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Höchste Inflation seit Jahrzehnten bestätigt

10. September 2021

Das Statistische Bundesamt hat die zuvor nur als Schätzung veröffentlichte Inflationsrate von 3,9 Prozent offiziell bestätigt. Bis Jahresende werden hohe Werte erwartet. Am Kurs der EZB wird das aber nichts ändern.

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Deutschland Aral-Tankstelle, Preistafeln
Bild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Das Statistische Bundesamt bestätigte am Freitag seine vorläufigen Berechnungen von Ende August, wonach die Preissteigerung mit 3,9 Prozent den höchsten Wert seit 28 Jahren erreicht hat. "Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt im Dezember 1993 mit plus 4,3 Prozent", hieß es.

Von Juli auf August 2021 stagnierten die Preise, auch hier bestätigte das Bundesamt die vorläufigen Zahlen. Volkswirte erwarten für die nächsten Monate weiter steigende Inflationsraten. Am Freitag erläuterten die Statistiker die Hintergründe der Inflationsstatistik.

"Krisenbedingte Effekte"

Ein Grund für den deutlichen Anstieg der Verbraucherpreise im Vergleich zum August des Vorjahres sei ein sogenannter Basiseffekt, der auf die Senkung der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr zurückzuführen ist. Um den Konsum in der Pandemiezeit anzukurbeln, hatte die Bundesregierung ab Juli 2020 die Mehrwertsteuersätze deutlich gesenkt, von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von 7 auf 5 Prozent. Für Verbraucher wurden Waren entsprechend günstiger. Ende 2020 lief diese Steuersenkung aus.

Von Basiseffekt sprechen die Statistiker, weil die aktuellen Inflationszahlen nun mit Werten aus dem Vorjahr vergleichen werden, in denen die Preise wegen der Steuersenkung ungewöhnlich niedrig waren. Erst ab Januar 2022 werden wieder Zeiträume mit denselben Steuersätzen verglichen. 

Auch bei den Energiepreisen beobachten die Statistiker Sondereffekte. Die weltweite Rezession im Pandemiejahr 2020 hatte die Preise von Mineralölprodukten einbrechen lassen. Seitdem hat sich der Ölpreis wieder erholt, was die Preise antreibt. Zusätzlich verteuert werden Energiepreise durch die Einführung einer CO2-Steuer zu Jahresbeginn.

So lagen die Energiepreise im August um 12,6 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Merklich teurer wurden Heizöl (+57,3 Prozent) und Kraftstoffe (+26,7 Prozent). Auch für Erdgas (+4,9 Prozent) und Strom (+1,7 Prozent) wurde mehr verlangt.

Das Statistische Bundesamt verwies am Freitag zudem auf "krisenbedingte Effekte, wie die deutlichen Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen". Angesichts von Lieferengpässen hatte es zuletzt über verschiedene Wirtschaftszweige hinweg bei der Materialbeschaffung teils deutliche Preissteigerungen gegeben. Diese Effekte hätten sich bisher jedoch "nur teilweise und abgeschwächt im Verbraucherpreisindex niederschlagen", so Christoph-Martin Mai, Leiter des Referats "Verbraucherpreise" im Statistischen Bundesamt.

EZB hält Kurs

Die Preise für Nahrungsmittel zogen um 4,6 Prozent an. Gemüse verteuerte sich dabei um 9,0 Prozent, Molkereiprodukte und Eier um 5,0 Prozent. Auch Gebrauchsgüter wie Fahrzeuge (+5,5 Prozent) oder Möbel und Leuchten (+4,0 Prozent) kosteten deutlich mehr. Dagegen wurden laut Bundesamt nur wenige Waren billiger - zum Beispiel Fernsehgeräte (minus 0,7 Prozent). In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate Richtung vier bis fünf Prozent anziehen und wegen des auslaufenden Basiseffektserst 2022 wieder merklich nachgeben, schätzen Experten. 

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag zwar angekündigt, ihr Tempo bei den Anleihekäufen etwas zu drosseln, einer grundsätzlichen Kursänderung in der Geldpolitik aber eine Absage erteilt. Das liegt vor allem daran, dass die EZB keine Anzeichen für eine dauerhaft hohe Inflation im Euroraum sieht. "Der Anstieg dürfte vorübergehender Natur sein", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde. "Wir gehen davon aus, dass die Teuerung in diesem Herbst weiter anzieht, 2022 aber abflaut."

Für das laufende Jahr erwartet die EZB ein Inflationsrate von 2,2 Prozent, im Jahr darauf 1,7 Prozent und 2023 dann 1,5 Prozent. Ziel der Notenbank ist ein Wert von 2 Prozent.

dk/bea (rtr, dpa, afp)