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Humboldt-Universität zu Berlin

Richard A. Fuchs6. Juni 2012

Die Humboldt-Universität zu Berlin ist nun Exzellenzuniversität. 18 Monate hatte eine Reformarbeitsgruppe getagt. Das hat sich gelohnt: Das Zukunftskonzept der Uni überzeugte.

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Die Humboldt-Universität (Foto: Heike Zappe)
Bild: HU/Heike Zappe

Eine dicke Hochglanzbroschüre schlägt Professorin Ilse Helbrecht auf, wenn sie ins Zukunftskonzept der Humboldt-Universität zu Berlin schaut. Seit 2009 unterrichtet die Professorin Kultur- und Sozialgeographie in Berlin. Ihr Thema, das ist die Zukunft der Stadtplanung weltweit. In den letzten 18 Monaten hatte sie noch einen weiteren Job: sie koordinierte die Bewerbung der Universität um den vom Bund verliehenen Titel der "Exzellenz-Universität". Damit hatte sie nun Erfolg. Die HU ist "Elite-Uni".

Ilse Helbrecht, HU-Professorin für Kulturgeographie (Foto: Ilse Helbrecht)
Will der Zukunft eine Brücke bauen: Ilse Helbrecht, HU-Professorin für KulturgeographieBild: privat

Insgesamt 143 Hochschulen beziehungsweise Hochschulprojekte konkurrierten in der dritten und damit letzten Runde im Exzellenzwettbewerb deutscher Universitäten um den begehrten Titel. So soll die Spitzenforschung mit insgesamt 2,7 Milliarden Euro extra bis 2017 gefördert werden. Die Geographie-Professorin und eine kleine Gruppe weiterer Professoren, Mitarbeiter und Studierender hatten zu diesem Anlass ein Reformkonzept für die traditionsreiche Universität in der Mitte Berlins geschrieben.

Humboldts Ideale sind das Reformkonzept

Ausgangspunkt waren dabei jene Grundsätze, mit denen der Universitätsgründer 1810 die Universitätslandschaft weltweit geprägt habe. "Wilhelm von Humboldt hat sehr stark gesetzt auf die Forscherpersönlichkeit, die Lehrer-Persönlichkeit, auf die Bildung durch Wissenschaft, auch bei den Studierenden", sagt Professorin Ilse Helbrecht. Rund 40.000 Persönlichkeiten studieren, forschen, lehren oder arbeiten heute an der HU, teilweise in völlig verschiedenen Welten. Denn die Geistes- und Sprachwissenschaften arbeiten vor allem in historischen, preußischen Prunkbauten im Berliner Stadtzentrum, während die Lebenswissenschaftler rund um die renommierte Universitätsklinik Charite forschen. Für Natur- und in Teilen Sozialwissenschaften wurde ein Hochglanz-Wissenschafts-Campus am Berliner Stadtrand entwickelt.

Auch Professorin Ilse Helbrecht arbeitet hier am Campus Adlershof. Bei allen Unterschieden, sagt sie, die Ideale Humboldts würden für alle gelten. "Wir wollen alle Persönlichkeiten auf dem Campus entwickeln, vom Studenten über das Verwaltungspersonal bis zum Hochschullehrer", sagt Helbrecht. So sollen durch die Exzellenz-Initiative nicht nur große Forschungsverbünde, sondern auch einzelne Forscher besser unterstützt und begleitet werden. "Das passt gut zu uns, weil das einfach Humboldt ist." Ein Teil des Geldes aus der vom Bund finanzierten Exzellenz-Initiative soll deshalb für Forschungswettbewerbe, Stipendien und Projektanträge einzelner Forscher bei Seite gelegt werden. Jeder einzelne Forscher soll zukünftig die Möglichkeit haben, unbürokratisch eigene Forschungsprojekte anzustoßen.

