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Haiti vor neuer Zerreißprobe

16. Juni 2016

Die Amtszeit von Übergangspräsident Privert ist abgelaufen, einen Nachfolger gibt es noch nicht. In dem bitterarmen Karibikstaat droht jetzt ein Machtvakuum.

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Haiti Übergangspräsident Jocelerme Privert
Bild: picture-alliance/dpa/B. Khodabande

Der scheidende Übergangspräsident gab sich allerdings alle Mühe, Sorgen vor einer schweren politischen Krise zu zerstreuen. In einer Fernsehansprache bat Jocelerme Privert (Artikelbild) die Bürger um Ruhe. "Die Situation ist unter Kontrolle", versicherte er. "Die staatlichen Institutionen kommen ihrer Verantwortung in vollem Umfang nach."

Viele Schritte führen ins Machtvakuum

Das Machtvakuum hat eine lange Vorgeschichte: Im vergangenen Herbst waren die Haitianer zur Wahl eines neuen Präsidenten aufgerufen. Die erste Wahlrunde wurde aber wegen eines Streits um massive Wahlfälschung annulliert, die für Dezember geplante Stichwahl wurde abgesagt. Der bisherige Präsident Michel Martelly war dann Anfang Februar ohne einen gewählten Nachfolger aus dem Amt geschieden. Um dennoch eine Staatsführung präsentieren zu können, hatten sich Martelly und die Präsidenten beider Parlamentskammern auf den damaligen Senatspräsidenten Privert als Übergangspräsidenten geeinigt und sich auf ein 120-tägiges Mandat verständigt.

Neue Wahlen soll es nun am 9. Oktober geben. Wer bis dahin an der Spitze des Landes stehen soll, ist unklar. Der scheidende Übergangspräsident Privert rief das tief zerstrittene Parlament in seiner TV-Ansprache auf, sofort zusammenzutreten und eine Nachfolgeregelung zu treffen.

Das Parlament benennt den status quo, mehr nicht

Eine solche ist bislang aber nicht in Sicht, noch nicht einmal ansatzweise. Die amtierenden Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern hatten in einer Erklärung am Mittwoch lediglich festgestellt, dass Priverts Amtszeit abgelaufen sei. Angaben zum weiteren Vorgehen machten sie nicht.

Das US-Außenministerium forderte das haitianische Parlament auf, mit einer Nachfolgeregelung ein Machtvakuum zu verhindern. "Eine Übergangsregelung wird allerdings die dringende Notwendigkeit eines demokratisch gewählten Präsidenten in Haiti nicht ersetzen können", sagte Außenamtssprecher John Kirby in Washington.

Haiti gilt als ärmstes Land des amerikanischen Kontinents. Die politische Krise wirkt sich auch nachteilig auf den Wiederaufbau Haitis nach dem Erdbeben aus, bei dem 2010 rund 220.000 Menschen ums Leben kamen. Die Erdbebentoten wurden bislang nicht aus dem Wählerregister gestrichen, auch das hatte den Manipulationsvorwürfen Nahrung gegeben.

haz/mak (afp, epd, dpa)