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Politik

Große Koalition will Neuwahlen in Thüringen

8. Februar 2020

Nach dem Eklat um seine Wahl tritt Ministerpräsident Kemmerich zurück. Die Große Koalition traf sich zu einer Krisensitzung und fordert nun Neuwahlen in Thüringen. Und noch ein Politiker musste seinen Posten räumen.

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Nach Ministerpräsidentenwahl in Thüringen, Thomas Kemmerich läuft vor einem Bildschirm entlang. (Foto: picture-alliance/dpa/B. Schackow)
Thomas Kemmerich gab seinen Rücktritt als Ministerpräsident bekanntBild: picture-alliance/dpa/B. Schackow

"Hiermit erkläre ich meinen Rücktritt als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen mit sofortiger Wirkung", gab Thüringens Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) bekannt. Sämtliche Bezüge aus dem Amt des Ministerpräsidenten und des geschäftsführenden Ministerpräsidenten werde er an die Staatskasse zurückgeben. 

Derweil fordert die große Koalition in Berlin eine rasche Neuwahl. "Regierungsbildung und politische Mehrheiten mit Stimmen der AfD schließen wir aus. Das ist und bleibt die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien für alle Ebenen", heißt es in einer nach dem Koalitionsausschuss verbreiteten Erklärung von CDU, CSU und SPD.

Deutschland Koalitionsausschuss tagt im Kanzerlamt
Vorhang zu: Die Kanzlerin tritt im Tagungsraum des Koalitionsschusses in Berlin in AktionBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Die Berliner Koalition verlangt nicht nur, dass umgehend ein neuer Ministerpräsident im Landtag gewählt werden müsse. Unabhängig davon müsse es baldige Neuwahlen geben - "aus Gründen der Legitimation der Politik", erklärten die Partner. Es gehe darum, schnell für stabile und klare Verhältnisse in Thüringen zu sorgen.

Die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen mit einer nur durch die AfD-Stimmen zustande gekommenen Mehrheit sei "ein unverzeihlicher Vorgang", erklärten die Regierungsparteien in Berlin. Kemmerich war am Mittwoch mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten in Thüringen gewählt worden. Einen Tag später hatte er seinen Rücktritt angekündigt - aber bislang nicht vollzogen. 
Die Wahl Kemmerichs mit Stimmen von CDU und AfD hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Der Thüringer Grünen-Fraktionschef Dirk Adams begrüßte die sofortige Rücktrittserklärung. "Das ist überfällig. Zum Glück ist das jetzt das Ende der Trickserei", sagte Adams in Erfurt. "Aber der Druck der Straße hat bewirkt, dass er tatsächlich zurücktritt, was konsequent, aber überfällig ist." 

Abberufung durch die Kanzlerin

Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Bundespräsidenten die Entlassung des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte, aus dem Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs vorgeschlagen. Hirte sah sich wachsender Kritik ausgesetzt, nachdem er Kemmerich zu seiner Wahl auf Twitter gratuliert hatte. "Deine Wahl als Kandidat der Mitte zeigt noch einmal, dass die Thüringer RotRotGrün abgewählt haben. Viel Erfolg für diese schwierige Aufgabe zum Wohle des Freistaats Thüringen!" 

Später teilte der Wirtschaftsstaatssekretär über den Kurznachrichtendienst mit: "Frau Bundeskanzlerin Merkel hat mir in einem Gespräch mitgeteilt, dass ich nicht mehr Beauftragter der Bundesregierung für die Neuen Länder sein kann. Ihrer Anregung folgend, habe ich daher um meine Entlassung gebeten." Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Merkel habe am selben Tag dem Bundespräsidenten die Entlassung des CDU-Politikers vorgeschlagen. Wann Hirte sein Amt niederlegt, ist ebenso wenig bekannt wie ein möglicher Nachfolger. 

Vertrauensverlust in der GroKo

Die Krisensitzung der Großen Koalition fand wenige Stunden nach der Rückkehr von Kanzlerin Merkel statt, die eine mehrtägige Afrikareise hinter sich hatte. Die SPD hatte darauf gedrängt, im Kanzleramt über das Verhalten der CDU bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen zu sprechen. So wollen die Thüringer Christdemokraten eine Neuwahl unbedingt verhindern - selbst nachdem CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer dies als "klarsten Weg" zur Schaffung stabiler Verhältnisse bezeichnet hatte. Aus Bayern meldete sich am Abend noch CSU-Chef Markus Söder, der die Forderung der Berliner Koalitionsspitzen nach baldigen Neuwahlen in Thüringen als "klares Signal" bezeichnete. 

sam/kle/rb/as (afp, dpa, rtr)