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Gute Wahl der Berlinale-Jury

20. Februar 2011

Die Berlinale-July hat dem iranischen Film "Nadar und Simin, Eine Trennung" den Goldenen Bären und damit den Hauptpreis verliehen. Es war die einzig mögliche Wahl, wie Jochen Kürten meint.

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Schriftzug 'Kommentar' (Grafik: DW)
Bild: DW

Natürlich werden jetzt viele sagen, die Auszeichnung des Goldenen Bären für den iranischen Film "Jodaeiye Nader az Simin" ("Nadar und Simin, Eine Trennung") sei ein politisches Signal. Doch das entspricht nicht einmal der Hälfte der Wahrheit. Asghar Farhadis Film war die einzig mögliche Wahl der Internationalen Jury - und zwar aus ästhetischen Gründen!

In einem insgesamt schwachen Wettbewerb mit nur einem halben Dutzend gelungenen Werken war "Jodaeiye Nader az Simin" der herrausragende Film. Welch' anderen Beitrag hätte man also auswählen sollen? Das Symbolische zu betonen, würde auch die Kunst des Regisseurs schmälern.

Die Grenzen des Kunstpreises

Jochen Kürten (Foto: DW)
Jochen Kürten, Berlinale-KorrespondentBild: DW

Man sollte auch nicht vergessen, dass iranische Regisseure in den letzten Jahren bei den großen und kleinen Festivals der Welt Stammgäste waren, weil sie inhaltlich und ästhetisch viel zu erzählen hatten und schon manches Meisterwerk geschaffen haben. Und nicht zuletzt: Bereits 1997 hat der berühmteste Regisseur des Landes, Abbas Kiarostami, den wichtigsten Filmpreis der Welt - die Goldene Palme von Cannes - für "Der Geschmack der Kirschen" erhalten.

An den zunehmenden Repressionen Teherans gegen seine Künstler hat das leider nichts geändert. Auch der Goldene Bär für Asghar Farhadi wird die Machthaber im Iran nicht zum Nachdenken bringen. Bei aller Freude über den Bärenpreis für Farhadi: Auch an die Grenzen der Kunst und die nur kleine Wirkung von Kulturpreisen wird man jetzt wieder erinnert. Das alles heißt ja nicht, die Freude über die Auszeichnung für Farhadi zügeln zu müssen. Und dass einmal mehr an den inhaftierten Kollegen Jafar Panahi erinnert wird, ist ja nur gut und ehrenwert.

Kompliment an Isabella Rossellini

Der Jury um die Schauspielerin Isabella Rossellini kann man nur ein dickes Kompliment machen. Sie hat genau die Filme ausgezeichnet, die das verdient haben. Die Auswahl war allerdings auch nicht groß. Schon allein die (verdiente) Auszeichnung von "Jodaeiye Nader az Simin" mit gleich drei Bären zeigt, dass sich die Anzahl preiswürdiger Beiträge in diesem Jahr in Grenzen hielt.

Das führt zur großen Frage dieser Berlinale: War es nicht möglich gewesen, einen stärkeren Wettbewerb zu organisieren? Eine Frage auch, die sich angesichts vieler sehenswerter Filme in den Nebensektionen aufdrängt. In Panorama und Forum, auch und vor allem in den Reihe Generation waren einige Filme, die die Aufnahme im Wettbewerb verdient gehabt hätten.

Neukonzeption der Berlinale

Die Weltwirtschaftskrise und die sich möglicherweise anschließende sinkende Filmproduktion kann nicht wirklich als Argument herangezogen werden. Andere Festivals (und auch die Berlinale mit besagten Nischenprogrammen) widersprechen dem. Festivalchef Dieter Kosslick sollte sich einmal ernsthaft mit den Leitern der anderen Sektionen zusammensetzen und über eine Neukonzeption der Berlinale nachdenken.

Auf Dauer reicht es nämlich nicht, das Festival als "politische Veranstaltung" neben den Veranstaltungen in Venedig und Cannes zu verorten. Ein Filmfestival sollte immer auch einen ästhetischen Blick in die Kinoregionen der Welt erlauben. Andernfalls verliert der Goldene Bär seinen Glanz und wird neben Palmen und Löwen immer matter.

Autor: Jochen Kürten
Redaktion: Herbert Peckmann