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Hilfe mit Fingerspitzengefühl

Priya Esselborn, zzt. Port Blair21. Januar 2005

Der Tsunami hat auch die Urvölker auf den Inseln vor Indien getroffen. Aber ihnen zu helfen ist schwierig: Sie leben oft abgeschieden, haben spezielle Essgewohnheiten und brauchen separate Hilfs-Camps.

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Ureinwohner wie die Shompen haben besondere BedürfnisseBild: AP

Seit die verheerende Flutwelle über die Andamanen und Nikobaren hereinbrach, wurde viel über das Schicksal der auf den Inseln lebenden Urvölker diskutiert: die Andamanesen, die Onge, die Sentinels, die Shompen und die Jarawas. Einige von ihnen leben völlig zurückgezogen und ohne Kontakt zur Außenwelt als Jäger und Fischer.

Leben ohne touristische Störung

Ureinwohner von den Andamanen und Nikobaren
Dank ihres Wissens über die Natur konnten sich die meisten Jarawas vor der Flutwelle rettenBild: AP

Schon vor der Katastrophe hatten die Behörden den Zugang zu den geschützten Reservaten streng reglementiert. Nur selten und nur mit ausdrücklicher Genehmigung des "Tribal Welfare Office", der Behörde für das Wohlergehen der Urvölkerstämme, war ein Besuch dieser Zonen möglich. So sollten die Eigenständigkeit und Traditionen der dort lebenden Völker bewahrt werden.

Viele Populationen wie die der Sentinels und der Andamanesen haben ohnehin nur etwa 30 bis 50 Mitglieder. Mit den knapp 300 Jarawas konnte erst sieben Tage nach der Katastrophe Kontakt aufgenommen werden.

Naturwissen rettet die Jarawas

Sie hatten das Unglück aber ohne größere Verluste überlebt. Denn die Jarawas besitzen, wie auch die anderen Urvölkerstämme, ein uraltes Wissen über die Vorgänge in der Natur, sagt K. C. Ghoshal vom Tribal Welfare Office in Port Blair: "Als die Erde bebte, hat der älteste der Jarawas zu allen gesagt, dass sie in höher liegende Regionen gehen sollen und sich nicht unter einen Baum stellen sollen, weil sie sonst verletzt werden könnten. Sofort sind alle in die Berge geflüchtet."

Küste Nicobaren und Andamaren
Die Küste von North Sentinel Island nach dem Tsunami. Wie viele Opfer es unter den Sentinels gegeben hat, ist unklarBild: AP

Alle Jarawas konnten sich retten und können sich nach Aussage der Behörden ohne fremde Hilfe versorgen. Die Andamanesen hingegen mussten von ihrer Insel evakuiert werden. Sie wurden in ein Flüchtlingscamp nach Port Blair gebracht.

"Am Anfang waren sie sehr verschreckt. Sie wollten nicht mehr auf ihre Insel zurück", erzählt Samir Acharya - er ist der Gründer der "Gesellschaft für die Umwelt der Andamanen and Nikobaren" und hat die Andamanesen auf Port Blair in ihrem Flüchtlingslager besucht. "Stattdessen wollten sie auf eine andere Insel umgesiedelt werden. Sie dachten, ihre Insel wäre untergegangen."

Verstört von fremden Menschen

Samir Acharya erreichte bei den Behörden, dass die Urvölkerstämme wie die Andamanesen und einige Onge in separaten Camps versorgt wurden. Denn das Zusammentreffen mit fremden Menschen hatte sie sehr irritiert. So ließ sich die Dorfstruktur der Gemeinschaft erhalten. Zudem konnten die Flüchtlinge langsam aus dem Schockzustand, in dem sie sich nach der Katastrophe befanden, gelöst werden.

Die Shompen, Jarawa und die Sentinels leben hingegen immer noch auf ihren Inseln. Da der letzte Zensus 2001 erstellt wurde, ist nicht klar, wie viele Opfer es bei diesen Stämmen gegeben hat. Von den Behörden erhalten sie wenig Hilfe. Zu Recht, wie Samir Acharya findet: "Wir wissen nichts über ihre Essgewohnheiten. Wenn wir ihnen Lebensmittel senden, würden sie sie vielleicht nicht benutzen. Wir wissen auch nichts darüber, ob ihnen tatsächlich zu wenig Trinkwasser und Essen zur Verfügung steht. Nur wenn wir dies erfahren, sollten wir intervenieren."

Umgang zu unsensibel

Samir Acharya und K. C. Ghoshal beklagen, dass gerade die Medien diese Sensibilität im Umgang mit den Urvölkern vermissen lassen. Direkt nach der Katastrophe seien bereits Journalisten mit Helikoptern über die Inseln geflogen. Sie hätten Gegenstände heruntergeworfen und die Urvölker durch die ungewohnten Geräusche verschreckt.

Vielleicht wollen die Behörden aber auch nicht dadurch belastet werden, dass möglicherweise Unangenehmes über die Situation der Urvölker publik gemacht wird. Denn die Behörden sind leider die einzigen, die sich im Moment äußern.