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Politik

Van der Bellen neuer Bundespräsident

4. Dezember 2016

Ex-Grünen-Chef Alexander van der Bellen liegt bei der Präsidentenwahl in Österreich uneinholbar vorn. Zum befürchteten Durchmarsch der Rechtspopulisten in Europa wird es offensichtlich nicht kommen.

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Österreich Präsidentschaftswahlen Alexander Van der Bellen mit Frau
Glücklicher Sieger mit Frau Bild: Reuters/L. Foeger

Die Präsidentenwahl in Österreich hat der ehemalige Grünen-Chef Alexander Van der Bellen nach TV-Hochrechnungen deutlich gewonnen. Der als Unabhängiger angetretene 72-Jährige kommt nach jüngsten Angaben aus Wien auf gut 53,3 Prozent der Stimmen. Der Kandidat der ausländer- und europakritischen FPÖ, Norbert Hofer, erreicht demnach etwa 46,7 Prozent. Die Schwankungsbreite beträgt 1,2 Prozent. Damit liegt Van der Bellen uneinholbar vorn. Die Hochrechnung berücksichtigt bereits die 700.000 Briefwahlstimmen, die erst am Montag ausgezählt werden. Nach Umfragen war bis zuletzt noch ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen prognostiziert worden.  

Österreich Präsidentschaftswahlen Norbert Hofer
Gestand seine Niederlage ein: Rechtspopulist Hofer Bild: picture-alliance/dpa/C. Bruna

Auch Verlierer Hofer gratuliert artig 

Van der Bellens Anhänger feierten den Wirtschaftsprofessor spontan mit lautem Jubel. Sein rechtspopulistischer Herausforderer gestand seine Niederlage ein und gratulierte dem erwarteten Wahlsieger Van der Bellen. "Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst", schrieb Hofer auf Facebook. Er werde es beim nächsten Mal noch einmal versuchen, meinte der 45-Jährige. Glückwünsche an Van der Bellen kamen auch von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, Parteichef Heinz-Christian Strache erklärte, die Zeit sei "noch nicht reif" gewesen für einen FPÖ-Kandidaten.  

Unter den ersten Gratulanten war Österreichs Bundeskanzler Christian Kern von der SPÖ. "Ein sehr guter Tag für Österreich. Jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass sich keiner als Verlierer sieht", twitterte Kern.

Erstes grünes Staatsoberhaupt  

Für die Alpenrepublik bedeutet das Ergebnis einen historischen Einschnitt: Denn nie zuvor kam der Bundespräsident aus dem Lager der Grünen. In den letzten 70 Jahren machten stets Kandidaten der Sozialdemokraten (SPÖ) oder der Christdemokraten (ÖVP) das höchste Staatsamt unter sich aus.

 

Es war der dritte Anlauf. Am 22. Mai hatte zwar Van der Bellen ganz knapp die Stichwahl gewonnen. Dieser Urnengang wurde aber nach einer Anfechtung der FPÖ-Führung vom Verfassungsgerichtshof schließlich wegen organisatorischer Schlampereien annulliert.

Der neu angesetzte Termin am 2. Oktober war verschoben worden, weil Kuverts für die Briefwahl nicht richtig klebten und eine erneute Anfechtung befürchtet werden musste.

Was kommt nach dem Trump-Triumph?

Die Wahl war international stark beachtet worden. Nach dem triumphalen Sieg des US-Republikaners Donald Trump verstärkte sich europaweit die Aufmerksamkeit dafür, ob in Österreich erstmals ein Vertreter der populistischen FPÖ ins Präsidialamt gelangen könnte. Van der Bellen hatte Hofer immer wieder eine Neigung nachgesagt, Österreich aus der EU führen zu wollen. Der hatte beteuert, keinen "Öxit" anzustreben und unter anderem den angeblichen politischen Wankelmut seines Gegners thematisiert. Er wollte vor allem mit einer strengeren Asylpolitik punkten und hoffte auf einen positiven "Trump-Effekt".  

Europa atmet auf 

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich hocherfreut über den Sieg Van der Bellens. Dessen Erfolg sei "eine schwere Niederlage für Nationalismus, Rückwärtsgewandtheit und antieuropäischen Populismus". Van der Bellen habe mit einer klaren pro-europäischen Botschaft gewonnen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) lobte die Wahl Van der Bellens als "gutes Zeichen gegen Populismus in Europa". Er freue sich, diese Nachricht gerade in Griechenland zu erhalten, "an der Wiege der europäischen Demokratie". Im Februar tritt Steinmeier selbst als Kandidat für das Amt eines Bundespräsidenten an. SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßte das Ergebnis in Österreich als "Sieg der Vernunft" gegen den Rechtspopulismus. "Ganz Europa fällt ein Stein vom Herzen", sagte der Bundeswirtschaftsminister der "Bild"-Zeitung. 

Erleichtert äußerte sich auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir. "Van der Bellen war in einem harten Wahlkampf der Kandidat, der die Verteidigung der liberalen Werte repräsentierte, die sich gegenwärtig überall Angriffen von innen und außen erwehren müssen", sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Nun habe er die schwierige Aufgabe, die Kluft in der Bevölkerung zu schließen. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einem "Signal über Österreich hinaus".   

"Party der Rechtspopulisten fällt aus"

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber twitterte: "Österreicher senden klares pro-europäisches Signal". Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament meinte, die "Angst- und Lügen-Kampagne" der FPÖ habe sich nicht ausgezahlt. Weber kommentierte: "Die Party der Rechtspopulisten in Europa fällt erst mal aus." Unter anderem rechnen sich in Frankreich Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National (FN) und in den Niederlanden der Rechtspopulist Geert Wilders große Erfolge bei bevorstehenden Wahlen aus.  

In Wien war bisherige Bundespräsident Heinz Fischer am 8. Juli 2016 nach zwölf Amtsjahren ausgeschieden. Seitdem hatte das dreiköpfige Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte übernommen. Der neue Bundespräsident soll - sofern es nicht erneut zum einer Wahlanfechtung kommt - am 26. Januar in der Hofburg vereidigt werden. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre.

SC/HF (rtr, dpa, afpd, APE)