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Politik

Hitziger Schlagabtausch im US-Wahlkampf

30. September 2020

Das erste TV-Duell der Präsidentschaftsbewerber Trump und Biden war mit Spannung erwartet worden. Es wurde schnell zu einem chaotischen, wilden Wortgefecht, in dem sich beide mit Vorwürfen und Beschuldigungen überzogen.

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Bild: Morry Gash/Reuters

Fünf Wochen vor der Wahl am 3. November sind der republikanische Amtsinhaber Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden von den Demokraten erstmals direkt aufeinander getroffen, beim ersten TV-Duell in Ohio. Auf der Agenda der Debatte standen unter anderem die umstrittene Supreme-Court-Nominierung, die Gesundheitsversorgung und das Corona-Krisenmanagement, aber auch die Wirtschaft, Trumps Steuerzahlungen sowie der Rassismus in den Vereinigten Staaten. Inhaltlich Neues lieferten die politischen Gegner nicht, sie beharrten auf ihren Positionen.

Trump gab bei der Debatte den Ton vor - indem er dem Präsidentschaftskandidaten der oppositionellen Demokraten ständig ins Wort fiel. Biden wiederum bezeichnete Trump als "Rassisten" und "Putins Welpen" - und fuhr ihn einmal mit den Worten "Halt den Mund, Mann!" an. 

Trump erneuert Wahlbetrugsvorwürfe

Aufsehen erregte auch, dass Trump - anders als sein Herausforderer - erneut eine Zusage verweigerte, seine mögliche Niederlage anzuerkennen. Vielmehr wiederholte der republikanische Amtsinhaber seine Behauptung, bei Briefwahlen werde es zu massivem Betrug kommen. Darüberhinaus weigerte er sich auch, rassistische Gruppen zu verurteilen. Stattdessen sagte er mit Blick auf eine rechtsextreme Gruppierung: "Proud Boys - haltet euch zurück und haltet euch bereit." Der Satz rief unter US-Kommentatoren Stirnrunzeln hervor. Trumps Sohn Donald Trump Jr. wiegelte nach der Debatte im TV-Sender CBS ab, dass sein Vater sich wohl versprochen habe.

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Joe Biden nannte Donald Trump einen "Clown", "Lügner" und "Putins Welpen"Bild: Morry Gash/Reuters

Das Konzept der TV-Debatte war eigentlich, jeweils 15 Minuten lang sechs Themenblöcke zu diskutieren. Der Moderator stellt eine Frage, die Kandidaten haben jeweils zwei Minuten für ihr Statement, danach folgt eine offene Diskussion. Doch daraus wurde nichts. Trump ließ Biden oft nicht ausreden, der ehemalige Vizepräsident reagierte häufig mit einem ironischen Lächeln und wehrte sich gelegentlich mit leicht resigniertem Ton. "Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen", sagte Biden an einer Stelle. Auch der erfahrene TV-Journalist Chris Wallace vom konservativen Fernsehsender Fox News hatte als Moderator zum Teil große Probleme, Trump zur Ordnung zu rufen.

Beide polarisieren auf niedrigem Niveau

Zu Beginn diskutierten die Kontrahenten zunächst über die umstrittene Nominierung einer neuen Verfassungsrichterin durch Trump. Der Präsident pochte darauf, dass er das Recht dazu habe. Biden hielt dem entgegen, dass die Präsidentschaftswahl bereits begonnen habe, da viele US-Bürger ihre Stimmen schon per Brief abgegeben hätten. Darum sollte erst der Wahlsieger über die wichtige Personalie am Obersten Gerichtshof entscheiden. Aus dieser Diskussion wurde schnell eine Debatte über das Gesundheitswesen der USA, weil Biden dem Präsidenten vorwarf, durch die Stärkung der konservativen Mehrheit des Obersten US-Gerichtshofs die Gesundheitsreform seines Amtsvorgängers Barack Obama rückgängig machen zu wollen. 

