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Große Bücher für wenig Geld

Christine Harjes30. April 2004

Deutschland liest (wieder) Milan Kundera. Wenigstens, wenn es nach der "Süddeutschen Zeitung" geht. Jeden Samstag bringt die "SZ" derzeit einen von "50 großen Romanen des 20. Jahrhunderts" auf den Markt.

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Bücher - bunt und billig

Den Anfang der "SZ-Bibliothek" machte Milan Kunderas "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins". 300.000 Exemplare des Klassikers wurden in der ersten Woche der "SZ"-Aktion verschenkt. Es folgte Umberto Ecos "Der Name der Rose": 600 Seiten zum Dumping-Preis von 4.90 Euro. Die Bücher sind nicht nur billig, sie sehen auch noch gut aus: Als Hardcover mit farbigen Schutzumschlägen, deren Rücken ein kleines Portrait-Foto des jeweiligen Autors ziert, macht die Sammlung im Regalbrett eine gute Figur.

Vorbild Italien

Während die "Süddeutsche Zeitung" mit ihrer "SZ-Bibliothek" als erste deutschsprachige Zeitung versucht, eine Roman-Edition zu vertreiben, haben Tageszeitungen im Ausland mit ähnlichen Projekten bereits gute Erfahrungen gemacht. Das bekannteste Beispiel ist die italienische Tageszeitung "La Repubblica", die im vergangenen Jahr knapp 15 Prozent ihres Gewinns durch den Vertrieb von Büchern gemacht hat. "La Repubblica" konnte ihren Lesern sogar Lyrik näher bringen. Die 15 Bände "Poesia Italiana" gingen mit einer Auflage von 100.000 Stück über Buchladen- und Kiosk-Theken. Insgesamt konnte "La Repubblica" im vergangenen Jahr 34 Millionen Bücher verkaufen.

Niedrige Kosten

Die "Süddeutsche Zeitung" will den zweiten Band der Bibliothek zunächst mit einer Auflage von 160.000 Exemplaren auf den Markt bringen - mit nach oben offener Möglichkeit zum Nachdrucken. Trotz des niedrigen Preises sei die "SZ-Bibliothek" so kalkuliert, dass sich der Handel mit den Büchern trägt, sagt Verlagssprecher Sebastian Lehmann.

Neben dem Anzeigengeschäft und den Verkaufserlösen, könnten Bücher zum dritten Standbein der Zeitung werden. Das Geschäft mit den Büchern muss dabei eng an die Redaktion der "Süddeutschen Zeitung" angebunden sein, erklärt Sebastian Lehmann: "Man kann so was nicht an der Redaktion vorbei machen, weil dieses Zusatzerlös-Geschäft, eine Vertriebsschiene über die "SZ" zu nutzen, nur funktioniert, wenn die Bücher qualitativ dem Anspruch der Zeitung genügen." Deshalb wurden die 50 Bücher von den Feuilleton-Redakteuren ausgewählt.

"Verunsicherung am Markt"

Ganz frei war die Auswahl nicht, weil nicht alle deutschen Verlage bereit waren, ihre Lizenzen für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen. So finden sich Autoren wie Thomas Mann oder Virginia Woolf nicht in der Liste - ganz einfach, weil die Rechte an ihren Werken zu teuer waren. Neben "Diogenes", "Hanser" und "Suhrkamp" haben drei weitere große Verlage der "SZ" Lizenzen zu günstigen Gebühren überlassen. Andere Verlage wie "DVA" und "Rowohlt" wollten sich nicht beteiligen. Bei "Rowohlt" habe die Entscheidung auf der Information beruht, die "Süddeutsche Zeitung" plane jeweils eine Auflage von 40.000 Exemplaren. "Das schaffen wir auch allein", sagt Eckhard Kloos von "Rowohlt".

Kloos sieht die "SZ-Bibliothek" als Gefahr für den ohnehin instabilen Büchermarkt: "Wir wollten die Verunsicherung am Markt nicht noch weiter fördern." Hardcoverbücher für vier Euro 90 würden nicht die Realität des Büchermarktes widerspiegeln, so Kloos. Von der "SZ-Bibliothek" profitieren könne die gesamte Buchbranche allerdings, "wenn Auflagen von 500.000 erreicht werden und eine Sogwirkung entsteht, sodass viel gelesen wird, wie bei Harry Potter", sagt Kloos. Laut Dieter Schormann, dem Vorsitzenden des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ist die "SZ-Bibliothek" im Buchhandel gut angekommen. Das muss sie auch, soll die "SZ" ihr anvisiertes Ziel von einer Million Euro Gewinn erreichen. Denn die Zeitung hat schon allein für die Werbekampagne drei Millionen Euro investiert.