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Handel mit dem Kreml

13. Juli 2004

Unterhändler Russlands und der Welthandelsorganisation feilschen um Zölle und Subventionen. Das Land will WTO-Mitglied werden. Nach der Einigung mit der EU im Mai laufen die Verhandlungen auf Hochtouren.

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WTO in Genf: Hier streiten Staaten um den FreihandelBild: AP

Die Zeit drängt an allen Fronten. Nicht nur der Eintritt Russlands in den Kreis der WTO-Staaten steht auf der Agenda. Auch die Doha-Runde, einst Hoffnungsträger für einen fairen Welthandel, soll aus dem Scheintod seit der WTO-Konferenz in Cancun 2003 wieder auferstehen. Fieberhafte Wiederbelebungsversuche laufen bereits.

Zähe Verhandlungen mit dem Kreml

So sind die Genfer Verhandlungen in Arbeitsgruppen Mitte Juli 2004 nur einige von vielen Mosaiksteinchen, die in der Öffentlchkeit kaum wahrgenommen werden. Seit Jahren bemüht sich Moskau um die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) – nun sind endlich die wirtschaftlichen Streitfragen mit der EU, Russlands wichtigstem Handelspartner, beigelegt. Sechs Jahre dauerten die Verhandlungen alleine mit den Europäern. Strittig waren Zölle auf Energieträger und Metalle. Lohn für die Europäer: Nach der Einigung hatte Präsident Wladimir Putin angekündigt, sich stärker um die Umsetzung des Kyoto-Umweltprotokolls zu bemühen, das seit 1997 seiner weltweiten Verwirklichung harrt.

Schongang für Moskau

Russland ist das größte Land, das noch nicht Mitglied der 147 Staaten umfassenden WTO ist. Die Vereinbarung mit der EU sei "lang ersehnt und gut ausgewogen", betonte Putin seinerzeit. Russland hatte bis zur der Einigung im Mai 2004 stets die Forderung der EU zurückgewiesen, die niedrigen Energiepreise an das Weltmarktniveau anzugleichen sowie den Banken- und Telekommunikationssektor für ausländische Wettbewerber zu öffnen. Auch die Subventionen für Landwirtschaftsprodukte stehen in der Kritik. Auf diesem Feld jedoch ist die EU selbst anfällig, verteuert sie doch Agrarimporte zum Schutz der heimischen Bauern erheblich.

Darum kam man auch den Russen entgegen: Das Land darf nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation die Zölle auf Energieträger sowie Buntmetall- und Eisenschrott auf dem früheren Niveau erhalten, um die heimische Industrie zu schützen. Schrittweise soll dann liberalisiert werden. Darüber und über das Ende des Streits mit der EU war Maxim Medwedkow, Hauptverhandlungsführer Russlands, erleichtert: "Der WTO-Beitritt wird nicht zu einem Preisanstieg für Waren und Dienstleistungen auf dem russischen Inlandsmarkt führen", sagte er seinerzeit vor dem russischen Parlament. Aus Medwedkows Sicht werde der WTO-Beitritt Russlands eher die Preise sinken lassen. Die Preise für Energieträger werden dazu erheblich beitragen.

Der Endspurt steht noch an

Der endgültige Beitritt Russlands zur WTO ist aber laut EU-Handelskommissars Pascal Lamy nicht vor dem Jahr 2006 zu erwarten: "Russland hat erst zwei Drittel seines Weges hinter sich gebracht." Das Land könne beitreten, wenn innerhalb der WTO Übereinstimmung herrsche, "dass Russland die Voraussetzungen einer freien Marktwirtschaft erreicht hat." Zahlreiche bilaterale Vereinbarungen, auch mit China und den USA, stehen nun an. In Moskau gibt man sich optimistisch. Das russische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel rechnet damit, vor Jahresende die Verhandlungen mit allen Handelspartnern abzuschließen.

Europa will die Doha-Runde wieder voranbringen

Im Hintergrund laufen die Bemühungen um einen generell freieren Welthandel weiter. Nach dem Scheitern der WTO-Ministerkonferenz über einen freieren Welthandel 2003, der so genannten Doha-Runde, will die Europäische Union (EU) den Verhandlungen neue Impulse geben. Man will sich zunächst auf Kernbereiche konzentrieren die strittig sind, etwa den Agrarbereich, freien Dienstleistungsverkehr, Handelsbeschränkungen und Investitionsbedingungen. Immerhin ist der zeitweise erbittert geführte Streit um US-Sonderzölle auf Stahlimpore nach dem Einlenken der USA inzwischen vom Tisch. Ein weiteres wichtiges Thema für die EU-Handelspolitik ist das Freihandelsabkommen mit der südamerikanischen Freihandelszone Mercosur. Die EU will diese Verhandlungen noch in 2004 abzuschließen. (dk)