1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Weg zur Fußball-Nationalspielerin

13. Juni 2011

Die zwölfjährige Hannah hat ein großes Ziel: Sie will Fußball-Nationalspielerin werden. Doch der Konkurrenzkampf ist hart, denn mittlerweile werden talentierte Mädchen immer früher gesichtet und abgeworben.

https://p.dw.com/p/11Olc
Portrait von U13-Spielerin des 1. FC Köln, Hannah Schrage
Bild: privat

Die blauen Augen von Hannah Marie Schrage leuchten, wenn sie von ihrem Lieblingssport erzählt: Fußball. Seit drei Jahren spielt die Zwölfjährige im Verein, nachdem sie schon einige andere Sportarten ausprobiert hat: Turnen, Ballett – weil all ihre Freundinnen dabei waren – später Hockey und schließlich Fußball. "Ich wollte immer schon am liebsten Fußball spielen", berichtet die schlanke, blonde Nachwuchskickerin mit den vielen Sommersprossen im Gesicht. Ihre Eltern unterstützen sie, beide haben selbst lange Fußball gespielt. "Ich habe lange abgewartet, bis ich mir sicher war, dass das die Sportart auch die ist, bei der sie bleiben will und wird", sagt Hannahs Mutter Kathrin. "Es war allerdings relativ schnell klar, dass das ihre Sportart ist. Und die Euphorie ist bis heute sehr groß."

Erst mit Jungs gespielt, dann zum 1. FC Köln

Einen Verein für fußballbegeisterte Mädchen zu finden, ist nicht leicht, auch nicht in einer Großstadt wie Köln. Hannah begann nach langer Suche bei Fortuna Köln – in einer gemischten Mannschaft mit gleichaltrigen Jungen. "Die haben mich nicht direkt akzeptiert, da muss man erstmal ein paar gute Spiele machen", erinnert sich Hannah, die sich durchsetzte und nach kurzer Zeit sogar zur Spielführerin gewählt wurde. Das blieb nicht lang unbemerkt. Hannah wurde in die Stützpunktsauswahl Bergisch Gladbach berufen und schließlich vom 1. FC Köln abgeworben.

Hannah mit ihrer Mannschaft klatscht auf dem Platz zur Begrüßung vor dem Spiel ihre Gegnerinnen ab
Begrüßung vor dem Spiel: Hannah (r) klatscht ihre Gegnerinnen abBild: Kathrin Schrage

Zu einem Zeitpunkt, als das Zusammenspiel mit den Jungen immer schwieriger wurde, erinnert sich Vater Matthias. Plötzlich machte seiner Tochter der heiß geliebte Fußball keinen Spaß mehr. "Wir hatten das Gefühl, wir zwingen sie zum Training zu gehen. Das wollten wir nie, und wir haben dann gesagt, da muss eine andere Lösung her. Und da bot sich der FC eben an."

Nachwuchsförderung beginnt immer früher

Jetzt spielt Hannah in einer reinen Mädchenmannschaft, der U13 des 1. FC Köln. Sie trainiert auf einem Kunstrasenplatz, der auch im Winter bespielbar ist, und wird fachkundig ausgebildet. Wichtige Argumente für Hannahs Mutter Kathrin, die nicht damit einverstanden war, dass das Training ihrer Tochter über Wochen ausfiel oder alternativ ein Boxtraining angeboten wurde. "Das geht nicht zusammen, finde ich. Wie soll sich eine junge, ambitionierte Sportlerin weiterentwickeln, wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind?"

Die deutschen U20-Juniorinnen feiern ihren WM-Titel. (Foto: AP Photo/Martin Meissner)
Die U20-Juniorinnen haben mit dem WM-Titel vorgelegtBild: AP

Der Schritt zu einem großen Frauenfußballverein ist der erste auf dem Weg nach ganz oben, sagt auch Nationalspielerin Sonja Fuß, die bis zur letzten Saison auch beim 1. FC Köln in der zweiten Liga unter Vertrag stand und nun wieder beim FCR Duisburg spielt. Nationalspielerin werde man, indem man schon früh in jungen Jahren gesichtet werde und sich dann durch gute Leistungen für eine der Jugendnationalmannschaften qualifiziere. "Irgendwann macht man dann den Sprung in die erste oder zweite Bundesligamannschaft und empfiehlt sich dort für die Frauenfußball-Nationalmannschaft."

Mittlerweile geht es bei den Mädchen schon in der U15-Nationalauswahl los, der Konkurrenzkampf ist härter geworden. Die Juniorinnen der U20-Nationalmannschaft haben im letzten Jahr mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft bewiesen, dass es um den deutschen Frauen-Nachwuchs gut bestellt ist. Da wünscht sich manchmal deren Trainerin Maren Meinert, die selbst einmal Nationalspielerin war, noch einmal jung zu sein. "Ich bin schon neidisch", gibt sie zu. "Vor allem, wenn ich bei den Frauen dabei bin, wir zu einem Länderspiel fahren und ich die vielen Leute sehe, die auch zu diesem Länderspiel kommen. Wir haben damals vor höchstens 1000 Zuschauern gespielt."

"Für andere Hobbys bleibt kaum Platz"

Auch Hannah ist schon viel unterwegs, spielt Turniere in ganz Deutschland und hat bereits die erste Fußball-Reise nach Barcelona hinter sich. Volles Programm für eine Zwölfjährige, die sich immer wieder neu beweisen muss. Diesen frühen Leistungsdruck kennen Hannahs Eltern aus ihrer eigenen Fußballzeit nicht. Vater Matthias denkt aber, dass seine Tochter aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit gut damit umgehen kann. "Hannah ist damit schon bei Fortuna, also ihrer ersten Mannschaft, groß geworden. Von der Psyche her wird sie natürlich von uns unterstützt, falls es mal Rückschläge geben sollte, dass sie das gut wegstecken kann."

Die Spielerinnen der U13 des 1. FC Köln bilden einen Kreis
Gemeinsam zum ErfolgBild: Katrin Schrage

Auch zeitlich nimmt der Fußball viel Raum ein. Für andere Hobbys bleibe kaum oder gar kein Platz, erklärt Hannahs Mutter Kathrin, die natürlich auch viel Wert auf die schulische Ausbildung ihrer Tochter legt. "Ich wäge es immer ab. Wenn ich feststellen würde, dass die Anstrengung die Freude überlagern würde, würde ich einschreiten."

Hannah macht allerdings nicht gerade den Eindruck, als ob sie so bald die Lust am Fußball verlieren würde. Ginge es nach ihr, würde sie auch noch öfter zum Training gehen. Und auch sie fiebert der Frauenfußball-WM im Sommer entgegen. "Ich probiere so viele Spiele wie möglich zu gucken, weil es meine Vorbilder sind. Da möchte ich ja gern hinkommen." Selbstbewusst sagt sie das und ihre blauen Augen strahlen wieder.

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Arnulf Boettcher