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Politik

Harte Kritik an Vereinten Nationen

13. Februar 2017

Die Menschenrechtsorganisation wirft Pakistan vor, seit Sommer 2016 fast 600.000 afghanische Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat gezwungen zu haben - und macht das UN-Flüchtlingshilfswerk dafür mitverantwortlich.

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Afghanische Flüchtlinge warten an einer UNHCR-Meldestelle in Peshawar in Pakistan, um ihre Ausweise verlängern zu lassen (Foto: Getty Images/AFP/A. Majeed)
Afghanische Flüchtlinge warten an einem UNHCR-Büro in Peshawar in Pakistan, um ihre Ausweise verlängern zu lassen Bild: Getty Images/AFP/A. Majeed

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat den Vereinten Nationen vorgeworfen, mitschuldig an der erzwungenen Rückkehr hunderttausender afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan in ihr vom Krieg zerrüttetes Heimatland zu sein.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR habe zu rechtswidrigen Methoden der pakistanischen Behörden nicht nur geschwiegen, sondern auch das Rückführungs-Programm afghanischer Flüchtlinge aktiv vorangetrieben, heißt es in einem 77-seitigen Bericht. Das UNHCR habe so sein Mandat, Flüchtlinge zu schützen, aufgekündigt und Pakistans Rechtsbrüche unterstützt. Damit mache es sich mitschuldig.

"Größte rechtswidrige Zwangsabschiebung von Flüchtlingen"

Pakistan hatte seit den 1980er Jahren Millionen Afghanen beherbergt, die vor den Kriegen und Bürgerkriegen im Nachbarland geflohen waren. Unter anderem wegen zunehmender Spannungen zwischen der afghanischen und pakistanischen Regierung waren 2016 rund 600.000 Afghanen aus Pakistan in ihr Heimatland zurückgekehrt - oft unfreiwillig. HRW nennt dies in dem Bericht "die größte rechtswidrige Zwangsabschiebung von Flüchtlingen in jüngerer Zeit". Pakistan war im vergangenen Jahr von vielen Seiten kritisiert worden für die Methoden, mit denen es die Afghanen im Land zur Massenausreise bewegt hat.

HRW schlägt nun in dieselbe Kerbe und führt eine "toxische Mischung" aus Abschiebedrohungen, täglichen Misshandlungen durch die Polizei, willkürlichen Festnahmen, zunehmend mehr Unsicherheit hinsichtlich des Aufenthaltsstatus oder Ausschluss von afghanischen Kindern von Schulbildung an. Pakistan breche damit den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung von Menschen, der auch die Rückführung von Flüchtlingen in Länder verbiete, in denen ihr Leben bedroht sei.

Vier afghanische Frauen warten mit ihren Kindern in Peshawar auf die Verlängerung ihrer Papiere (Foto: Getty Images/AFP/A. Majeed)
Auch diese afghanischen Frauen warten mit ihren Kindern in Peshawar auf die Verlängerung ihrer Papiere Bild: Getty Images/AFP/A. Majeed

400 Dollar vom UNHCR für jeden Flüchtling für Rückkehr

Die Kritik am Flüchtlingshilfswerk ist indes neu. Das habe geschwiegen, als Pakistan hunderttausende Afghanen rechtswidrig in den Konflikt jenseits der Grenze zurückgetrieben habe, heißt es in dem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Nicht ein Mal habe das UNHCR öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Rückkehrer vor allem aus Angst vor Abschiebung fliehen würden und weil die Polizei sie misshandele. Hinter den Kulissen Besorgnis über einzelne Fälle zu äußern, sei eine beklagenswert unzureichende Reaktion auf die weit verbreiteten Misshandlungen hunderttausender Afghanen.

Das UNHCR habe außerdem sein Programm der freiwilligen Repatriierung afghanischer Flüchtlinge aktiv vorangetrieben, aber nicht sicher gestellt, dass die Menschen voll informiert gewesen seien über die Zustände, in die sie zurückkehrten. Indem das UNHCR den afghanischen Flüchtlingen jeweils 400 Dollar (rund 375 Euro) in bar für die Rückkehr anbiete, erhöhe es den Druck auf die Flüchtlinge, heißt es bei Human Rights Watch weiter. Dieses Verhalten nähre die "Fiktion", dass die Flüchtlinge freiwillig heimkehrten.

UNHCR weist Kritik zurück

Nothelfer warnen in Afghanistan vor einer humanitären Krise. Human Rights Watch forderte das UN-Flüchtlingswerk auf, nicht mehr über Pakistans Rechtsbrüche zu schweigen und jeglichen Zwang gegen Afghanen öffentlich anzuprangern. Internationale Geber sollten Pakistan dabei helfen, afghanische Flüchtlinge zu unterstützen, bis es sicher für sie sei, heimzukehren. Pakistan müsse die Misshandlung von Afghanen durch die Polizei beenden und Aufenthaltskarten für Flüchtlinge für mindestens zwei Jahre ausstellen.

Das UNHCR wies die Kritik inzwischen zurück. Die jüngsten Entwicklungen seien durch "mehrere Faktoren" bedingt, erklärte die Organisation. Dazu zählten der "Druck der Sicherheitskräfte" in Pakistan, "veränderte Verhaltensweisen" in den Aufnahmeregionen und verschärfte Grenzkontrollen. Laut einer UNHCR-Aufstellung aus dem vergangenen Jahr lebten damals 2,4 Millionen Afghanen in Pakistan, viele von ihnen seit der sowjetischen Invasion 1979.

sti/stu (afp, dpa)