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Umweltproblem Kairo

27. Dezember 2006

Abseits der Touristenpfade, dort wo die Besucherströme abebben, liegt das Kairoer Viertel Gamaliya. Hier zeigt sich Kairo in all seiner gegensätzlichen Fülle, faszinierend und abstoßend zugleich.

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Kairo: eine Stadt voller GegensätzeBild: dpa

In Gamaliya konkurriert Verwesung mit sprudelndem Leben, Schönheit und Abscheu kämpfen um Nasen, Augen und Ohren. Kardamom, Zimt, Nelken, Straßenlärm und Muezzine, stinkende Pfützen, eklige Müllhalden, edle Minarette, glänzender Sandstein, Ruinen und Restaurationsprojekte schlängeln sich wie Lavaströme durch die Gassen. Gamaliya wäre wohl das schönste Viertel in ganz Kairo, vielleicht sogar in der gesamten islamischen Welt. Wäre da nicht die Umweltverschmutzung.

Trügerische Schönheit
Handwerker in dem Kairoer Viertel Gamaliyas, Foto: DW
Einer der vielen Handwerker GamaliyasBild: DW

Hier fertigen Handwerker kunstvolle Wasserpfeifen, Bilderrahmen und Tabletts aus Messing oder Kupfer an und bieten sie den Touristen feil. Doch ist nicht alles Gold was glänzt. Gestank und Lärm sind unerträglich, der Metallstaub und die giftigen Dämpfe, die bei der Metallverarbeitung frei werden, greifen die Atemwege der Handwerker an und zerstören die Substanz der prunkvollen Altbauten.

Auch für die Touristen unübersehbar sind die großen Müllberge in den verwinkelten Gassen - Anlass für heftigen Streit zwischen Bewohnern und Müllabfuhr, aber auch ernstes Problem für die Zukunft des historischen Viertels. "Wenn sich dann der Müll neben einem Baudenkmal ansammelt, dann genügt ein Funke und die ganze Chose geht in Flammen auf", warnt Archäologe Mohsen Rashad vom Kultusministerium.

Kampf gegen Müllberge, Gestank und Verschmutzung

Spielende Kinder in einem Kairoer Slum, Foto: AP
Spielen in Müll und GestankBild: AP

Eine Lösung des Müllproblems ist nicht in Sicht. Der Grund: Bewohner und Verwaltung reden nicht mehr miteinander - weil sie sich gegenseitg nur Vorwürfe machen. Ein wenig Hoffnung geben Projekte von Nichtregierungsorganisationen, die den ägyptischen Behörden helfen würden, das Gamaliya-Viertel zu sanieren und den Menschen bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Wenn diese denn mitspielen würden. Die Bewohner Kairos haben ihre Zweifel an der Hilfe von außen, weiß Nader Negmelden, Mitarbeiter von FEDA (Friends of Environment and Development Association): "Wir haben drei Jahre Vorarbeit geleistet. Es herrschte großes Misstrauen. Die Leute haben uns am Anfang überhaupt nicht vertraut. Wie auch, sie wussten ja nicht mal, was eine Nichtregierungsorganisation ist." So ist Geduld bei den Helfern gefragt, wenn sich die Bewohner des Viertels wieder lauthals über die Missstände beschweren.

Ein einziger großer Müllberg

Dunstglocke über Kairo, Foto: AP
Eine Dunstglocke aus AbgasenBild: AP

"Ganz Ägypten schwimmt in Müll. Sogar die Sphinx hat sich schon beschwert." Eine aufgebrachte Bewohnerin ist sauer auf die Behörden. Sie gibt der Regierung die Schuld an der hohen Umweltverschmutzung in Kairo.

Doch die Beamten sind mit den Müllmassen ebenfalls hoffnungslos überfordert. So fragt sich der Bezirksleiter von Altkairo Sherif Yunis: "Wie viele Müllautos soll ich denn dahin schicken? Wissen sie eigentlich, wie viele Gassen und Straßen und Nebenstraßen es in dem Bezirk gibt, den ich verwalten muss. Tausende! Das ist eine Fläche von achteinhalb Quadratkilometern!"

Die Mutter der Welt platzt aus allen Nähten

Gamalyia ist ein Mikrokosmos, doch die Probleme des Viertels stehen sinnbildlich für die unhaltbaren Zustände in Kairo. Die Mutter der Welt, wie die Stadt im Mittelalter genannt wurde, ist die größte Stadt Afrikas, und die bevölkerungsreichste Stadt der arabischen Welt. An die 17 Millionen Menschen leben hier, doch dies sind nur Schätzungen, denn eine Meldepflicht gibt es nicht. Ägyptens Hauptstadt wächst und wächst - und mit ihr die Müllberge.

Autoren: May el-Shafei, Maha Munir, Mahmoud Tawfik

Redaktion: Peter Koppen