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Film

Hellas Filmbox: "Auf Entdeckungsreise in einem Mikrokosmos"

Panagiotis Kouparanis
18. Januar 2017

Das Berliner Hellas Filmbox Festival zeigt aktuelle griechische Filme - und biete einen besonderen Einblick in die griechische Seele, der einem normalerweise verschlossen bliebe, sagt Festivalleiterin Sandra von Ruffin.

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Plakat griechisches Filmfestival

DW: Was ist das Konzept von Hellas Filmbox?

Sandra von Ruffin: Hellas Filmbox bietet dem aktuellen griechischen Film und den griechischen Filmemachern in Berlin und Deutschland eine Plattform. Wir haben das Festival 2015 gegründet, in einer Zeit in der die deutsch-griechischen Beziehungen auf dem Tiefpunkt waren. In Deutschland wurde ein klischeebehaftetes, sehr negatives und oft einseitiges Bild von Griechenland gezeichnet. Wenn man die Alltagsrealität der Freunde oder der eigenen Familie dort kennt, dann tat sich eine große Diskrepanz auf. Die Dutzenden von Freiwilligen, die Hellas Filmbox auf die Beine stemmen, haben nicht nur einen starken Bezug zum Film, sondern auch zu Griechenland und Deutschland, so wie ich auch. Wir wollen mit diesem Festival eine Brücke zwischen beiden Ländern schlagen. 

Sie zeigen in diesem Jahr 56 Filme - was waren die Auswahlkriterien?

Sandra von Ruffin
Leiterin des Filmfestivals Hellas Filmbox Berlin: Sandra von RuffinBild: Stefan Klüter

Die Filme, die in den vier Sektionen Spielfilm, Dokumentation, Kurzfilm und New Vision gezeigt werden, sind fast ausschließlich Produktionen der letzten drei Jahre. Ausschlaggebendes Kriterium war die Qualität - ob sie künstlerisch herausragend waren. Dann haben wir uns natürlich auch gefragt, ob sie wegen ihres Themas und ihrer Aussage spannend für ein deutsches Publikum sind.

Sind die Themen in den Spiel- und Dokumentarfilmen ähnlich?

Natürlich zieht sich die Wirtschaftskrise und die Flüchtlingsfrage wie ein roter Faden durch viele Filme. Die Tatsache, dass Griechenland Haupttransitland für hunderttausende Menschen war, hat eine starke Auswirkung auf die griechische Gesellschaft. Da Künstler Seismographen von gesellschaftlichen Stimmungen sind, findet sich besonders das Flüchtlingsthema in einigen Filmen wieder. Aber es gibt auch andere Themen, zum Beispiel das Erwachsenwerden in den 1970er Jahren. Es sind Filme, die sehr spezifische griechische Themen behandeln. Das finde ich besonders spannend. Man geht auf eine Entdeckungsreise in einem Mikrokosmos, der einem sonst verschlossen bliebe.

Das trifft wohl besonders auf den Dokumentarfilm von Angélique Kourounis über die Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte" zu?

Richtig. Kourounis hat teils offen, teils heimlich Veranstaltungen und Treffen der "Goldenen Morgenröte" gefilmt. Auf diese Weise ist es ihr in ihren Film gelungen, Einblicke in Organisationsstrukturen und das Denken der Parteimitglieder offenzulegen. Die Tatsache, dass Rechtsradikalismus überall in Europa ein aktuelles Thema ist, macht diesen Film auch außerhalb Griechenlands interessant.

Eröffnungsveranstaltung des griechischen Filmfestivals Filmbox Hellas Berlin
Das Babylon - Kino und Austragungsort des Hellas Filmbox FestivalsBild: Johanna Maria Fritz

Angélique Kourounis ist eine schon ältere Dokumentaristin, die seit 30 Jahren in Paris lebt. Wer sind die anderen Filmemacher?

Es sind alle Generationen vertreten. Sie leben entweder in Griechenland oder im Ausland. So wie unser diesjähriger Ehrengast Costa-Gavras. Mit seinem Film "Der Stellvertreter" eröffnen wir am Mittwochabend die diesjährige Hellas Filmbox. Auch der Hauptdarsteller Ulrich Tukur wird anwesend sein und ebenso der Schriftsteller Rolf Hochhuth, auf dessen Roman der Film basiert.

Griechenland befindet sich im siebten Jahr in einer schlimmen Wirtschaftskrise. An allen Ecken und Enden wird gespart und gekürzt. Davon ist auch die Kultur betroffen. Wie gelingt es insbesondere den jungen griechischen Regisseuren, trotzdem ihre Filme zu drehen?

Dazu gehören ein starker Wille und auch der Glaube an sich selbst, dass man als Filmemacher etwas zu sagen hat. Da es kaum Geld für Filme gibt, braucht es auch Mitstreiter, die einem helfen, ihn zu realisieren. Dann wendet man sich eben an den Kameramann aus seinem Freundeskreis, den Cutter, den Beleuchter, den Tonassistenten. Dass sie ohne Gage arbeiten, merkt man den Filmen nicht an. Professionalität und Talent gehen ja deswegen nicht verloren.

Sandra von Ruffin ist ausgebildete Schauspielerin und seit 2012 in verschiedenen Rollen in Film und Fernsehen zu sehen. Die gebürtige Hamburgerin ist die Tochter der Sängerin Vicky Leandros. Als Halbgriechin engagiert sich Sandra von Ruffin seit 2015 bei dem von Asteris Koutoulas initiierten griechischen Filmfestival "Hellas Filmbox".

Das Gespräch führte Panagiotis Kouparanis.