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Hungerstreik in Guantanamo

Daniel Scheschkewitz, Washington15. September 2005

Es ist ein drastischer Protest: der Hungerstreik. Mehr als 100 Insassen des Gefangenenlagers Guantanamo weigern sich zurzeit, Nahrung zu sich zu nehmen.

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Isolationszellen in GuantanamoBild: AP

Die Gefangenen protestieren mit dem Hungerstreik gegen ihre unbefristete Inhaftierung ohne formelle Anklage. Es ist bereits der zweite Hungerstreik der Guantanamo-Häftlinge in diesem Jahr. Die meisten von ihnen werden seit mehr als drei Jahren von der US-Regierung unter dem Verdacht festgehalten, für die Taliban in Afghanistan gekämpft zu haben oder in terroristische Aktivitäten gegen die USA verwickelt gewesen zu sein.

Aufnahme von Flüssigkeit verweigert

Guantanamo Gefängnis Insassen
Guantanamo-HäftlingeBild: AP

Derzeit halten die USA noch etwa 500 Personen in Guantanamo gefangen, die meisten von ihnen ohne Anklage. Das Rote Kreuz hat regelmäßig Zugang zu den Häftlingen ebenso wie einige US-Rechtsanwälte. Scott Sullivan, von der New Yorker Anwaltskanzlei "Allen and Overy", betreut elf jemenitische Mandanten, die inzwischen nicht nur die Aufnahme von Nahrung, sondern zum Teil auch von Flüssigkeit verweigern. Der Hungerstreik sei so organisiert, dass sich ihm verschiedene Häftlinge zu unterschiedlichen Zeitpunkten anschließen, sagt Sullivan. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten verweigerten die Teilnehmer auch die Aufnahme von Flüssigkeit. "So haben wir etwa einen Klienten, der am 6. September zu streiken begann und einen anderen, der seit dem 9.9. keine Flüssigkeit mehr zu sich nimmt."

Zweiter Hungerstreik

Die US-Armee bezifferte die Zahl der Hungerstreikenden am Mittwoch (14.9.) auf 128, das ist mehr als ein Viertel aller Häftlinge. Laut Marinekapitän John Adams befinden sich derzeit 18 im Krankenhaus des Gefangenenlagers. Fünf von ihnen werden durch Schläuche durch die Nase ernährt und drei weiter werden intravenös hydriert. Die Armee legt Wert auf die Feststellung, dass sie die Hungerstreikenden auf keinen Fall sterben lassen will. Der Zustand der Gefangenen sei stabil, hieß es.

"Wir tun alles"

Dies ist bereits der zweite Hungerstreik der Guantanamohäftlinge in diesem Jahr. Ein erster Streik im Juni, der sechs Wochen dauerte, richtete sich gegen die Haftbedingungen und gegen angebliche Schläge durch das militärische Wachpersonal. Mit dem aktuellen Hungerstreik soll Druck auf die US-Regierung augeübt werden, das Rechtsvakuum in Guantanamo unverzüglich zu beenden. Derzeit sind eine Reihe von Verfahren vor US-Berufungsgerichten im Gange, bei denen der Rechtsstatus der Gefangenen geklärt werden soll. Das US-Militär hofft, den Hungerstreik unabhängig davon so bald wie möglich beenden zu können. "Es finden fast täglich Beratungen zwischen den verschiedenen Stellen statt - mit dem Ziel, den Hungerstreik aufzulösen. Wir tun alles was wir können, damit die Gefangenen wieder mit der Nahrungsaufnahme beginnen", sagt Adams.

Die meisten der rund 500 Häftlinge sind seit über drei Jahren auf dem US-Militärstützpunkt auf Kuba eingesperrt. Gut zweihundert wurden inzwischen aus der Haft entlassen und in ihre jeweiligen Heimatländer oder in Drittstaaten, die sich zu ihrer Aufnahmen bereit erklärt hatten, abgeschoben. Bislang sind erst vier Anklagen erhoben worden. Die US-Regierung bezeichnet die zumeist aus Afghanistan oder arabischen Ländern stammenden Häftlinge als "feindliche Kämpfer". Nach ihrem Standpunkt stehen ihnen die in den USA geltenden verfassungsmäßigen Rechte nicht zu, da sie außerhalb der USA inhaftiert sind.