Hat Printjournalismus eine Zukunft? | Regionen | DW | 04.09.2013
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Regionen

Hat Printjournalismus eine Zukunft?

Es stehen große Umwälzungen bevor. Darüber waren sich elf Chefredakteure aus elf Ländern einig. In einem Management-Training diskutierten sie, wie sie ihre Zeitungen fit für die digitale Zukunft machen können.

Im Foyer des Axel-Springer-Hauses umringen die elf Teilnehmer Leeor Engländer, den Referenten des Chefredakteurs der Zeitung "Die Welt". Engländer erklärt die Strategie seiner Redaktion "Online first", soll heißen: Erst werden die Nachrichten und Reportagen online gestellt, dann ist Print an der Reihe. Einige Chefredakteure des Management-Trainings "Die Zukunft des Printjournalismus" der DW Akademie sind überrascht. Ob er denn nicht befürchte, dass eine andere Zeitung die Nachricht dann klaue, will ein Teilnehmer wissen. "Überhaupt nicht. Wenn wir die ersten waren, müssen wir zitiert werden. Und das passiert nicht selten", so Engländer. Außerdem kaufe heutzutage keiner mehr eine Zeitung, um Nachrichten zu lesen. Die würden sich die Leser online holen. Print müsse daher auf gut recherchierte Hintergrundberichte setzen.

Zu Besuch bei Die Welt: Kenneth Ashigbey aus Ghana im Gespräch mit Leeor Engländer (Foto: DW Akademie/N.Wojcik).

Zu Besuch bei "Die Welt": Kenneth Ashigbey aus Ghana im Gespräch mit Leeor Engländer

Es ist der dritte Redaktionsbesuch der Teilnehmer des Management-Trainings. Zuvor luden bereits "Die Zeit" und "Der Spiegel" zum Gespräch. Jetzt stehen die Chefredakteure aus Ägypten, Bolivien, Ghana, Kenia, Kirgisistan, Moldawien, Namibia, Pakistan, Peru, Serbien, Uganda in dem Newsroom der "Welt", einem der größten Europas. Interessiert stellen sie Fragen über den redaktionellen Workflow, erfahren, dass ein kombiniertes Redaktionssystem es den Journalisten möglich macht, sowohl für die Online-Seiten als auch für die Printausgabe zu schreiben. "Wir haben zwar Zeit", sagt Luz Maria Helguero aus Peru, "in unserem Land haben gerade einmal 25 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet. Aber wir wissen, dass online viel mehr Bedeutung bekommen wird, deswegen sind dieses Training und die Redaktionsbesuche sehr wichtig für mich."

In die Zukunft mit Qualitätsjournalismus

Alina Radu aus Moldawien mit Mathis Winkler (links), Leiter Bereich Eurasien der DW Akademie, Charles Achaye-Odong (2. v. links), Koordinator Ostafrika der DW Akademie und Teilnehmer Nikola Tomic (rechts), Chefredakteur aus Serbien (Foto: DW Akademie/N.Wojcik).

Alina Radu aus Moldawien kämpft für investigativen Journalismus

Dabei geht es nicht nur um die deutsche Zeitungswelt. "Wir haben elf Chefredakteure aus elf Ländern - da können die Teilnehmer vor allem viel von einander lernen", sagt Peter Berger, Trainer der DW Akademie. "In jedem Land gibt es interessante Antworten auf die Frage, wie die Transformation von Print zu Online aussehen kann. Kenia beispielsweise ist, was den Bereich der mobilen Anwendungen angeht, weit vorn."

Das findet auch Alina Radu aus Moldawien spannend. "In meinem Land gibt es mehr Handys als Toiletten mit fließendem Wasser", erzählt sie scherzhaft und weist darauf hin, dass sie den digitalen Umbruch auf keinen Fall verschlafen wolle. Alina Radu ist Direktorin des investigativen Magazins "Ziarul de Garda", und sie glaubt fest an die Zukunft des qualitativ hochwertigen Printjournalismus'. "Ich habe sehr viele Ideen vermittelt bekommen, wie wir uns in Zukunft digital aufstellen - und damit auch noch Geld verdienen können ."

Elf Chefredakteure aus 11 Ländern des Management-Training The Future of Print der DW Akademie in Berlin, gemeinsam mit Trainer Peter Berger (Foto: DW Akademie/N.Wojcik).

Elf Chefredakteure mit Trainer Peter Berger

Kenneth Ashigbey aus Ghana schätzt vor allem den Erfahrungsaustausch zwischen den Kollegen. "Hier geht es nicht um Frontalunterricht, sondern darum, gemeinsam Ideen für die Zukunft unserer Publikationen zu finden. Es sind globale Erfahrungen und, obwohl wir aus ganz unterschiedlichen Ländern kommen, kämpfen wir alle mit den gleichen Herausforderungen."

Einig sind sich die Chefredakteure auch hinsichtlich ihres Kerngeschäftes, des Journalismus'. "Was den digitalen Wandel angeht, ist es in manchen Ländern schon fünf vor zwölf, in anderen herrscht noch eine gewisse Gelassenheit. Aber es gibt eine absolute Einigkeit unter den Teilnehmern: Egal auf welcher Plattform die Zeitung der Zukunft stattfinden wird - es wird weiterhin darum gehen, guten Journalismus zu machen", fasst Jutta vom Hofe, Projektmanagerin der DW Akademie, die Erfahrungen des Trainings zusammen.

Für die DW Akademie ist das Seminar in einer weiteren Hinsicht zukunftsweisend: "Seit diesem Jahr ist die DW Akademie systematisch im Print-Bereich aktiv. Für uns war es deshalb besonders wichtig, von den Print-Chefredakteuren unserer Schwerpunktländer Impulse für die weitere Zusammenarbeit zu erhalten", sagt Projektkoordinator Oliver Schilling.

  • Datum 04.09.2013
  • Autorin/Autor Nadine Wojcik
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  • Permalink https://p.dw.com/p/19c0u
  • Datum 04.09.2013
  • Autorin/Autor Nadine Wojcik
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