Statue des HU-Gründers Wilhelm von Humboldt (Foto: Fotolia/ArTo))
Lehre und Forschung gehören zusammen - und sind frei: Gründer Wilhelm von HumboldtBild: Fotolia/ArTo

Interdisziplinärer und internationaler

Eine weitere Säule des Zukunftskonzepts will auch den Aufbau der Universität erneuern. "Wir wollen am Forschungsprofil unserer Universität arbeiten", nennt das die Professorin. "Mit einer eigenen Finanzierung wollen wir große interdisziplinäre Institute gründen, die so genannten Integrated Research Instituts, die an Zukunftsthemen arbeiten." Drei solcher neuen Forschungsinstitute (kurz IRIs) sind zunächst geplant. Darunter ein IRI, das sich ganz Fragen der globalen Landnutzung, Urbanisierung und Nachhaltigkeit widmet oder ein interdisziplinäres Institut für die Lebenswissenschaften.

Neue Wissenschaftsstadt: Humboldt-Campus Berlin-Adlershof (Foto: DW/Richard Fuchs)
Neue Wissenschaftsstadt: Humboldt-Campus Berlin-AdlershofBild: DW

Verbessert werden soll auch die Internationalisierung der Universität. Zwar sei die Humboldt-Universität zu Berlin bereits heute eine der Top-Adressen für ausländische Studierende an in Deutschland, sagt Helbrecht. Vieles könne noch aktiver gestaltet. "Wir werden versuchen mehr internationale Sachkompetenz gerade an Beratungsleistungen auch in die Fakultäten hineinzubringen, vor Ort, dahin nämlich, wo die Studierenden sind." Ein International Office mit eigenständigen Mitarbeitern für jede Fakultät, das sei damit mittelfristig das Ziel. Nur so könnten ausländische wie inländische Studierende kontinuierlich begleitet werden.

Spitzenforschung nicht auf Kosten der Lehre

Die Interessen der Studierenden, die hat unter anderem der 24-jährige Fred Zaumseil bei der Ausarbeitung des HU Zukunftskonzepts vertreten. Für den Bachelor-Student in Philosophie und Sozialwissenschaften war vor allem eines wichtig: Mehr Förderung für Spitzenforschung dürfe nicht bedeuten, dass am ganz normalen Lehrbetrieb gespart wird. Bereits der Bologna-Prozess zur flächendeckenden Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen habe an der Humboldt-Universität zu einer Verschulung des Lehrbetriebs geführt – mit deutlich weniger Freiheiten für die Studenten. Weniger finanzielle Ressourcen für die Lehre, um prestigeträchtige Forschungsprojekte nach dem Auslaufen der Projektförderung weiterfinanzieren zu können, seien da besonders schädlich. "Viele Dinge kommen jetzt in den Umsetzungsprozess, jetzt geht es darum, wie wird das wirklich durchgeführt werden", sagt Zaumseil.

HU-Student Fred Zaumseil (Foto: Fred Zaumseil)
Exzellenz darf nicht auf Kosten der Studierenden gehen: Student Fred ZaumseilBild: Privat

Qualitätsoffensive auch für ausländische Studenten

Mehr Schwung in eine wirklich forschungsorientierte Lehre könne aber vor allem das mit der Exzellenz-Initiative angestoßene Q-Programm an der HU bringen, ist der hochschulpolitisch aktive Student sicher. Dabei sollen Studierende finanzielle Mittel und organisatorische Freiräume bekommen, um selbst über Form und Inhalt ihrer zukünftigen Vorlesungen zu entscheiden. Ein Angebot, das wie sein Name bereits andeutet, die Qualität von Lehre und Forschung verbessern soll.

Besonders aber all jene Studierende einbeziehen kann, die bisher über Erasmus-Programme oder internationale Austauschprogramme wenig Anknüpfungspunkte hatten, um auch an ihrer Gastuniversität eigene Forschungsprojekte anzustoßen. Bestes Beispiel für eine solche von der Universität neue geschaffene Plattform, sagt Zaumseil, sei das Q-Kolleg. "Damit können wir Studierende aus dem Ausland an die Universität bringen und Austausch und die Diskussion fördern."

Bis letzten Freitag (15.06.2012) war das Zukunftskonzept der HU nur eine dicke Hochglanz-Broschüre auf dem Schreibtisch von Professorin Ilse Herbrecht in Berlin Adlershof. Nun kann die Uni mit der Umsetzung beginnen.