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Höchste Priorität für eine EU-Verfassung

Bernd Riegert, Brüssel14. Januar 2004

Der neue EU-Ratspräsident Bertie Ahern hat die Schwerpunkte für die kommenden sechs Monate vorgestellt. Ganz oben auf der Tagesordnung des Iren steht ein Abschluss der gescheiterten Verhandlungen über die EU-Verfassung.

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Ratspräsident Ahern (links) und Kommissionschef ProdiBild: AP

Als der irische Ministerpräsident Bertie Ahern seine Antrittsrede als EU-Ratspräsident vor dem Europäischen Parlament in der irischen Landessprache Gälisch begann, griffen die Abgeordneten hektisch zu ihren Kopfhörern. Doch eine Übersetzung gab es nicht: Gälisch ist keine offizielle Sprache der EU. Schmunzelnd wechselte Ahern dann am Mittwoch (14.1.2004) in das vertraute Englisch.

Der schnelle Abschluss der beim vorherigen EU-Gipfel abgebrochenen Verfassungsberatungen sei für die irische Präsidentschaft die wichtigste Aufgabe: "Eine neue Verfassung würde der Union helfen, die Erwartungen ihrer Bürger zu erfüllen. Sie würde der Union ermöglichen, eine effektivere Rolle in der Welt zu spielen. Andererseits würde große Verzögerung unsere Glaubwürdigkeit untergraben und uns schwächen. Stillstand ist undenkbar", sagte Ahern, der turnusmäßig für sechs Monate das Amt des EU-Ratspräsidenten innehat.

Traum vom ganzen Europa greifbar

Bis zum nächsten EU-Gipfel im März 2004 will der Ire nach intensiven Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs möglicherweise einen Kompromiss für den Streit um die Stimmengewichtung vorschlagen. Dies war einer der Gründe, warum sich die Länderchefs nicht auf eine EU-Verfassung einigen konnten.

Die Aufnahme der zehn neuen Mitgliedsstaaten am 1. Mai 2004 ist für die Iren dann der Höhepunkt ihrer Präsidentschaft. Sie laden zu einem großen Fest ein. "Die Gründungsväter träumten von einer Zukunft, in der sich Europäer nie wieder wegen Rohstoffen, Land oder Überzeugungen gegenseitig umbringen.", so Ahern vor dem Europäischen Parlament, "einer Zukunft, in der Europa nicht geteilt ist." In diesem Jahr kämen die Iren der Verwirklichung dieses Traums vom ganzen und geheilten Europa näher. Bertie Ahern ist zudem zuversichtlich, dass die Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien, die gerne 2007 hinzukommen möchten, noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können.

Lob für Türkei

Bei der Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeer-Insel Zypern, von der im Mai 2004 zunächst nur der griechische Südteil in die EU aufgenommen wird, hofft der irische Ministerpräsident auf Fortschritte. Die Türkei lobte er für ihre Annäherung an Europa.

Mehr Wettbewerb bei Dienstleistern

Irland will die wirtschaftliche Entwicklung in Europa ankurbeln und das Ziel, bis zum Ende des Jahrzehnts der innovativste Wirtschaftsraum der Welt zu werden, tatkräftig verfolgen. Deshalb unterstützt Ahern den neusten Vorstoß der EU-Kommission, Wettbewerbsbeschränkungen auf dem Dienstleistungssektor, bei Ärzten, Anwälten, Architekten, Apothekern und anderen Berufen komplett abzuschaffen.

"Eine zentrale Herausforderung für die Union ist Wettbewerbsfähigkeit", sagte Ahern. "Der Binnenmarkt war eine der größten Errungenschaften. Wir sehen die weitere Entwicklung des Dienstleistungssektors als den Motor für Wachstum und Beschäftigung."

Suche nach Prodi-Nachfolger

Eine weitere Aufgabe: Der irische Ratspräsident ist bereits auf Kandidatensuche für einen europäischen Spitzenposten: Er muss den neuen Präsidenten der EU-Kommission vorschlagen, der im November 2004 Romani Prodi ablösen soll. "Die Jagd ist eröffnet", hatte Bertie Ahern erklärt - der sich selbst übrigens "Taoiseach" (sprich: thii-schock) nennt, was auf Gälisch so viel wie Ministerpräsident oder Häuptling heißt.