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Hallo, ich bin's: das Vietnam-Hirschferkel

27. Dezember 2019

Wer hätte gedacht, dass ich Winzling so berühmt werden würde. Gerade hat mich der WWF zum Gewinner im Tierreich für 2019 gekürt. Ich galt 30 Jahre lang als "verschollen," doch mittlerweile gibt es einige Fotos von mir.

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Vietnam | Hirschferkel
Bild: picture-alliance/AP Photo/Global Wildlife Conservation/Southern Institute of Ecology

Eigentlich liegen mir Soziale Medien gar nicht. In der Öffentlichkeit zeige ich mich nur äußerst ungern, verstecke mich lieber und komme nur nachts aus der Deckung. Deshalb weiß ich auch nicht so recht, was ich mit dem ganzen Medienrummel um mich anfangen soll.

Ich hatte das ganz gut hinbekommen, mit dem Versteckspiel: Erst 1906 wurde ich in Zentralvietnam entdeckt. Vier meiner Artgenossen hatten Jäger damals erlegt und dem britischen Biologen Oldfield Thomas zur Verfügung gestellt. Er beschrieb meine Art im Jahr 1910. 

Ich bin ein sogenanntes Klein-Kantschil, auch als Hirschferkel bekannt. Bis Ende des Jahrhunderts erlegte ein Jäger - soweit bekannt - nur noch ein weiteres Mal einen meiner Artgenossen, und zwar 1990. 

Fotoshooting im Dschungel-Camp

Mein Undercover-Dasein endete zwischen 2017 und 2018 ganz abrupt. Damals hatten vietnamesische, deutsche und US-Zoologen bei mir im tropischen Regenwald, nahe der Küstenstadt Nha Trang, Kameras aufgestellt.

Hirschferkel
Ein naher Verwandter des seltenen Vietnam-Hirschferkels ist dieses Hirschferkel aus Malaysia und Borneo. Bild: Imago Images/blickwinkel

Über 2000 Mal tappte ich und Artgenossen von mir in die Fotofallen. Das heißt aber nicht, dass die ganze Sippschaft so groß ist, denn sicher wurden die meisten von uns mehrfach fotografiert. Veröffentlicht haben die Zoologen ihre Ergebnisse am 11. November 2019 in der Fachzeitschrift nature: ecology&evolution 

Grund genug für den World Wide Fund for Nature (WWF) mich als Gewinner im Tierreich für 2019 zu ehren. 

Wettbewerb der Ungleichen

Da stehe ich nun auf dem Siegerpodest neben Elefanten aus Myanmar, dem europäischen Goldschakal, dem bolivianischen Sehuencas-Wasserfrosch und der mongolischen Saiga-Antilope, auch wenn ich mit denen nun wirklich nicht viel zu tun habe.

Höchstens mit der Saiga-Antilope verbindet mich, dass auch ich ein Paarhufer bin. Dabei bin ich viel kleiner als sie und habe etwa ein Dreißigstel ihres Körpergewichts. Selbst ein ausgewachsener Feldhase wiegt zwei bis dreimal so viel wie ich mit meinen 1,5 Kilogramm.

Kasachstan - den Saigas auf der Spur

Übrigens bin ich der kleinste bekannte Paarhufer überhaupt. Vielleicht stammt daher mein anderer Name: Vietnamesischer Maushirsch. Wobei ich Wert darauf lege zu betonen, dass ich mich da schon eher als Hirsch denn als Maus sehe! Und: Ich habe Reißzähne. Also Vorsicht, klein bedeutet noch lange nicht harmlos ...

Einige Geheimnisse gebe ich nicht preis

Meine Vorlieben und Hobbies behalte ich trotzdem erst einmal weiter für mich, damit die Forscher noch etwas zu tun haben. Sie können noch so viel über mich und meine Lebensweise herausfinden. Wichtig ist mir aber schon, dass mein Lebensraum geschützt wird - vor Abholzung und vor Jägern. Dafür setzt sich ja auch der WWF ein. 

So hoffe ich, dass es mir am Ende nicht doch noch so ergeht wie den Verlierern im Tierreich von 2019: den Eisbären und Kaiserpinguinen, der Jangtse-Riesenweichschildkröte, dem Sumatra-Nashorn und den Jaguars und Koalas, deren Bestände stark zurückgegangen sind. 

 

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen