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Hinrichtung in Texas trotz geistiger Behinderung

8. August 2012

Trotz Protesten ist im US-Bundesstaat Texas ein offenbar geistig behinderter Mann hingerichtet worden. Wenige Stunden zuvor waren seine Anwälte mit einem letzten Antrag auf Aussetzung der Exekution gescheitert.

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Todeszelle des berüchtigten Huntsville-Gefängnisses in Texas (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Todesstrafe wurde mit der Giftspritze vollstreckt. Der Afro-Amerikaner Marvin Wilson war wegen der Ermordung eines Polizeispitzels 1992 zum Tode verurteilt worden.

Das Oberste Gericht der USA hatte nur wenige Stunden zuvor ein Gnadengesuch der Anwälte des 54-Jährigen auf Aussetzung der Hinrichtung abgelehnt. Auch die Proteste von Menschenrechtsorganisationen waren vergeblich. Die Anwälte hatten argumentiert, dass ihr Mandant nur einen Intelligenzquotienten von 61 habe und damit eindeutig geistig zurückgeblieben sei. Ein Wert unter 70 Punkten wird allgemein als geistige Behinderung betrachtet. Das Oberste Gericht hatte 2002 in einem Grundsatzurteil die Hinrichtung geistig Behinderter in den Vereinigten Staaten untersagt, die Definition und den Nachweis einer solchen Behinderung aber den einzelnen Staaten überlassen.

Definitionsprobleme?

Im Fall Wilson hatte die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass der Test, bei dem der niedrige IQ festgestellt worden war, aus dem Jahr 2004 stamme und fehlerhaft gewesen sei. Andere Untersuchungen seitdem wiesen darauf hin, dass Wilson nicht als geistig behindert einzustufen sei. Auch die Art und Weise, wie er früher als Drogenhändler agiert und wie er den Mord ausgeführt habe, deuteten auf Fähigkeiten hin, die die eines geistig Behinderten überstiegen.

Wilsons Anwalt Lee Kovarsky kritisierte, Texas umgehe das Verbot, indem es die Definition einer geistigen Behinderung so auslege, dass ein Häftling sie praktisch nicht erfüllen könne. Es sei unglaublich, dass der Bundesstaat weiterhin unwissenschaftliche Richtlinien bei der Frage anwende, wer mit geistiger Behinderung von Hinrichtungen ausgenommen werde. Vor dem Obersten Gerichtshof hatte Kovarsky argumentiert, Wilsons sprachliche und mathematische Fähigkeiten seien auf dem Niveau eines Grundschülers. Er lese und schreibe wie ein Zweitklässler und sei unfähig, seine Finanzen zu regeln, Rechnungen zu bezahlen oder einer geregelten Arbeit nachzugehen.

Wilson, der die vergangenen 18 Monate im Todestrakt des Gefängnisses von Huntsville verbrachte, war der siebte Häftling, der in diesem Jahr in Texas hingerichtet wurde. Für mindestens neun weitere Todeskandidaten sind in den kommenden Monaten Hinrichtungen angesetzt.

Ähnlicher Fall in Georgia

In den vergangenen Wochen hatte ein ähnlicher Fall in Georgia für Empörung gesorgt. Hier sollte der verurteilte Mörder Warren Hill durch die Todesspritze sterben, obwohl er laut mehreren Gutachten einen Intelligenzquotienten von lediglich knapp 70 besitzt. Die Exekution war aber kurzfristig vom obersten Gericht des Staates gestoppt worden. Der 52-Jährige hatte Einspruch gegen die Injektion nur eines einzigen Giftes erhoben.

qu/gri (dpa, dapd, afp, rtre)