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Hollandes Wahlversprechen geplatzt

2. Juli 2012

Weniger Sparen, mehr Ausgaben im Sozialbereich - Staatschef Hollande hatte große Pläne verkündet. Ein Kassensturz des Rechnungshofs deckte nun riesige Löcher auf. Willkommen in der Realität, Monsieur le Président!

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Präsident Hollande (foto:reuters)
hollande frankreichBild: reuters

Die Pariser Buchprüfung brachte ein erschütterndes Resultat: Frankreich muss in diesem und im nächsten Jahr ein Haushaltsloch von rund 40 Milliarden Euro stopfen. Der französische Rechnungshof legte seinen Bericht vor und empfahl Präsident Francois Hollande eindringlich, ab sofort rigoros zu sparen. Sollte dies nicht gelingen, wird Frankreich nach Einschätzung der Experten seine internationalen Sparzusagen nicht einhalten können.

Unangenehme Botschaft der Kassenprüfer

Die Aufgabe sei "anspruchsvoll, aber machbar", kommentierten die Finanzkontrolleure ihren Zustandbericht. Allerdings sei dazu eine "nie dagewesene Kürzung der öffentlichen Ausgaben" nötig. Dazu dürfte auch die Streichung von Beamtenstellen gehören.

Die sozialistische Regierung kündigte sieben Wochen nach dem Machtwechsel einen Nachtragshaushalt an, der unter anderem Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Großunternehmen vorsehen soll. Gleichzeitig solle der Rotstift in der Ausgabenpolitik angesetzt werden, meinte Premierminister Jean-Marc Ayrault, und stellte damit eine große Zahl der Wahlversprechen der Sozialisten in Frage. Er hatte den Ministerien bereits Kürzungen von insgesamt 15 Prozent bis Ende 2014 diktiert.

Frankreich hatte seinen internationalen Partnern noch unter der Präsidentschaft von Hollandes konservativem Vorgänger Nicolas Sarkozy versprochen, das nach EU-Regeln viel zu hohe Haushaltsdefizit herunterzufahren. In diesem Jahr soll es von 5,2 auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt sinken, im nächsten Jahr dann auf die nach EU-Vorgaben erlaubte Marke von drei Prozent.

Steuererhöhungen und was noch?

Hollande führte umgehend die Rente mit 60 teilweise wieder ein, erhöhte verschiedene Sozialleistungen, stellte zusätzliche Lehrerstellen in Aussicht und wirbelte ganz Europa mit seinen Forderungen nach Wachstumsprogrammen auf. Franzosen seht her, ich erfülle meine Wahlkampfversprechen, schien die stolze Bilanz der ersten Tage zu sein.

Handschlag zwischen Monti und Hollande in Rom (foto:AP)
Beim Kampf um Wachstumsinitiativen suchte Hollande Gemeinsamkeiten mit Italiens Regierungschef Mario Monti (r.)Bild: AP

Was wird angesichts der angespannten Haushaltslage von den weitreichenden Reformzusagen bleiben? Hollande hat neben Steuererhöhungen für Reiche auch angekündigt, die unter Sarkozy beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer (TVA) rückgängig zu machen. Der Rechnungshof sieht das allerdings offensichtlich kritisch. "Eine zumindest zeitlich befristete Erhöhung könnte notwendig sein", schreiben die Finanzkontrolleure. Ein anderer Ansatzpunkt sei beispielsweise die allgemeine Sozialsteuer (CSG), die auf nahezu alle Einkommensarten erhoben wird.

Die Lücke im aktuellen Haushalt wurde am Montag auf sechs bis zehn Milliarden Euro beziffert, die in den Planungen für 2013 rund dreimal so hoch: auf rund 33 Milliarden Euro - und dies bei einem erwarteten Wirtschaftswachstum von nur einem Prozent. Für den riesigen Fehlbetrag in der Haushaltsplanung ist vor allem die negative Konjunkturentwicklung verantwortlich. So musste die Regierung zuletzt mehrmals ihre Wachstumsprognosen herunterschrauben. Aktuell wird für das laufende Jahr nur noch ein Plus von 0,4 Prozent erwartet. Im ersten Quartal stagnierte die Wirtschaft sogar.

Investoren und Spekulanten

Frankreich hatte wegen seiner hohen Staatsverschuldung im Januar die Top-Bonität "AAA" der Ratingagentur Standard & Poor's verloren. Aber zumindest ein Restvertrauen der Investoren scheint erhalten geblieben zu sein: Am Montag konnte eine Staatsanleihe mit einer einjährigen Laufzeit mit so niedrigen Zinsen wie noch nie auf den Markt geworfen werden...

SC/gmf (afp,APE,rtr,dpa)