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Hohe Wahlbeteiligung dank Netzkampagne

Masood Saifullah8. April 2014

Die starke Aktivität der Internetnutzer in Afghanistan hat nach Ansicht von Beobachtern zu der hohen Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen beigetragen.

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Afghanistan Präsidenschaftswahlen 2014 Facebook Kampagne (Foto: DW/H.Sirat)

Die afghanischen Nutzer sozialer Netzwerke haben auf die Anschläge und Terrordrohungen der Taliban mit massiven Aufrufen zur Stimmabgabe reagiert. Zwischen tausenden Usern zirkulierte das Motto "Ja, ich gehe zur Wahl." Am vergangenen Samstag (05.04.2014) war die Wahlbeteiligung so groß, dass in manchen Wahllokalen die Stimmzettel ausgingen und dass die Frist zur Stimmabgabe um eine Stunde verlängert werden musste. Die unabhängige Wahlkommission geht von einer Wahlbeteiligung von rund sieben Millionen aus, was etwa 58 Prozent der Wahlberechtigten entspricht.

Auch Ramin Rastin, ehemals Sprecher des afghanischen Ablegers der internationalen Studentenorganisation AIESEC, war auf Twitter und Facebook aktiv und hat Fotos und Wahlaufrufe verbreitet. "Das war der erste demokratische Machtwechsel in meinem Land. Ich bin überzeugt, dass man seine Stimme abgeben musste, damit Afghanistan einen Weg in eine bessere Zukunft hat", sagte der 29-Jährige der Deutschen Welle.

Netzkampagne Non-stop

Die Kampagne nahm am Wahltag noch mehr Fahrt auf. Netzaktivisten posteten zahllose Fotos von geschwärzten Zeigefingern und von Wahlzetteln, um andere zur Stimmabgabe zu ermuntern. So auch Reshad Ahmadi aus der nördlichen Provinz Balch, Vater zweier Kinder: "Mir ist klar, dass mein Foto vom Wahltag noch lange im Internet zirkulieren wird und dass es jeder, auch die Taliban, sehen kann. Vielleicht wird mir das später mal Probleme machen, aber das ist mir egal."

Screenshot Facebook mit Anti-Taliban-Karikatur (Foto: DW)
Klare Botschaft in afghanischen NetzwerkenBild: Facebook

Experten wie Nur Agha Sharifi von der unabhängigen Medien-Organisation NAI - Supporting Open Media in Afghanistan - sehen einen klaren Zusammenhang zwischen der Wahlbeteiligung von fast 60 Prozent - so hoch wie noch nie in Afghanistan - und der Netzkampagne, die einen starken Druck zur Stimmabgabe ausgeübt habe. Die Aktivitäten der User haben Sharifi zufolge auch noch einen weiteren Nutzen: Videos und Fotos von fehlenden Stimmzetteln in manchen Wahllokalen und von Hinweisen auf Manipulationen könnten der Wahlkommission in den kommenden Wochen helfen, Vorwürfen von Wahlfälschungen nachzugehen.

Potential für politische Teilhabe

Sharifi ist Journalismus-Dozent an der Universität Balch in Masar-i Scharif, wo seit einigen Jahren auch Seminare in Online-Journalismus angeboten werden. Er sieht ein wachsendes Potential der sozialen Medien für die politische Beteiligung der afghanischen Bevölkerung: "Sie geben den Usern ein billiges und schnelles Mittel an die Hand, um sich an den demokratischen und zivilgesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen."

Reshad Ahmadi (Foto: privat)
Einer von vielen, die sich nicht einschüchtern ließenBild: Privat

Zwar stellen die traditionellen elektronischen und Printmedien immer noch die Hauptinformationsquellen dar, mit derzeit etwa 65 Fernsehkanälen, 174 Rundfunksendern und Hunderten Printerzeugnissen. Afghanischen Regierungsangaben zufolge gibt es aber bereits 2,4 Millionen Internet-Nutzer im Land, rund acht Prozent der Bevölkerung, davon 300.000 mobile Nutzer, sowie eine halbe Million Facebook-Mitglieder.

Auch Kandidaten mit "Followern" und "Likes"

Nicht nur die hauptsächlich jungen und männlichen Wähler aus den großen Städten haben das Internet für sich entdeckt, sondern auch die Kandidaten für das Präsidentenamt. Nach Angaben des Analysedienstes socialbakers.com sind die Facebook-Seiten der Kandidaten Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani mit jeweils über 200.000 Likes die dritt- beziehungsweise viertpopulärsten in Afghanistan. Sogar der islamistische Kandidat Rassul Sayyaf hat eine Facebook-Seite, mit 14.200 Likes. Der Finanzfachmann und Reformkandidat Ahsraf Ghani wiederum hat bei weitem die größte Anhängerschaft bei Twitter mit über 12.000 Followern.

Wahlurnen werden nach Kabul gebracht (Foto: AFP/Getty Images)
Reiche WahlernteBild: BANARAS KHAN/AFP/Getty Images