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Hochspannung bei Wahlgängen in Sambia

Philipp Sandner11. August 2016

Noch nie war vor einer Wahl in Sambia die Spannung so groß. Staatschef Edgar Lungu und Herausforderer Hakainde Hichilema liefern sich ein knappes Rennen. Aber die Wähler dürfen noch viel mehr entscheiden.

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Anhänger von Präsident Lungu bei einer Wahlveranstaltung in Sambia (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/G. Guercia

Am Donnerstag können die Bürger des südafrikanischen Landes an der Urne über den Posten des Präsidenten, des Vizepräsidenten, über die Abgeordneten des Parlaments und der Stadträte entscheiden. Gleichzeitig sollen sie in einem Referendum über eine nebulöse Verfassungsänderung abstimmen, deren Inhalt nur spärlich kommuniziert wurde - eine Maßnahme, um die Kosten für weitere Abstimmungen zu sparen.

Es wird ein knappes Rennen zwischen der regierenden Patriotischen Front (PF) von Präsident Edgar Lungu und der oppositionellen Vereinten Partei für Nationale Entwicklung (UPND). Nie war eine Wahl in Sambia so spannend - und nie war die Anspannung so groß. Nur zwei Tage vor der Wahl geriet eine Veranstaltung der PF zum Debakel: In Mtendere, einer armen Wohngegend in der Hauptstadt Lusaka, attackierten Anhänger des PF-Kandidaten Lungu einen UPND-Parteibus mit Steinen. Es war nicht der erste Zwischenfall. Bereits im Juni war es zu Unruhen gekommen, nachdem die Regierung die kritische Tageszeitung The Post schließen ließ - vorgeblich wegen ausstehender Steuerzahlungen.

Nkole Mushula hält Stoffbanner mit Wahlwerbung für Hichilema (Foto: DW/Chrispin Mwakideu)
Fotograf Nkole Mushula unterstützt die OppositionBild: DW/C. Mwakideu

Zu viele Wählerkarten?

Dabei hatte sich noch am Montag Nigerias ehemaliger Präsident Goodluck Jonathan hoffnungsvoll gezeigt: Die Lage in Sambia sei günstig für einen erfolgreichen Ablauf der Wahlen, sagte Jonathan in seiner Funktion als Leiter der Wahlbeobachtermission der Afrikanischen Union. Der sambische politische Analyst Neo Simutanyi teilt diese Meinung nicht: "Die politische Lage ist angespannt, Menschen fürchten, dass es am Wahltag zu Gewalt kommen könnte", sagt Simutanyi im DW-Gespräch.

"Es gibt auch Vorwürfe, dass die sambische Wahlkommission sich nicht fair und unparteiisch verhalte", sagt der Analyst aus Lusaka. Manche Entscheidungen der Kommission seien umstritten. So ist eine große Aufregung um die Wählerliste entbrannt: Berichten zufolge sollen auch viele Ausländer, die in den Grenzregionen zu Malawi und Tansania leben, Wählerkarten erhalten haben. Vertreter der Opposition zeigen sich besorgt, dass es ernsthafte Versuche gebe, die Wahl zu manipulieren. Neben der Schließung der Tageszeitung The Post wirft das einen weiteren Schatten auf die Demokratie Sambias - dabei wurde das Land noch vor Kurzem als Hoffnungsträger des südlichen Afrika gehandelt.

DW-Karte: Sambia

Zwei Kontrahenten, siegessicher

Edgar Lungu steht seit anderthalb Jahren an der Spitze Sambias. Nach dem Tod des ehemaligen Präsidenten Michael Sata hatte er in Interimswahlen Hakainde Hichilema, den Kandidaten der UPND, knapp geschlagen - mit nur 27.000 Stimmen Vorsprung. Das gibt seinem Herausforderer Grund zur Hoffnung. Im Wahlkampf äußerten sich sowohl Lungu als auch Hichilema zuversichtlich, das Votum schon in der ersten Runde für sich zu entscheiden.

