe Fässer mit Atommüll liegen in einem Schacht in einem Salzbergwerk
Wo Atommüll gelagert werden kann - darüber muss Großbritannien nun beratenBild: picture-alliance/ dpa

Vor gut drei Jahren rief die britische Regierung die nukleare Entsorgungsbehörde NDA ins Leben. Physiker und Planungsmanager erhielten den Auftrag, praktische Lösungen für das Problem des radioaktiven Mülls zu finden.

Bruce McKirdy, technischer Direktor der Behörde, erläutert das Ausmaß dieser Aufgabe: "Wir haben es im Augenblick mit rund 500.000 Kubikmetern radioaktivem Müll zu tun - ob nun neue Reaktoren gebaut werden oder nicht."

Dafür würde alle Fachkompetenz gebraucht, die zu Gebot steht, so McKirdy. Denn dieses Material könne über hunderttausende von Jahren gefährlich werden. Seit den 50er-Jahren wird in Großbritannien Atomstrom hergestellt. Heute sind 19 Reaktorblöcke am Netz, 26 wurden bislang stillgelegt.

Datenlage schwierig

Blick in den für den Brennelementewechsel geöffneten Reaktor-Block Nummer eines Kernkraftwerks(Quelle: dpa)
Brennelemente aus Atomkraftwerken müssen von Zeit zu Zeit ausgetauscht werdenBild: picture alliance/dpa

Nach Angaben der NDA scheinen es die damaligen Betreiber, British Nuclear Fuels, mit der Aktenführung nicht allzu genau genommen zu haben. Ihrer Aussage nach ist eine ihrer größten Schwierigkeiten die Tatsache, dass sie nur über unvollständige Informationen über eine Reihe von Einrichtungen verfügten.

Zum Beispiel lägen mancherorts keine detallierten Angaben über Abfallmengen vor, so die Betreiber. Für einige Einrichtungen gebe es keine verläßlichen Bauzeichnungen. "Wir müssen daher oft erst einmal die Probleme finden, bevor wir ihre Lösung in Angriff nehmen können."

Müllsortierung

Wenn McKirdy und seine Mitarbeiter die radioaktiven Einrichtungen und Abfallprodukte geortet haben, geht es daran, diese entsprechend zu sortieren. Leicht radioaktiver Müll wird in großen Stahlbehältern, einer Art Frachtcontainern, verstaut und in Zement gegossen. Mit einem Deckel verschlossen werden die Container in unterirdischen Gewölben gelagert.

"Die Gewölbe werden verschlossen, wenn sie voll sind", erklärt McKirdy. Lagerstätten dafür gibt es bereits, sie liegen knapp unter der Erdoberfläche. Für mittel- und hochradioaktiven Müll, der in Zement oder Glas verschmolzen in 300 bis 1000 Meter Tiefe verschwinden soll, fehlen die Lagerstätten allerdings noch.

Man sei noch auf der Suche, erklärt McKirdy. Die Rahmenbedingungen habe die Regierung in einem Weißbuch festgelegt. Darin würden Gemeinden eingeladen, ihr Interesse zu bekunden, falls sie als Endlagerstätte in die engere Wahl gezogen werden wollten.

Arbeitsplätze dank Atommüll

Blick auf ein brittisches Atomkraftwerk (Quelle: AP)
19 Reaktorblöcke sind in Großbritannien am NetzBild: AP

NDA und britische Regierung legen großen Wert auf den Aspekt der Freiwilligkeit: Nachhelfen will man mit Geld für die betreffenden Gemeinden: Projekte dieser Größe brächten Investitionen mit sich und schafften Arbeitsplätze.

Speziell in Bezug auf die Endlagerstätten will die Regierung Gelder zur Verfügung stellen, die Gemeinden und Kreise für Informationskampagnen und öffentliche Versammlungen einsetzen können, oder um sich die Meinung von unabhängigen Experten einzuholen.

Rechnen in Halbwertszeiten

McKirdy ist überzeugt davon, dass es beim gegenwärtigen Stand der Technik nicht ohne Atomenergie geht, und dass der sicherste Platz für den Müll einen Kilometer unter der Erde liegt, schließlich habe man es mit Halbwertzeiten von etwa 240.000 Jahren zu tun.

"Das ist einfach unvorstellbar, und genau so unvorstellbar ist die Annahme, dass eine Gesellschaft über so eine lange Zeit stabil bestehen bleibt", erklärt McKirdy. Man wisse doch, dass eine Nation schon in Jahrzehnten auseinanderfallen könne. Geologen dagegen seien daran gewöhnt, in Billionen Jahren zu rechnen und solche Zeitspannen zu verstehen. Und das sei der entscheidende Faktor.