1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gute Drohne, schlechter Ruf

19. Juni 2019

Drohnen spionieren, schwirren, und haben eigentlich nichts Gutes im Sinn. Richtig? Falsch! Quadrocopter könnten so viel mehr. Was wir daraus machen, liegt allein an uns. Hier ein paar Vorzeigebeispiele.

https://p.dw.com/p/3KZXQ
Drohne Verbot Drohnenflugverbot Drohne
Bild: picture-alliance/dpa/K-D. Gabbert

Sie sind die kleinen, summenden Bad Boys unseres technologischen Fortschritts: Drohnen. Das perfekte Spionagewerkzeug, eine autonome Waffe. Aber hey – sie machen auch großartige Landschaftsaufnahmen. Das muss man ihnen lassen.

Böse Drohne!

Doch hauptsächlich ist der Begriff "Drohne" eben negativ behaftet. Das ergab eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), bei der 2018 die Akzeptanz von Drohnen untersucht wurde. 

Der Großteil der 1000 Studienteilnehmer bringt mit Drohnen demnach Spionage und Überwachung in Verbindung, aber auch mit Filmaufnahmen und Vermessungen. Jedoch denken beim Stichwort "Drohnen" lediglich 16 Prozent der Befragten an Militär und Waffen. Das lässt hoffen, was den allgemeinen Ruf der Quadrocopter angeht.

Und immerhin: 53 Prozent sind zivilen Drohnen gegenüber "eher positiv" eingestellt. Im Dienste von Schutz, Rettung und Forschung gibt es eine hohe Zustimmung zum Einsatz. Besorgt sind die Befragten eher hinsichtlich des möglichen Missbrauchs.

Lesen Sie hier: Sind Killerroboter & Co. noch kontrollierbar?

Künstliche Intelligenz im Schwarm

Hier ein paar Beispiele, wie Drohnen die Welt ein bisschen besser machen könnten.

Roboterbienen: Summ, summ, summ! 

Haben Sie sich mal Gedanken darüber gemacht, woher die Drohne ihren Namen hat? Nein? Dabei ist die Lösung so naheliegend: Von ihrem summenden gelb-schwarzen Vorbild. Als Drohne (oder Drohn) wird nämlich auch das männliche Tier bei Honigbienen, Hummeln und Wespen bezeichnet. Dass die Roboterbiene ihren tierischen Verwandten zur Hand geht, ist also Ehrensache und wichtig!

Denn Bienen tragen zur Bestäubung von rund 80 Prozent unserer heimischen Nutz- und Wildpflanzen bei und liefern ganz nebenbei noch wertvollen Honig. Grundlage für Honig ist der Nektar, den die Bienen aus Blüten von Bäumen, Sträuchern und Blumen sammeln. 

Bienen (die Echten) gehören neben Schweinen und Rindern zu den wichtigsten Nutztieren – denen wir das Leben durch Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden allerdings ganz schön schwer machen. 

Lesen Sie hier mehr: Insektensterben: Machen Bienen und Käfer sich weltweit davon?

Deshalb arbeiten Wissenschaftler und Start-Ups weltweit an einer Bestäubungshilfe. Ein japanisches Forscherteam hat zum Beispiel einen Minicopter so umgebaut, dass er Pflanzen bestäuben kann. Er soll Bienen bei der beschwerlichen Arbeit unterstützen. Die Roboterbiene des National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) in Tsukuba kann eine Pflanze anfliegen, dabei Pollen aufnehmen und diese an der nächsten Blüte wieder abstreifen.

Auch Forscher der US-amerikanischen Harvard School of Engineering and Applied Sciences tüfteln an einer RoboBee. Zwölf Jahre hat es bis zur Machbarkeitsstudie, also dem Prototypen, gedauert. Das zeigt, welche Ingenieurskunst nötig ist, um das Original nachzuempfinden.

Die technische Kopie aus Harvard kommt ihrem Vorbild jedoch schon sehr nahe: 120 Schläge in der Sekunde schaffen die zwei Keramikflügel – wie bei einem richtigen Insekt auch. Nur besteht RoboBee aus winzigen Kunststoff-Scharnieren und einem Karbonfaser-Körper. Und: Sie hängt noch an einer Leine, die sie mit Strom versorgt. Für ihren Einsatz am Feld ist sie so noch unbrauchbar.

Der Dropcopter von einem US-amerikanischen Start-Up geht die Bestäubung etwas anders an. Im Gegensatz zum japanischen Minicopter und der RoboBee fliegt er nicht von Blüte zu Blüte, sondern er verteilt Pollen großflächiger über den Blüten. Auch eine vielversprechende Idee!

Doch bislang kommt noch keiner dieser Ansätze ans lebendige Original heran. Bis es so weit ist, müssen wir höchst persönlich unsere Bienen schützen, indem wir zum Beispiel nicht immer jede Blüte gleich abmähen.

