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Historischer Verlust bei RWE

4. März 2014

Folgen der Energiewende: Ein Einbruch in der konventionellen Stromerzeugung hat den zweitgrößten deutschen Energieversorger RWE erstmals seit über 60 Jahren tief in die roten Zahlen gedrückt.

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RWE Kraftwerk
Bild: picture-alliance/dpa

Rote Zahlen beim Energiekonzern RWE

Mit einem Minus von fast drei Milliarden Euro fuhr der Energiekonzern RWE erstmals seit mehr als 60 Jahren einen Verlust ein. Ursache hierfür waren vor allem hohe Abschreibungen auf Kohle- und Gaskraftwerke, die wegen der Konkurrenz durch den Ökostrom schlecht ausgelastet sind. Das Betriebsergebnis in der konventionellen Stromerzeugung sank um 58 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro - auch weil der nach E.ON zweitgrößte deutsche Versorger 2013 für CO2-Zertifikate Geld zahlen musste. Die gesamte Stromerzeugung des Konzerns ging um fünf Prozent auf 217 Milliarden Kilowattstunden zurück.

Es geht noch weiter bergab

Nach den ersten roten Zahlen in der Nachkriegsgeschichte stellt sich der Konzern auch für die Zukunft auf düstere Zeiten ein. "Unsere Kraftwerke werden in den kommenden Jahren noch weniger verdienen, als wir befürchtet hatten", erklärte Vorstandschef Peter Terium am Dienstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für 2013. Auch 2014 gehe man von einem deutlichen Ergebnisrückgang aus, kündigte der Manager an, der seit 2012 den Versorger steuert. Bis Ende 2016 will RWE jede zehnte Stelle streichen, insgesamt rund 6700 Jobs und 4700 auf dem Heimatmarkt in Deutschland.

Peter Terium, Vorstandschef beim Energiekonzern RWE
Peter Terium, Vorstandschef beim Energiekonzern RWEBild: EUROFORUM/Dietmar Gust

Den Versorgern machen die Konkurrenz durch den Ökostrom und die gefallenen Großhandelspreise zu schaffen. Denn RWE produziert nach wie vor den meisten Strom mit Hilfe von Braun- und Steinkohle, nämlich 51 Prozent. In Gaskraftwerken erzeugt RWE 17 Prozent des Stroms, in Atomkraftwerken 14 Prozent. Nur sechs Prozent kamen 2013 aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne oder Wind. Wegen des Vorrangs von Strom aus Wind oder Sonne müssen in Deutschland Kohle- und Gaskraftwerke immer häufiger zurückgefahren werden. Im vergangenen Jahr schrieb RWE auf seine Kohle- und Gaskraftwerke fast fünf Milliarden Euro ab. Der Konzern legt wie auch E.ON reihenweise Anlagen ganz oder vorübergehend still. Terium kündigte an, dass noch weitere Kraftwerke hinzukommen könnten. "Entscheidend ist, wie erfolgreich wir dabei sind, defizitäre Anlagen wieder wirtschaftlich zu machen." Es gebe noch einige Anlagen, die ihre Betriebskosten nicht deckten.

Nicht nur die Energiewende ist Schuld

Zugleich drücken RWE Schulden von über 30 Milliarden Euro. Terium will unter anderem durch den Verkauf von Beteiligungen - wie der Öl- und Gasfördertochter Dea - die klammen Kassen auffüllen. Für Dea haben sich nach Angaben von Insidern mehrere Interessenten in Stellung gebracht, darunter die BASF -Tochter Wintershall und der russische Investor Michail Fridmann. Die nicht bindenden Gebote beliefen sich auf 3,5 bis rund fünf Milliarden Euro.

RWE leidet allerdings nicht nur an den Folgen der Energiewende. Einige Probleme sind hausgemacht. Teriums Vorgänger Jürgen Großmann und Harry Roels setzten noch auf Kohle- und Kernkraftwerke, als der ursprüngliche Atomausstieg schon längst beschlossen war. Sie hofften, diesen umkehren zu können. 2005 hatte RWE ein milliardenschweres Programm zum Bau neuer konventioneller Kohle- und Gaskraftwerke in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien gestartet. Diese Anlagen werfen wegen der Konkurrenz durch den Ökostrom kaum noch Gewinn ab. Eine eigene Ökostromtochter gründete der Konzern erst 2007.

Schaufelradbagger im RWE Braunkohle-Tagebau
RWE hat zu lange auf konventionelle Energie gesetzt...Bild: Reuters

Alles nicht so schlimm?

Der größte kommunale RWE-Einzelaktionär DSW 21 sieht die Zukunft des Essener Versorgers trotz der am Dienstag präsentierten tiefroten Zahlen aber positiv. "Der Tiefpunkt ist erreicht, es wird wieder aufwärtsgehen", sagte der Vorstandschef des Dortmunder Stadtwerkeunternehmens, Guntram Pehlke. Die Sparprogramme bei RWE griffen, und das Unternehmen sei erfolgreich im Endkundengeschäft, auch mit neuen Produkten wie Blockheizkraftwerken, sagte Pehlke zur Begründung seiner positiven Einschätzung. Angesichts der branchenweiten massiven Einbußen in der Erzeugung und vieler zur Abschaltung angemeldeter Kraftwerksblöcke rechne er schnell mit Reaktionen der Politik: "Eine Reform des EEG kommt, der wilde Zuwachs der Erneuerbaren findet nicht mehr statt." Auch ein Kapazitätsmarkt mit Vergütungen für das Vorhalten konventioneller Energie werde kommen: "Das geht aus Gründen der Versorgungssicherheit gar nicht anders, wir sind schließlich schon zweimal knapp am Blackout vorbeigeschlittert." DSW 21 hält mit über 22 Millionen RWE-Aktien rund 3,5 Prozent des Bestandes.

iw/as (dpa, rtr)