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Ärzte ohne Grenzen kritisiert Ausweisung aus dem Sudan

Nicola Reyk, Klaudia Pape6. März 2009

Kaum hatte der der Internationale Strafgerichtshof den Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Al-Baschir erlassen, da wurden auch schon etliche Hilfsorganisationen des Landes verwiesen - auch Ärzte ohne Grenzen.

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Flüchtlinge in DarfurBild: AP

DW-WORLD.DE: Frank Dörner, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, waren Sie vorbereitet auf diese Aufforderung, Projekte zu schließen und westliche Mitarbeiter abzuziehen?

Natürlich waren wir nicht vorbereitet, in dem Sinne, dass wir das mit so einer Vehemenz erwartet haben. Man muss sagen, es hat schon in den letzten Monaten Anzeichen gegeben, dass natürlich die Situation sich verschärft hat und auch zunehmend Druck auf die internationalen Organisationen vor Ort ausgeübt wurde. Insofern kommt diese Entscheidung nicht überraschend, aber doch mit einer Vehemenz, die uns wirklich bestürzt.

Frank Dörner, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland
Frank Dörner, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen DeutschlandBild: Ärzte ohne Grenzen / Sigge

DW-WORLD.DE: Wie schnell müssen Sie ihre Leute jetzt dort abziehen?

Wir müssen sagen, dass wir drei unserer Projekte schon komplett eingestellt haben. Und im Grunde zwei weitere mittlerweile ohne internationale Präsenz fahren müssen. Wir hoffen allerdings, dass wir einen Teil der Aktivitäten dort noch aufrecht erhalten können, aber wie lange - das ist natürlich eine große Frage.

DW-WORLD.DE: Was bedeutet denn dieser Teilrückzug der Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen aus Darfur für die Menschen vor Ort?

Man muss sich das klar vorstellen: in den meisten Bezirken ist Ärzte ohne Grenzen der einzige Gesundheitsprovider. Das heißt in dem Moment, wo wir rausgehen müssen, sind die Leute ohne Hilfe dort gelassen. Und gerade in einer speziellen Situation, wo Meningitis saisonal dort vorhanden ist - wir sehen das zum Beispiel in einem Projekt in einem der größten Flüchtlingscamps dort - die Menschen letztlich ohne Hilfe gelassen werden und das bedeutet schlussendlich dem Tode überlassen werden.

DW-World.de: Das heißt, Ihre Leute müssen sich umdrehen, den Rücken kehren und gehen, wissend, dass ihre Patienten und Schützlinge dort zurückbleiben und sterben?

Hunger in Darfur
Sie brauchen Hilfe: kranke Menschen in DarfurBild: AP

Das ist eine Situation, die extrem schlimm ist. Weil wir in der Lage sind, dort wirklich lebensrettende medizinische Hilfe zu leisten und letztlich in diesem Moment einfach gezwungen werden, aus politischen Motivation diese Hilfe aufzugeben und letztlich die Leute ohne Hilfe dort zu lassen. Das ist extrem schwierig für die Menschen vor Ort. Sie müssen sich wirklich die Bevölkerung vorstellen, die ihrer letzten Hoffnung beraubt wird. Wir appellieren an alle Konfliktparteien, sich das noch einmal zu überlegen und diese Entscheidung rückgängig zu machen und den Menschen wieder diesen Hoffnungsschimmer zu ermöglichen.

DW-WORLD.DE: Wie wollen Sie denn jetzt weiter machen? Sehen sie eine Chance - vielleicht wenn sich die Aufregung über diesen Haftbefehl etwas gelegt hat - wieder nach Darfur zurückzugehen, in vollem Umfang?

Wir sind natürlich bereit, das sofort zu machen. das ist gar keine Frage. Wir sind bereit, heute Nachmittag wieder zurück zu kehren. Und wir hoffen, dass bald wieder möglich sein wird. Aber man kann im Moment nicht voraussagen, was weiter passieren wird. Wie gesagt: im Moment ist es faktisch so, dass 200.000 Menschen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, diese Hilfe nicht mehr bekommen können. Und das bedeutet letztlich unglaubliches Leid und auch den Tod von Menschen, was wir hätten verhindern können.