Im Streit um die Krankenversicherung warf Trump Biden vor, die Demokratische Partei strebe eine sozialistische Gesundheitsversicherung an. Mit Blick auf die von Obama eingeführte Gesundheitsversorgung sagte Trump: "Obamacare ist eine Katastrophe, das ist zu teuer." Biden werde von der "radikalen Linken" manipuliert. Biden konterte in der Debatte mit einer Frontalattacke gegen Trump, warf ihm Lügen vor und sagte, Trump sei keine Hilfe für die vielen Menschen, die auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung angewiesen seien. In der Gesundheitspolitik habe der Präsident "keinen Plan", sagte der frühere Vizepräsident.

Er bezichtigte Trump zudem der "Lüge" im Umgang mit der Corona-Pandemie. Der Präsident habe sich "völlig unverantwortlich" verhalten und sei Schuld an der hohen Zahl der Corona-Toten in den USA - bislang mehr als 205.000. Trump sei angesichts der Krise in "Panik" verfallen. Der Amtsinhaber entgegnete, wäre Biden derzeit Präsident, wären noch viel mehr Menschen gestorben. Außerdem wolle Biden im Kampf gegen das Virus die US-Wirtschaft wieder stilllegen, er selbst wolle sie offen halten.

Den im Raum stehenden Vorwurf, dass er jahrelang so gut wie keine Steuern gezahlt habe, wies Trump von sich. Er habe in den Jahren 2016 und 2017 "Millionen" Dollar Einkommenssteuer auf US-Bundesebene bezahlt. Trump sagte aber auch, "ich möchte keine Steuern zahlen" und dieser Wunsch sei legitim. Beim Thema Wirtschaft halten sich beide Kandidaten gegenseitig vor, der Konjunktur mehr geschadet als genutzt zu haben.

Biden: "Sie sind der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte"

Auch bei der Bewertung des Rassismus in den USA lagen die Kandidaten erwartungsgemäß weit auseinander. Biden beschuldigte Trump, nichts für die afroamerikanische Bevölkerung getan zu haben. Trump schaue auf alle herab, die kein Geld oder eine andere Hautfarbe hätten. Trump reagierte darauf mit der Anschuldigung, Biden habe die Black Community, die Gemeinschaft der Schwarzen in den USA, schlechter behandelt als jeder andere und sie als "Super-Raubtiere" bezeichnet.

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Donald Trump spottet über Biden: "Er trägt die größten Masken in der Corona-Pandemie"Bild: Morry Gash/Reuters

Eines war Trump ganz offensichtlich extrem wichtig. Bei jedem Thema betonte er, dass er als Präsident auf allen Themenfeldern Großes geleistet hat und dass Biden ein schlechter Vizepräsident war. Biden konterte, unter Trump seien die USA schwächer, ärmer und gespaltener geworden. Er bescheinigte Trump eine verheerende Regierungsbilanz: "Sie sind der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte." Zudem würde Trump Kremlchef Wladimir Putin nicht die Stirn
bieten "Er ist Putins Welpe", sagte Biden. Trump wiederum attackierte seinen Kontrahenten für Geschäfte von dessen Sohn Hunter in der Ukraine und mit China.

Zuschauer über wilde Debatte verärgert

Die erste TV-Debatte der diesjährigen amerikanischen Präsidentschaftswahl fand in der Case Western Reserve University in Cleveland im Bundesstaat Ohio statt. Wegen der Corona-Pandemie durften anders als sonst nur rund achtzig Zuschauer vor Ort dabei sein. Das Duell wurde von allen großen amerikanischen Nachrichtensendern live übertragen. Bei den Zuschauern kam das Spektakel aber nicht gut an. Befragt nach ihrem überwiegenden Gefühl beim Anschauen der Debatte antworteten in einer CBS-Blitzumfrage mehr als zwei Drittel (69 Prozent), die Diskussion habe sie vor allem verärgert.

Der in Umfragen zurückliegende Amtsinhaber Trump und sein Herausforderer Biden werden vor der Wahl noch in zwei weiteren Fernsehdebatten am 15. Oktober und am 22. Oktober aufeinander treffen.

qu/cw (rtr, afp, dpa, TV-live)