SOS: Drohne als Retter in der Seenot

Das Projekt SearchWing der Hochschule Augsburg hat zum Ziel, eine Rettungsdrohne zu bauen, die hilft, schiffbrüchige Flüchtlinge im Mittelmeer besser finden zu können.

Die Styropordrohne fliegt einen vorprogrammierten Kurs ab, macht dabei Bilder und kehrt zum Rettungsschiff zurück. 100 Kilometer Reichweite hat die SearchWing. Auf einem 45-minütigen Rundflug schießt die Drohne über 2000 Fotos, die im Anschluss ausgewertet und nach Booten abgesucht werden. So die Theorie. In der Praxis klappt dies auch – aber nicht immer. Bevor die Drohne Hilfsorganisationen zuverlässig unterstützen kann, ist noch etwas Optimierung nötig.

Einen anderen Ansatz verfolgt eine Drohne namens "Auxdron", die Rettungswesten zu Ertrinkenden bringt. Sie agiert jedoch nicht autonom, sondern wird von einem ausgebildeten Rettungsschwimmer gesteuert. Er steuert die Drohne mithilfe der eingebauten Kamera zum Opfer. Auxdron kann bis zu 80 Kilometern pro Stunde schnell fliegen und ist zusätzlich mit einer Infrarotkamera ausgerüstet.

Doch dass Drohnen zwangsweise fliegen müssen, ist ein Irrtum. Laut Definition müssen Drohnen vor allem unbemannt sein, und das ist die "Deep Drone 8000". Sie fliegt nicht, sondern sie taucht. Die U.S. Navy hat dieses Gerät entwickelt, um sie zur Seerettung in bis zu 2500 Metern Tiefe einzusetzen – wenn beispielsweise ein U-Boot evakuiert werden muss.

Deep Drone 800 an Land
Drohnen müssen nicht unbedingt fliegen. Die Spezialität der "Deep Drone 8000" ist das Tauchen.Bild: picture-alliance/dpa

Moskitocopter gegen Plagegeister

Der Moskitocopter wurde zur Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria, Zika und Dengue entwickelt.

Das Prinzip ist einfach, aber wirksam: Die kleine Drohne verteilt sterilisierte Stechmückenmännchen in Risikogebieten. Mückenweibchen, die Überträger der gefährlichen Viren, paaren sich mit den ausgesetzten Männchen, bekommen aber keinen Nachwuchs. Da sich die Mücken nur einmal paaren, wird so das Risiko einer Weiterverbreitung der von ihnen übertragenen, lebensbedrohlichen Viren erheblich gesenkt.

Mit dieser Methode, Sterile-Insekten-Technik (SIT) genannt, können Mückenpopulationen bei regelmäßigem Einsatz nachhaltig und ohne Umweltbelastung verkleinert werden. Raffiniert, oder? Und für diesen Einsatz sind Drohnen wirklich prädestiniert. 

Lesen Sie hier: Mit Radioaktivität gegen Mücken-Sex

Drohnen in der Landwirtschaft

Im Dienste der Umwelt

Ja, Drohnen können überwachen – aber sie können dies auch für einen guten Zweck tun, zum Beispiel um die von uns abgeholzten Regenwälder wieder aufzuforsten.

"DroneSeed" ist ein Beispiel hierfür. Die Drohnen werden mit Kapseln bestückt, die mit Baumsamen gefüllt und die sie über einem bestimmten Gebiet abschießen. Eine große Erleichterung. Denn normalerweise werden die Wälder per Hand aufgeforstet. Neben der Aussaat können die Drohnen außerdem mit Pflanzenschutzmitteln ausgestattet werden, um neu heranwachsende Wälder vor Schädlingen zu schützen.

Auch die Beobachtung von schwer zugänglichen Gebieten ist durch Drohnen eindeutig leichter. Das Great Barrier Reef ist ein Beispiel hierfür oder auch Mangrovenwälder. "Anstatt nur den Baum zu sehen, sehe ich nun zum Beispiel die einzelnen Blätter. Im Riff kann ich die verschiedenen Korallen und Algen unterscheiden. Ich kann sogar ziemlich gut Sand, Seesterne, Fische und Haie erkennen - Dinge, die ich auf den Satellitenbildern nicht erkennen kann", so Karen Joyce, Umweltwissenschaftlerin an der James Cook University im australischen Cairns, im DW-Interview

Mithilfe der Drohnenüberwachung und Infrarotkameras kann sie warmes und kaltes Wasser sichtbar machen. So können die Forscher auf die Dynamiken des Wasserflusses schließen und darauf, wie das Korallen und andere Lebewesen des Riffs beeinflusst. "Das ist sehr interessant, weil wir das vorher ohne die Drohne nicht verfolgen konnten", so Joyce.

Und, überzeugt? Am Ende sind Drohnen doch besser als ihr Ruf, wenn wir nur wollen. 

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.