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Himmelstürmerinnen für den Frieden

Markus Reher, Moskau26. September 2006

Was hat das für einen Aufschrei gegeben: Madonna in Moskau! - "Frevel!", "Sünde!", schimpften einmütig Politiker, Popen und gläubige Patrioten. Jetzt hatte ein Parlamentsabgeordneter eine zündende Idee.

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Schießt die Dame doch einfach auf den Mond! Es sei Madonnas innigster Wunsch, einmal ins All zu fliegen, so der russische Parlamentarier Alexej Mitrofanow. Das habe das "Material girl" ihm gegenüber vor ihrem Auftritt in Moskau geäußert. Presse und TV waren bei dem intimen Geständnis leider gerade nicht anwesend, und so trug Mitrofanow Madonnas Herzenswunsch in die Welt und vor die Duma: Die russischen Abgeordneten mögen die Raumfahrtbehörde doch bitten, den Popstar bald auf einen Himmelsritt mit zu den Sternen zu nehmen. Der große Gig im All wäre doch auch ein guter PR-Gag transatlantischer Völkerverständigung anlässlich der Präsidentschaftswahlen, die 2008 sowohl in den USA als auch in Russland stattfinden. Doch die Parlamentarier lehnten mit 42 zu 252 Stimmen ab, wie eine türkische Internetzeitung erfahren haben will.

Topfit

Dabei hätte die Raumfahrtbehörde gar nichts gegen den prominenten Fluggast gehabt. Sie sei doch in hervorragender körperlicher Verfassung, meinte ein Behördensprecher, und das bisschen Startgeld treibe eine wie Madonna doch leicht auf! 20 Millionen Dollar lassen die Russen sich für den Spaß im Spaceshuttle bezahlen. Weltraumtourismus – eine existenzielle Einnahmequelle nachdem die Staatsfinanzen mit dem Untergang der Sowjetunion versiegten, und keiner mehr von Kaltem Krieg oder vom Krieg der Sterne etwas wissen wollte. Seitdem brummt das Geschäft mit den Extremtouristen vom Kosmodrom in Kasachstan, dem Cape Canaveral der einstigen Sowjetunion. Bis 2009 sind alle russischen Sojus-Transportkapseln zur internationalen Raumstation ausgebucht. Prosti, Madonna, tut uns leid!

Kosmische Weltmeister

Einziger Trost: Die Russen werden sicher auch darüber hinaus in dieser Disziplin Weltmeister bleiben: Keiner sonst schießt so regelmäßig Sachen, Tiere und Menschen in den Kosmos wie die Russen, während über Moskaus Boulevards noch immer veraltete Trolleybusse wie zu groß geratene verbeulte Blechkisten rumpeln. Zahlreiche Rekorde in puncto Raumfahrt stellten die Russen auf. Da ziehen selbst die Amerikaner neidlos den Hut.

Immer zuerst da

Der Hund Laika - das erste Lebewesen im All; die ersten Flüge zum Mond, die ersten Fotos von dessen dunkler Seite - das waren die Russen. Der erste Mensch in den unendlichen Weiten: Juri Gagarin. Auch er ein Russe. Und der erste Wohncontainer im Kosmos? Natürlich: russisch. "Salut" hieß er, der Vorläufer der legendären und inzwischen durch die ISS ersetzten "MIR", "Frieden" - ihr Name war im All Programm. Auch wenn es auf Erden derzeit wieder knirscht zwischen Washington und Moskau. In der kosmischen Schwerelosigkeit läuft die Kooperation reibungslos. Ganz in diesem Sinne startete vorige Woche die persisch-stämmige US-Unternehmerin Anousheh Ansari als erste weibliche Touristin ins All. Auf ihrem Raumanzug die Flaggen sowohl der USA als auch des Iran. Sie wolle damit Mut machen, sagte sie vor dem Start. Mut, "daran zu glauben, dass das Unmögliche möglich werden kann." In den kommenden Tagen soll die Weltraumreisende auf die Erde zurückkehren: Choroschej posadki, gute Landung, Anousheh Ansari!