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Hollandes umstrittener Afrikabesuch

Annabelle Steffes3. Juli 2015

François Hollande ist häufig zu Gast in afrikanischen Ländern. Bei seiner aktuellen "Afrika-Tournee" bereist er Benin, Angola und Kamerun - die sind Neuland für ihn. Welche Motive stecken dahinter?

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Hollande in Benin (Foto: Reuters)
François Hollandes im Gespräch mit Benins Präsident Thomas Yayi Boni am 2. Juli 2015Bild: Reuters/C.-P. Tossou

Über 30 Jahre ist es her, dass ein französischer Staatspräsident zuletzt einen Fuß auf den Boden Benins setzte. Das verhältnismäßig kleine westafrikanische Land birgt weder Bodenschätze noch politische Konflikte - zwei Gründe, weswegen es möglicherweise wenig Aufmerksamkeit der Mächtigen erringt. Seine stabile demokratische Regierung ist jetzt der Grund für François Hollandes Besuch: Benin habe eine Vorbildfunktion in Afrika, sagte er am Donnerstag in seiner Rede vor dem Parlament in Cotonou, Benins wirtschaftlichem Zentrum. Staatschef Thomas Boni Yayi und seine Regierung respektierten die Konstitution und die freien Wahlen.

Hollande spielte damit darauf an, dass sein beninischer Kollege keine dritte Amtszeit anstreben wird und damit die beninische Verfassung achten will. Ganz im Gegensatz etwa zum Präsidenten des Tschads, Idryss Déby, oder dem Burundis, Pierre Nkkurunziza, die seit mehreren Wahlperioden die Geschicke ihrer Länder lenken. Ein weiteres Beispiel ist der angolanische Präsident José Eduardo dos Santos, der seit 1979 an der Macht ist und den François Hollande an diesem Freitag treffen wird.

Lange Zeit standen westliche Politiker dos Santos kritisch gegenüber - Menschrechtsverletzungen, Repressionen und Korruption sind in Angola damals wie heute keine Seltenheit. Allerdings ist das westafrikanische Land der zweitgrößte Erdöllieferant Afrikas und damit ein interessanter Geschäftspartner. Der französische Ölkonzern Total etwa ist seit 1953 im Land und seit 2012 sogar Marktführer in Angola. François Hollandes Besuch ist klar wirtschaftlich motiviert. Man strebe einen weiteren Austausch an, über den Ölsektor hinaus, hieß es im Vorfeld aus dem Elysée-Palast. Für den Schriftsteller und Menschenrechtsaktivisten Rafael Marques ein fragwürdiges, ja unmoralisches Vorhaben: "Für viele Afrikaner bedeutet Hollandes Besuch, dass er einen der schlimmsten Diktatoren unseres Kontinents befürwortet", so Marques im DW-Interview. "Empfängt dos Santos europäische Staatsoberhäupter, gibt ihm das die entsprechende Rückendeckung, dass er mit seinen Straftaten einfach so davon kommt."

Ölproduktion in Angola (Foto: Getty Images/AFP)
Ölproduktion in AngolaBild: MARTIN BUREAU/AFP/Getty Images

Repressionen und Menschrechtsverletzungen

Hollandes Besuch erfolge zu einem Zeitpunkt, da die Menschrechtslage in Angola desaströs sei, so Rafael Marques weiter. In der Tat sind Repressionen gegen Menschrechtsaktivisten oder auch Journalisten in Angola an der Tagesordnung. Erst vor wenigen Wochen wurden 15 Jugendliche ohne Prozess eingesperrt. "Man wirft ihnen vor, den Präsidenten ermorden zu wollen", sagt der Schriftssteller. "Und das nur, weil sie Bücher gelesen haben, die sich mit Strategien auseinandersetzen, wie man sich ohne Gewalt gegen repressive Regimes zu Wehr setzt."

Angola, Justiz: Rafael Marques und David Mendes (Foto: DW)
Rafael Marques (links) mit seinem Anwalt David MendesBild: DW/N. Sul de Angola

Marques selbst wurde dieses Jahr zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. In seinen Büchern kritisiert er offen die Regierung dos Santos' und betreibt überdies mit Maka-Angola einen Anti-Korruptions-Blog. Marques hofft, dass François Hollande in seinem Gespräch mit Präsident dos Santos nicht nur seine wirtschaftlichen Interessen vertreten, sondern auch die Menschrechtsverletzungen ansprechen wird.

Die berüchtigte "Françafrique"

Die Beziehung Frankreichs zu Afrika ist auch über 50 Jahre nach Ende der Kolonialzeit konfliktbehaftet und postkolonial geprägt. Für die von Charles de Gaulle initiierte und von seinen Nachfolgern fortgesetzte Politik gegenüber den ehemaligen afrikanischen Kolonien ist der Begriff "Françafrique" geprägt worden. Er soll lautmalerisch die enge Bindung zwischen Frankreich (France) und Afrika (Afrique) wiedergeben, doch dahinter steckt viel mehr als nur die Bezeichnung klassischer diplomatischer Beziehungen. Dass ausgerechnet François Hollande, der bei seinem Amtsantritt eine Abkehr von der "Françafrique" seiner Vorgänger gelobte, nun eine noch engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Angola anstrebt, lässt ihn in den Augen seiner Kritiker an Glaubwürdigkeit verlieren.

Streitkräfte in Kamerun im Kampf gegen Boko Haram (Foto: Getty Images/AFP)
Streitkräfte in Kamerun im Kampf gegen Boko-HaramBild: Getty Images/Afp/Reinnier Kaze

Und auch der Besuch des dritten Landes auf Hollandes Agenda - Kamerun - sorgt für Kontroversen. Théophile Yimgaing Moyo, Vorsitzender der Partei Mouvement Citoyen (Moci), spricht von einem Anstieg einer antifranzösischen Stimmung in Kamerun, da Frankreich immer noch einen starken Einfluss auf die Wirtschaft nehme. "Bilaterale Abkommen zwischen Frankreich und unserem Land erlauben es französischen Unternehmen, Kameruns Wälder und Ressourcen auszubeuten", so der Politiker. Aber nicht nur die Wirtschaft, sondern auch der Kampf gegen Boko Haram heizt die Diskussionen um Hollandes Besuch an. Kamerun und Frankreich sind Teil der gemeinsamen Mission gegen die Terrororganisation. Kameruns Kommunikationsminister Hassan Sylla Ben Bakary beklagt allerdings, dass 40 Prozent der Waffen der Terrorgruppe aus Frankreich stammten.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius dementierte diese Behauptung vehement: "Wenn eine Nation, eine große Nation, bewiesen hat, dass sie gegen Boko Haram kämpft, dann ist es ja wohl Frankreich! Darüber gibt es keinen Zweifel." Auch dieses Thema wird zweifelsohne zum Abschluss von Hollandes Afrika-Reise diskutiert werden.

Mitarbeit Moki Kindzeka