1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hunderte Tote durch unnötige Medikation

20. Juni 2018

Infolge starker Schmerzmittelgaben sind in einer britischen Klinik bis zu 650 Patienten frühzeitig gestorben. Laut einem Expertenbericht wurden Opioide ohne medizinische Indikation in zu hohen Dosen verabreicht.

https://p.dw.com/p/2zwzr
Gosport War Memorial Hospital
Bild: Reuters/H.Nicholls

Das ist das Ergebnis einer unabhängigen Untersuchung zu den über Jahre überdurchschnittlich vielen Todesfällen in dem seit langen umstrittenen Memorial War Hospital in Gosport. Die Experten erstellten einen Bericht über die Verschreibungspraxis von starken Opioiden in dem Krankenhaus im südenglischen Hampshire. Die Fachleute kommen zu dem Ergebnis, dass in der Klinik über Jahre starke Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide ohne medizinische Rechtfertigung und in zu hohen Dosen verabreicht worden sind.

Nachweis gelingt in mehr als 450 Fällen

In ihrem fast 400 Seiten starken Report legen sie Belege dafür vor, dass zwischen 1989 und 2000 insgesamt 456 Patienten Opioide ohne Begründung erhielten. Es müsse davon ausgegangen werden, dass etwa 200 weitere Patienten des Gosport War Memorial Hospitals "ähnlich" betroffen waren. Der Nachweis sei in diesen Fällen aber nicht exakt zu führen, da medizinische Dokumentationen zu den Patienten unvollständig oder gar nicht auffindbar seien.

Frühzeitige Warnungen verpufften

Entsprechende Warnungen des Pflegepersonals über den Missbrauch von Opioiden seien ignoriert worden, heißt es in dem Bericht. Die Polizei und die medizinischen Behörden hätten versagt, um die Patienten zu schützen. Für den Bericht wurden mehr als eine Million Dokumente ausgewertet. Die Untersuchungskommission leitete der frühere Bischof von Liverpool, James Jones.

Die Klinik gab zunächst keine Stellungnahme zu dem Expertenbericht ab. Premierministerin Theresa May entschuldigte sich bei den Familien der Opfer, dass sie so lange auf Antworten warten mussten. Gesundheitsminister Jeremy Hunt erklärte im Parlament, Polizei und Staatsanwaltschaft würden das in dem Report zusammengestellte Material sichten. Angehörige der Verstorbenen fordern nun, dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden.

Im Mittelpunkt des Skandals steht dem Bericht zufolge eine Ärztin des Krankenhauses, die inzwischen im Ruhestand ist. In dem Report ist in diesem Zusammenhang von einer "institutionalisierten Verfahrensweise" die Rede, dem Patienten und deren Angehörige machtlos ausgeliefert waren.

Opioide werden vor allem zur Schmerzbekämpfung und Betäubung eingesetzt. Sie können aber abhängig machen und bei Überdosierungen lebensgefährliche Nebenwirkungen wie Atemlähmung auslösen.

qu/uh (dpa, rtr, ape)