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Gesellschaft

Hermannstadt: "Gastronomische Hauptstadt Europas"

Medana Weident
28. April 2019

In diesem Jahr teilt sich Hermannstadt, rumänisch Sibiu, mit der griechischen Südägäis den Titel Gastronomische Region Europas. Medana Weident über diese traditionsreiche Gegend im Herzen Rumäniens.

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Rumänien - Käseerzeugerin Livia Voinica aus dem Dorf Sadu
Bild: DW/M. Weident

Der Süden der Region Siebenbürgens am Fuße der Karpaten ist bekannt und beliebt im In- und Ausland für seine zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Zu nennen wären das wunderschön restaurierte historische Zentrum von Hermannstadt, die benachbarten malerischen Dörfer, die teils noch unberührte Natur mit ausgedehnten Wanderwegen. Hinzu kommen Luftkurorte und Salzseen, mittelalterliche Kirchenburgen, errichtet von der deutschen Minderheit, den sogenannten Siebenbürger Sachsen und nicht zuletzt die immer noch nach traditioneller Art hergestellten Lebensmittel - die Grundlage für eine vielfältige Küche.

 "In diesem Jahr führen alle Wege nach Hermannstadt", betont sichtlich erfreut Alin Chipaila, Leiter des Tourismusverbandes des Kreises Hermannstadt. Denn 2019 ist die mittelalterliche Stadt nicht nur Gastronomische Region Europas, sondern auch Gastgeber des nächsten Gipfeltreffens der Europäischen Union am 9. Mai. Ein anderer Höhepunkt ist das alljährliche internationale Theaterfestival, das mittlerweile zu den größten weltweit gehört - neben Avignon und Edinburgh.Tradition und Nachhaltigkeit

Gastronomische Region Europas geht an die rumänsiche Stadt Sibiu in Siebenbürgern

"Die Gastronomie ist entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung der Region", erklärt Chipaila. Die zahlreichen Projekte, die im Rahmen der Gastronomischen Region Europas das ganze Jahr stattfinden, kämen auch vielen Erzeugern zugute - ob kleine oder größere Betriebe. Diese seien in das jetzige Programm mit einbezogen. "Unsere siebenbürgische Küche lebt von den vielen Einflüssen der verschiedenen ethnischen Gruppen, die sich im Laufe der Jahrhunderte hier niederließen oder die Gegend zeitweise stark geprägt haben: Rumänen, Deutsche, Ungarn, Juden, Armenier, Roma, Griechen, Türken… Insgesamt sind es nicht weniger als elf solche Einflüsse." Eine Möglichkeit, diese spannende Küche zu entdecken, ist ein Streifzug durch die vielen guten Restaurants und Bistros der Stadt und Umgebung. Man kann aber auch das Ursprüngliche erleben, zum Beispiel wenn man der sogenannten "Käsestraße" folgt.

Bis zum Jahresende gibt es zahlreiche Veranstaltungen und Feste in Hermannstadt und in den nahe liegenden Ortschaften des gleichnamigen Kreises, bei denen die lokalen und saisonalen Produkte vorgestellt werden. Beliebt im ganzen Land sind nicht nur die Fleisch- und Wurstspezialitäten der Region - meistens geräuchert -, sondern auch der Käse: Büffel-, Kuh-, Ziegen- und vor allem Schafskäse. Ein Käse mit Tradition. In den pittoresken Dörfern um Hermannstadt soll der beste Schafskäse hergestellt werden.

Alin Chipaila
Alin Chipaila, Leiter des Tourismusverbandes des Kreises HermannstadtBild: DW/Medana Weident

"Das Gras unserer Weiden macht den Käse so besonders", erzählt voller Begeisterung Livia Voinica. "Aber auch die rein natürlichen Zutaten: Milch, Lab und eventuell Salz." Das Leben der 34-Jährigen aus dem Dorf Sadu ist von diesem Käse bestimmt. Schon als junges Mädchen half sie Zuhause in der Käserei und ihrer Mutter auf dem Markt beim Verkauf. Sie arbeitet hart und hat kaum Freizeit, aber sie ist dennoch zufrieden: "Die ganze Familie ist mit dabei, anders geht‘s nicht." Auf dem Markt ist sie so gut wie jeden Tag zu finden und ihre Käseprodukte sind sehr gefragt: Der "Telemea", ein traditioneller Hirtenkäse in Salzlake, der "Burduf", ein in Tannenrinde oder Schafsblase gereifter würziger Käse, oder "Urda", ein cremiger Weichkäse - alles aus Schafsmilch. Wie groß die Herde ist? Das will sie uns nicht verraten: "Über Alter, Geld und Schafe spricht man bekanntlich nicht", gibt sie schmunzelnd zur Antwort. 

Beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen
 Sehr beliebt ist auch der Agrotourismus - das beweist die rasant steigende Zahl der ländlichen Pensionen, die ihren Gästen regionale Produkte und siebenbürgische Gerichte anbieten. Die Pension "Ileana" in Orlat,15 km westlich von Hermannstadt entfernt, gibt es bereits seit fast 20 Jahren. "Unsere Gäste kommen vor allem aus Westeuropa - die meisten aus Deutschland und Frankreich. Die deutschen Touristen lieben das Wandern, besichtigen die Kirchenburgen und sind sehr neugierig auf unsere einheimischen Speisen. Wir haben Gäste, die seit über zehn Jahren immer wieder kommen", erzählt Dorin Beu, der diese Pension mit seiner Frau Ileana betreibt. 
Wer die traditionsreiche Küche Siebenbürgens und speziell Hermannstadts kennenlernen möchte, sollte unbedingt auch die bunten Bauernmärkte besuchen, mit ihren täglich frischen und schmackhaften Angeboten, je nach Jahreszeit. 

Rümanien Hermannstadt Gastronomische Region Europas 2019
Ileana und Dorin Beu, Betreiber der Pension "Ileana" in OrlatBild: DW/Medana Weident

"Sicherlich freut es uns auch, dass alle Blicke in diesem Jahr wieder verstärkt auf Hermannstadt gerichtet sind - wie schon 2007, während des Kulturhauptstadt-Jahres“, so Chipaila. Er hofft auf noch mehr Touristen aus aller Welt. Die Anzahl der Besucher sei sowieso zufriedenstellend hoch: mehr als 600.000 im vergangenen Jahr, davon etwa 150.000 aus dem Ausland, wobei "immer mehr Menschen aus dem deutschsprachigen Raum ihre Ferien bei uns verbringen".