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Historischer Besuch beim Zentralrat

25. November 2012

Erstmals ist mit Kanzlerin Merkel ein deutscher Regierungschef Gast der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland gewesen. Die Kanzlerin hielt eine Rede. Ihre Botschaft war eindeutig.

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Merkel bekommt von Zentralrats-Präsident Graumann einen Chanukka-Leuchter überreicht (Foto: dpa)
Merkel beim Zentralrat der JudenBild: picture alliance / dpa

Angela Merkel hat die Menschen in Deutschland zu mehr Toleranz gegenüber Andersgläubigen aufgerufen. "Es gibt immer noch ein großes Maß an Antisemitismus", beklagte die Kanzlerin bei der jährlichen Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das müsse alle dazu bringen, darüber nachzudenken, was Toleranz gegenüber Religionen bedeute.

Merkel sichert jüdischen Gemeinden Solidarität zu

"Der Respekt für die Lebbarkeit religiöser Rituale ist ein hohes Gut", unterstrich die CDU-Politikerin in Frankfurt am Main und brachte zugleich die Unterstützung der Bundesregierung für die jüdische Gemeinschaft zum Ausdruck. Mit ihrem Besuch habe sie auch ihrer Freude darüber Ausdruck geben wollen, dass es wieder ein so lebendiges jüdisches Leben in Deutschland gebe, ergänzte sie.

Zentralrats-Präsident Dieter Graumann wertete den Besuch der Kanzlerin als wichtiges Signal dafür, "dass jüdisches Leben in Deutschland willkommen ist". Sowohl er als auch Merkel sprachen von einem nicht leichten Jahr für die rund 105.000 Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland.

Beide verwiesen auf die Übergriffe gegen Rabbiner, hässliche Begleittöne in der Debatte über die rituelle Beschneidung von Jungen vor allem im Internet und die jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern im Nahen Osten. In dem Zusammenhang betonte die Kanzlerin nachdrücklich das Recht Israels auf Selbstverteidigung.

Urteil sorgt für große Verstimmung

Auslöser der auch im Ausland beachteten Beschneidungs-Diskussion war das Urteil des Landgerichts Köln vom Mai. Die Richter hatten die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung gewertet. Bei jüdischen und muslimischen Verbänden löste die Entscheidung zur jahrtausendealten Tradition scharfe Empörung aus.

Merkel und der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, (Foto: dpa)
Die Kanzlerin betonte ihre Freude über das lebendige jüdische Leben in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

Die Bundesregierung hat mittlerweile einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der Beschneidungen von Jungen unter bestimmten Auflagen für zulässig erklärt. Die Neuregelung soll für Rechtssicherheit nach dem Kölner Urteil sorgen.

Die Kanzlerin zeigte sich in Frankfurt zuversichtlich, dass das Gesetz noch vor Weihnachten im Bundestag verabschiedet werde. Schließlich müsse die freie Religionsausübung in Deutschland auch praktiziert werden können, fügte Merkel hinzu.

Höchstes Organ des Zentralrats

Die Ratsversammlung ist das oberste Entscheidungsgremium des Zentralrats der Juden in Deutschland und hat Richtlinienkompetenz. Sie verabschiedet den Haushalt und überwacht die Arbeit der Exekutive. Sie entscheidet auch über alle Grundsatzfragen der jüdischen Gemeinschaft. Ihr gehören alle Landesverbände und die Großgemeinden in Berlin, München, Frankfurt am Main und Köln an. Jeweils 1000 Gemeindemitglieder entsenden einen Delegierten.

se/rb (dpa, epd, afp, dapd)