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Haftstrafe für orthodoxen Geistlichen in Mazedonien

28. Juli 2005

Der Exarch der Serbisch-Orthodoxen Kirche in Mazedonien, Jovan, hat am 26. Juli in Skopje seine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung auf religiöser und nationaler Ebene angetreten.

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Kirchenstreit neu entfachtBild: AP

Jovan war Bischof der Mazedonisch-Orthodoxen Kirche (MPC) und wurde von dieser kanonisch nicht anerkannten Kirche im September 2002 in den Laienstand versetzt. Denn er war dem Aufruf des serbisch-orthodoxen Patriarchen Pavle gefolgt, der den mazedonischen Klerus aufgerufen hatte, die Spaltung zu überwinden und sich der Serbisch-Orthodoxen Kirche (SPC) wieder anzuschließen. Daraufhin war Jovan zum serbisch-orthodoxen Exarchen von Ohrid ernannt worden.

Angeklagter sieht sich als Opfer

Jovan, dessen weltlicher Name Zoran Vraniskovski ist, sagte vor seinem Haftantritt: „Ich glaube, dass es nun auch den in Kirchenangelegenheiten nicht Bewanderten und Desinteressierten klar geworden ist, wie sehr dieser Fall politisch gefärbt ist“. Er sieht sich als Opfer des zwischen dem Belgrader und Skopioter Patriarchat bestehenden Kirchenstreits, der seiner Meinung nach in Mazedonien auch auf die Behörden überging. „Warum die Behören sich so sehr einmischen wollten, überlasse ich anderen zu interpretieren – ich habe gesagt, dass mein Fall lediglich dazu benutzt wurde, um politische Ziele und Ideen zu transportieren“, so Vraniskovski.

Das Helsinki-Komitee Mazedoniens findet, dass die Haftstrafe für Vraniskovski zu streng sei. Es pflichtet ihm bei, dass das Gerichtsverfahren konstruiert sei. Der Staat habe sich auf die Seite der MPC gestellt und schränke damit die Religionsfreiheit ein, sagte der Deutschen Welle die Vorsitzende des Komitees, Mirjana Najcevska. „Die Beweismittel und die Urteilsbegründung, die wir bislang gesehen haben, entsprechen nicht der Tat, die Herrn Vraniskovski vorgeworfen wird“, so Najcevska.

Anklage wegen angeblicher religiöser Hetze

Die MPC hatte dem Geistlichen in einer Klage vorgeworfen, dass er vergangenes Jahr „Material religiösen Inhalts vertrieben habe, welches die MPC und seinen Synod verleumde sowie die religiösen Gefühle der Gläubigen verletze“. Das Berufungsgericht in Bitola wies den Einspruch Vraniskovskis zurück und bestätigte das Urteil des Hauptgerichts. „Wenn als Beweismittel ein Kalenderchen gilt, das Herr Vraniskovski herausgebracht hat, dann kann nur von einer Art Verleumdung und Beleidigung gesprochen werden, aber keinesfalls von Verbreitung nationalen und religiösen Hasses“, sagte Najcevska.

Die MPC betrachtet indes die Ernennung Jovans zum Exarchen als Provokation der SPC. Sie rief alle orthodoxen Kirchen dazu auf, den Beschluss der SPC nicht anzuerkennen. Aus ihrer Sicht ist es ein Versuch, die MPC zu spalten. „Dadurch wollten die serbischen Erzpriester offensichtlich eine kirchliche Struktur schaffen, die kaum aus 50 Personen besteht, ohne Kirche. Deren Aufgabe wäre es, die MPC als einheitliche Kirche in Mazedonien zu zerstören“, sagte Bischof Timotej, Pressesprecher des MPC-Synods.

Auch die Politik meldete sich zu Wort

Eine Bischofskonferenz der SPC Ende Mai entfachte den Streit um die Unabhängigkeit der MPC erneut. Darauf wurde beschlossen, jeglichen Kontakt zu Vertretern der MPC und auch zu ihren Gläubigen abzubrechen. Auch die Politik meldete sich zu Wort. So bat Mazedoniens Präsident Boris Crvenkovski um Vermittlung des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. Ferner schlug er seinen serbischen Amtskollegen ein Gespräch über den Kirchenstreit vor, dass dieser ablehnte, weil Serbien ein säkularisierter Staat sei.

Als allerdings Jovan am 26. Juli seine Haftstrafe antrat, ließ Serbiens Premier über seinen Berater Vladeta Jankovic verlauten, die Haftstrafe und ihre Höhe würden sicherlich Spuren in den serbisch-mazedonischen Beziehungen hinterlassen. „Unabhängig von den rechtlichen und moralischen Argumenten: eine so drastische Haftstrafe für einen Kirchenangehörigen, nur weil er gewaltfrei für seine Überzeugung eintrat, muss auch in einem politischen Kontext gesehen werden“, sagte Jankovic.

Serbien-Montenegros Außenminister Vuk Draskovic sagte der Deutschen Welle dagegen: „Ich glaube, es gibt keine Streitigkeiten mit Mazedonien, was gut ist. Ich glaube an Gott. Aber ich akzeptiere es nicht, dass sich die Kirche in staatliche Angelegenheiten einmischt oder der Staat in kirchliche. Falls es Streitigkeiten religiöser Natur gibt, dann sind das keine Probleme des Staates. Ich glaube, dass sind keine Probleme zwischen Serben und Mazedoniern. Sollen sich die Popen zusammensetzen und ihre Probleme lösen, wenn sie es können, und wenn sie es nicht können, dann sind sie selber schuld“.

DW-RADIO/Mazedonisch, 28.7.2005, Fokus Ost-Südost