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Glaube

Heldenhaft - Zum Buß- und Bettag 2016

15. November 2016

Wann ist ein Held ein Held? Und was bedeutet es, mutig zu sein? Markus Witzemann beschreibt, wie man sich Problemen stellt.

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Bild: picture-alliance/ZB

Angriff des Monsters

Das Monster kommt immer näher. Nur noch wenige Schritte trennen es von seinem hilflosen Opfer. Schon kann man den fauligen Atem der Bestie riechen, der Boden zittert unter dem Gewicht seines riesigen Körpers. Da stellt sich ihm ein Held in den Weg. Mutig trotzt er dem Biest, ohne Rücksicht auf eigene Verluste kämpft er wie eben nur ein Held kämpfen kann. Es ist ein spannender Kampf, aber eigentlich gibt es keinen Zweifel mehr: am Ende der Geschichte wird doch noch das Gute triumphieren.

Mein Sohn liebt Heldengeschichten. Jeden Abend besteht er darauf, dass ich ihm eine neue Geschichte vorlese, in der das Böse zunächst zu siegen scheint und irgendein Monster die friedliebende Welt bedroht. Doch es gibt einen Helden. Es gibt einen guten, rechtschaffenen und Recht schaffenden Helden, der die Gefahr abwendet, das Monster besiegt, die Gefangenen befreit und die Ordnung wieder herstellt. Mein Sohn kann wieder aufatmen, die Welt ist gerettet. Bis morgen abend.

 

Nur Held sein ist zu einfach

Eigentlich lieben wir sie doch alle, oder? Die Geschichten, in denen der Bösewicht immer schwarz gekleidet ist und der Held ein sympathischer junger Recke. Alles ist so klar und eindeutig, wer gut und wer böse ist, was schwarz und was weiß. Das scheint etwas zu sein, wonach sich viele sehnen, diese Einfachheit. In diesen Tagen sehe ich das auch in der Politik, in der Religion, in unserer und anderen Kulturen. Erfolg hat, wer einfache Lösungen für die Probleme unserer komplizierten Welt verspricht. Erfolg hat offenbar, wer den Menschen sagt: Ihr seid die Guten, das sind die Bösen, ihr seid weiß, die schwarz.

Tatsächlich ist die Welt aber chaotisch und bunt. Das macht sie für mich erst so richtig interessant. Beim Lesen der immer gleichen Heldengeschichten stellt sich bei mir denn auch schnell Langeweile ein. Das sind keine echten Menschen, die mir da beschrieben werden. Ich fiebere und leide viel mehr mit einem Charakter, der Ecken und Kanten hat. Der, wie auch ich, nicht schwarz oder weiß ist.

 

Ich bin ein Teil der Lösung

Heute begehen evangelische Christinnen und Christen den Buß- und Bettag. Sie reden mit Gott und denken über ihr Leben nach. Dabei geht es dann gerade nicht um die Frage: Wer hat Schuld an meinen Problemen? Wer sind die Bösen? Oder bin ich etwa der Böse? Das christliche Menschenbild ist nicht schwarz-weiß. Das Angebot des Buß- und Bettags lautet vielmehr: Tritt ein in ein Gespräch mit Gott! Dann kannst Du Dich ändern - und die Welt gleich mit!

Den Abschied vom Denken nur in Schwarz und Weiß erlebe ich als befreiend. Ich muss nicht immer die Frage nach der Schuld stellen, weil ich weiß, dass es darauf keine einfache Antwort gibt. Ich bin Teil der Probleme,in denen ich lebe. Deshalb kann ich auch Teil der Lösung sein. Gott traut mir das zu. Kern der Buße ist nicht eine Bestrafung oder Demütigung aufgrund von Schuld und begangenen Fehlern. Natürlich lerne ich aus dem, was mir nicht gelingen will. Wenn ich Buße tue, dann lerne ich einen neuen Blickwinkel auf mein Leben kennen. In der Folge kann es durchaus passieren, dass sich dieses Leben ändert. Nicht weil es vorher falsch war und jetzt richtig werden muss. Aber vielleicht wurde in mir ja etwas Neugier geweckt auf all das Bunte und Interessante dort draußen.

Gibt es dann noch Helden, jenseits von Schwarz und Weiß? Auf jeden Fall gibt es Heldenmut. Ein Held und eine Heldin sind mutig, gerade weil sie sich und die Gefahr gut kennen. Weil sie nicht zurück scheuen, wenn es unangenehm wird und weil sie sich auch den unbequemen Wahrheiten ihres Lebens stellen. Menschen, die sich nicht davon bestimmen llassen, dass sie einmal Opfer oder Täter gewesen sind. Unter Umständen erfinden sie sich sogar neu, wenn sie begreifen, wie bunt ihr Leben noch sein könnte. Das wäre dann in der Tat heldenhaft.