Plakat von Präsident Edgar Lungu (Foto: AFP/Getty Images)
Edgar Lungu wirbt mit KontinuitätBild: Getty Images/AFP/G. Guercia

Beide haben großen Rückhalt in der Bevölkerung. Bei den Wahlen 2015 holte Hichilema im Südwesten Sambias fast 90 Prozent der Stimmen. Lungu hingegen weiß den Nordosten des Landes hinter sich. Eine klare Tendenz lässt sich schwer erkennen - auch deswegen, weil es anders als in der Vergangenheit keine Umfragen gibt.

Immerhin hat die UPND zuletzt prominenten Zulauf aus der PF-Spitze bekommen: Nach parteiinternen Konflikten wechselten neben anderen der ehemalige Vizepräsident Guy Scott, der Bürgermeister von Lusaka und Sohn des verstorbenen Präsidenten, Mulenga Sata, und die Witwe eines weiteren früheren Präsidenten, Maureen Mwanawasa, in die Oppositionspartei. So hofft die Partei, auch in Hochburgen der PF punkten zu können.

Raus aus der Armut?

Wer auch immer das Rennen um die Präsidentschaft macht, wird sich vor allem der hohen Arbeitslosigkeit im Land widmen müssen. Laut jüngsten Weltbank-Statistiken liegt die extreme Armut bei 42 Prozent. Tendenz steigend. Bisher stützt sich die sambische Wirtschaft vor allem auf den Kupferabbau. Doch mit dem Einbruch des Kupferpreises ist in den letzten Jahren das Wirtschaftswachstum eingebrochen. 15.000 Arbeiter im Bergbausektor haben dadurch ihre Arbeit verloren. Das habe weitreichende Auswirkungen, schreibt Johannes Kurt von der deutschen Außenhandelskammer in Sambia in einer Einschätzung: "Jedes Gehalt eines Kumpels versorgt weitere 15 Personen in dessen Familie und Freundeskreis, wodurch die Bergbauregionen des Landes vor massive Probleme gestellt sind."

Energie-Krise in Sambia

Ungünstig für Edgar Lungu könnte sich auswirken, dass der wirtschaftliche Einbruch Sambias mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, als er als Präsident seine Amtsgeschäfte aufnahm. Die außerplanmäßigen Wahlen von 2015 hätten dazu geführt, dass das Land seit zwei Jahren im "Dauerwahlkampf" stecke, schreibt Kurt. Wichtige Entscheidungen seien nicht konsequent angegangen worden. Die PF, die seit 2011 regiert, wirbt zwar damit, die Infrastruktur verbessert zu haben. Doch viele der Initiativen gingen auf die Zeit vor 2011 zurück, sagt Analyst Neo Simutanyi. Damals war noch Rupiah Bandas "Bewegung für eine Mehrparteien-Demokratie" (MMD) an der Macht.

Für den Fotografen Nkole Mushula sind die stagnierende Wirtschaft und die steigenden Preise für Lebensmittel ein Grund, die UPND zu wählen. "Die Lage ist schlimm geworden. Man kann froh sein, wenn man mit 10 Kwacha (umgerechnet gut ein Euro) nach Hause kommt", klagt er im Gespräch mit DW-Reporter Chrispin Mwakideu. Was die Wahl betrifft, hat Mushula keine Illusionen: Die Führungselite bezeichnet er als korrupt und selbstverliebt. Was kann ein Wechsel an der Spitze also bewirken? Da ist Mushula skeptisch. "Wir Wähler sind selbst schuld", sagt er. "Eigentlich stimmen wir immer für die gleichen Menschen. Nur dass sie ab und zu ihre Parteizugehörigkeit ändern."

Straßenhändler schiebt Schubkarre mit Gemüse in Lusaka (Foto: DW/Chrispin Mwakideu)
Sinkender Kupferabsatz bedeutet steigende LebensmittelpreiseBild: DW/C. Mwakideu

Mitarbeit: Chrispin Mwakideu