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Viel Wind um Nichts?

Nadina Schwarzbeck23. Mai 2013

Strom aus Wind - damit könnte Afrika Energie-Engpässe überwinden und die Wirtschaft ankurbeln. Doch bei der Windkraftproduktion ist der Kontinent Schlusslicht. Warum, erklärt Stefan Gsänger vom Windkraftverband WWEA.

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Stefan Gsänger, Geschäftsführer der World Wind Energy Association (Foto: WWEA)
Stefan GsängerBild: WWEA

Deutsche Welle: Herr Gsänger, ganz Afrika produziert gerade mal 0,4 Prozent der Energie, die weltweit aus Windkraft gewonnen wird. Das schreiben Sie im aktuellen Jahresbericht der "World Wind Energy Association" (WWEA). Woran liegt es, dass Afrika bislang kaum auf Windenergie setzt?

Stefan Gsänger: In vielen afrikanischen Staaten sind die politischen Rahmenbedingungen nicht so, dass die Unternehmen investieren können. Es haben erst wenige Länder in netzgekoppelte Windkraftanlagen in Afrika investiert, die meisten davon haben das auch mit internationaler Unterstützung getan. Ein anderes Problem sind die Strukturen der Energiemärkte: In vielen afrikanischen Ländern ist es nach wie vor schwierig, überhaupt seine Investitionen zurückzubekommen, auch aufgrund von Subventionen für fossile Energieträger wie Erdöl, Gas oder Kohle. Gerade bei Windenergie, wo man ein sehr hohes Investitionsrisiko hat, weil hohe Anfangsinvestitionen notwendig sind, macht sich das bemerkbar. Wir müssen dafür sorgen, dass Investoren dieses Anfangsinvestitionsrisiko in den Griff bekommen - dazu können sicherlich afrikanische Regierungen selbst etwas beitragen, aber auch internationale Programme.

Welche Länder in Afrika haben denn bereits Fortschritte gemacht?

Das sind vor allem nordafrikanische Länder, also Ägypten und Marokko, mittlerweile aber auch Tunesien, wo es offenbar einen Willen gibt, in Windenergie zu investieren. In diesen Ländern ist das allerdings größtenteils mit internationaler Unterstützung geschehen. Gerade in Ägypten gab es entsprechende Zuschüsse und zinsvergünstigte Darlehen. Leider hat man dort nicht dafür gesorgt, dass es eine sich selbst tragende Entwicklung gibt. Das heißt, heimische Windkraftunternehmen sind nicht zum Zug gekommen. Die Ausschreibungen werden ja auch so formuliert, dass nur internationale Unternehmen, zum Beispiel aus Europa, dort Anlagen installieren. So verpasst man natürlich die Chance, dass Ägyptens eigene Windindustrie wachsen kann und dass die lokalen Unternehmen mit dem Geld, dass sie dann verdienen, wieder ihre eigene Technologie verbessern und sogar am Ende noch die Kosten reduzieren können.

Südafrika hat begonnen, in erneuerbare Energien zu investieren. Es gibt Pläne zum Beispiel im Eastern Cape oder im Western Cape Windparks aufzustellen, die bis 2015 15 Prozent des Stroms liefern sollen. Wie realistisch ist das?

Südafrika hätte es wahrscheinlich mit am einfachsten von allen afrikanischen Ländern eine Windindustrie aufzubauen, eigene Anlagen zu errichten, Arbeitsplätze zu schaffen und damit auch einen großen Teil der Wertschöpfung im Land zu behalten. Das ist leider bislang nicht passiert, obwohl man Unternehmen hat, die das vom Grundsatz her könnten. Die installierte Leistung in Südafrika beträgt zehn Megawatt, und seit dem Jahr 2010 gab es auch keine Neuinstallation mehr. Bislang ist also nicht viel passiert. Es gab gerade im vergangenen Jahr bedauerlicherweise viel politisches Hin- und Her. Zunächst gab es eine Tendenz in Richtung Einspeisetarif und dann wieder eine Änderung der Rahmenbedingungen - so etwas ist grundsätzlich schlecht, weil Investoren sich natürlich immer darauf einstellen, mit bestimmten Bedingungen umzugehen und wenn die sich ändern, müssen sie sich neu aufstellen und neu orientieren. Das führt immer zu Verzögerungen. Außerdem ist die Kohlelobby in Südafrika sehr stark, der Stromversorger Escom spielt eine wichtige Rolle. Und sie machen ein starkes Lobbying gegen die Windenergie, weil sie wissen, dass ihnen sonst Marktanteile abgenommen würden.

Auch Äthiopien plant Windenergieparks aufzubauen und wird dabei unter anderem durch chinesische und französische Firmen unterstützt. Welche Fortschritte hat das Land bislang gemacht?

Äthiopien hat etwas getan und investiert tatsächlich in die Windenergie. Daran wird die Regierung gemessen, denn Verlautbarungen allein reichen nicht aus. Äthiopien sollte aber darauf achten, eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln. Das heißt: Wie kann ein möglichst großer Teil der Bevölkerung davon profitieren? Es sollten eben nicht nur internationale Unternehmen sein, die im Land investieren. Da muss Äthiopien noch was tun.

Was macht denn Ihr Verband, um in Afrika das Bewusstsein für Windenergie zu schärfen und den Markt dafür zu verbessern?

Wir haben Mitglieder in sehr vielen afrikanischen Ländern und unterstützen sie mit Informationen, damit sie wissen, was in anderen Ländern passiert und sie entsprechend vorbereitet auch mit ihren Regierungen sprechen können. Aber auch wir haben die Regierungen schon häufiger direkt angesprochen, zum Beispiel vor zwei Jahren auf unserer Weltwindkonferenz in Kairo. Und wir versuchen weltweit die Rahmenbedingungen für Windenergie zu verbessern, so dass gerade die Entwicklungsländer mehr und effektivere Unterstützung bekommen.

Stefan Gsänger ist Generalsekretär des Weltwindkraftverbandes "World Wind Energy Association" (WWEA). Der internationale Dachverband zur Förderung der Windenergie hat seinen Sitz in Bonn.