1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Frachter mit Windantrieb

Clara Walther1. Februar 2015

90 Prozent unseres Welthandels läuft über Schiffe. Doch die Ozeanriesen belasten mit Schweröl unsere Meere. Ein norwegischer Schiffsbauingenieur hat deshalb nach Alternativen gesucht - und einen Windfrachter entwickelt.

https://p.dw.com/p/1ETUq
Frachter Vindskip (Foto: Fraunhofer CML).
Bild: Fraunhofer CML

Die Norweger sind eine uralte Seefahrernation - und so ist es vielleicht kein Zufall, dass es sich ausgerechnet ein norwegischer Schiffsbauingenieur zum Ziel gesetzt hat, die Schifffahrt zu revolutionieren. Dabei beschäftigt sich Terje Lade nicht mit kleinen Passagierschiffen - er denkt größer: Und zwar 46 Meter hoch. So groß soll der umweltfreundliche Frachtkoloss sein, den er selbst entworfen hat. Es wäre das erste Transportschiff, das mit Wind und Gas angetrieben wird. "Mein Schiff braucht 60 Prozent weniger Kraftstoff und stößt 80 Prozent weniger Abgase aus", wirbt Terje Lade für sein Projekt. Und trifft mit dieser Versprechung den Nerv der Zeit.

Die Vision: Ein Frachter mit Windantrieb

Denn der Wettstreit von Wissenschaftlern und Ingenieuren um eine ressourcenarme Schifffahrt läuft auf Hochtouren. Der Grund: Ab 2020 dürfen Schiffe in bestimmten Meeresgebieten nur noch 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff haben. Schwefel verunreinigt nämlich das Ökosystem Meer und belastet beispielsweise Garnelen und Krabben. Kraftstoff mit weniger Schwefel ist allerdings um einiges teurer als das bislang genutzte Schweröl. Reedereien stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen ihre Treibstoffkosten senken und zugleich die Emissionsrichtlinien einhalten.

Und genau das ist der Grund, dass Terje Lade hofft, mit seinem Frachtschiff den Durchbruch zu erreichen. Denn sein "Vindskip" - auf Deutsch Windschiff - verzichtet auf Schweröl und nutzt Wind als Antriebsenergie.

Ein Segelschiff wie im 19. Jahrhundert?

Ein Frachter, der mit Windenerie fährt? Ist das zeitgemäß und konkurrenzfähig? Und kann das überhaupt funktionieren? Terje Lade und ein Wissenschaftler-Team des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) glauben: Ja.

Vindskip TM
"Wie bei einem Flugzeug" - Wind soll in Antriebsenergie umgewandelt werdenBild: Lade AS

Und ein Blick auf das Modell von "Vindskip" reicht aus, um zu erkennen, dass Terje Lade nicht plant, Frachtgüter wie im 19. Jahrhundert mit Dreimastern um die Welt zu schicken. Denn statt klassischer Segelaufbauten, die in die Höhe ragen, hat Terje Lade den Rumpf seines Frachters als Segel designt. "Der Wind wird in Antriebsenergie umgewandelt", erklärt Lade. "Wie bei einem Flugzeug. Nur dass es nicht nach oben, sondern nach vorn getrieben wird." Eine Geschwindigkeit von 18 bis 19 Knoten soll das Schiff so erreichen und wäre damit genauso schnell wie herkömmliche Schiffe. Und wenn kein Wind weht? Dann soll das Schiff mit verflüssigtem Erdgas angetrieben werden.

Das Segel und der Wind

Ein Schiffsmodell zu designen ist eine Sache - doch ohne fundierte Tests von Schiffsbauversuchsanstalten und wissenschaftlichen Begleitstudien wird der Traum des Norwegers wohl niemals Realität werden. Die Forscher des CML in Hamburg waren deshalb in den vergangenen Monaten damit beschäftigt, ein sogenanntes Wetter-Routing-Modul für das neuartige Segelschiff zu entwickeln. Die Software soll die Route berechnen, in der das Schiff mit dem günstigsten Winkel zum Wind fährt - und so am schnellsten vorankommt. Sie soll aber auch dabei helfen, Stürme und andere Unwetter zu umfahren. Aero- und hydrodynamische Daten, Windgeschwindigkeit und Wellenhöhe sind nur einige der Parameter, die in die komplexen Berechnungen einfließen.

Ein Schiff für die Zukunft?

"2019 stechen wir in See", meint Terje Lade zuversichtlich. Doch tatsächlich glauben nicht alle daran, dass sein Windfrachter schon bald auf den großen Handelsrouten zu sichten sein wird. Die ersten Großreedereien äußerten sich bereits kritisch, zweifeln an der Kosteneffizienz und der Konkurrenzfähigkeit des Frachters. Tatsächlich gibt es über die Betriebskosten des Schiffes bislang keine gesicherten Zahlen. Und auch die Testreihen in den Schiffsbauversuchsanstalten sind noch lange nicht abgeschlossen. Aber interessant wäre es schon: Wenn die großen Frachtschiffe der Zukunft sich wieder am Wind ausrichten - und so umweltfreundlich über die Weltmeere gleiten würden.