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Chinesische Händler in Südafrika

Julia Jaki6. Juni 2014

Billiger Modeschmuck, Elektro-Artikel, Waschmittel - in fast jedem Ort in Südafrika gibt es heute einen chinesischen Billigladen. Die Bewohner profitieren von günstigen Produkten, Südafrikas Wirtschaft hat wenig davon.

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Chinesischer Shop in Südafrika Foto: Julia Jaki
Bild: DW/J. Jaki

Mei Chen ist beschäftigt. Die 26-Jährige steht hinter der Theke ihres kleinen Ladens, der mit allerlei nützlichen und unnützen Dingen vollgestopft ist: Geschirr, Waschmittel, Batterien, Modeschmuck und vieles mehr drängt sich in den Regalen des spärlich beleuchteten Geschäfts. Es ist Freitagnachmittag, eine gute Handvoll Kundinnen füllt den kleinen Laden mit Leben. Mei Chen kassiert, verpackt und beantwortet Fragen zu den Produkten - so weit es ihr spärliches Englisch eben zulässt. Mei Chen ist Chinesin, ihr Geschäft liegt mitten in Mandela Park, einer informellen Siedlung bei Kapstadt. Vor einem Jahr hat sie mit ihrer Familie den Fünf-Rand-Laden eröffnet, das Gegenstück zu den in Europa weit verbreiteten 99 Cent-Läden. Das Prinzip ist das Gleiche: Viel Auswahl für wenig Geld, mit Ware "Made in China". Mei Chens Laden füllt in Mandela Park eine Marktlücke. "Die Somalier, die hier in der Gegend Geschäfte haben, verkaufen meist Lebensmittel. Wenn die Leute Toilettenartikel oder Windeln brauchen, müssen sie zu den großen Läden, aber die sind weit weg und die öffentlichen Verkehrsmittel sind teuer", erklärt Mei Chen den Erfolg ihres Ladens.

Mei Chen ist eine von geschätzt tausenden Chinesen, die in den letzten 15 Jahren nach Südafrika gekommen sind - genaue Zahlen gibt es nicht. Hohe Arbeitslosigkeit in China und eine relativ laxe südafrikanische Einwanderungspolitik führte zu dieser jüngsten Immigrationswelle. Heute gibt es in nahezu jedem Township und jeder Kleinstadt einen China-Shop. Eine 2009 erschienene Studie zählte alleine in 14 Ortschaften und Townships in der südafrikanischen Freestate-Provinz an die 90 China-Shops. Für viele Bewohner ist das positiv: "Wir brauchen keine öffentlichen Verkehrsmittel, um hierher zu kommen", erklärt die Kundin Bongi Kotswana, "es ist billiger und man bekommt alles, was es auch im Einkaufszentrum gibt."

Mei Chen, chinesische Händlerin Foto: Julia Jaki
Eine von Tausendenden: Die Chinesin Mei Chen hat ihren Laden in SüdafrikaBild: DW/J. Jaki

Häufig erfolgreicher als einheimische Händler

Mei Chen will nicht sagen, warum sie China verlassen hat und nun mit ihrem Mann, den Eltern und den zwei kleinen Kindern in einem kleinen Raum hinter der Verkaufstheke lebt - mitten in einem südafrikanischen Township. In der Regel sind es arbeitslose und schlecht ausgebildete Chinesen, die in Hoffnung auf Wohlstand nach Afrika kommen. Die meisten sind illegal hier, genaue Angaben zu Anzahl und Umsatz der China-Shops in Südafrika gibt es daher nicht. Doch klar ist: Die chinesischen Händler sind häufig erfolgreicher als die Einheimischen.

Ein Grund dafür liegt laut Terence McNamee, Politikwissenschaftler bei der Brenthurst Foundation in Johannesburg, in der Arbeitseinstellung der Chinesen. Für eine 2012 erschienene Studie hat McNamee mit zahlreichen chinesischen Händlern im südlichen Afrika gesprochen. "Wir haben eine fast unvorstellbare Arbeitsbereitschaft sowie eine hohe Leidensfähigkeit und Opferbereitschaft feststellen können", erklärt McNamee. "Viel davon hat mit der tief geprägten Einstellung zu tun, dass eine Person ohne Arbeit nichts ist und dass nur harte Arbeit verhindern kann, dass einem der Job weggenommen wird." Ein weiterer Grund: Die chinesischen Händler bieten genau wie die somalischen Ladenbesitzer ihre Produkte in der Regel billiger als die einheimischen Händler an. Sie haben mehr Auswahl und längere Öffnungszeiten.

Südafrikanische Kundinnen im China-Shop Foto: Julia Jaki
Große Auswahl zu günstigen Preisen: Südafrikanische Kundinnen im Laden von Mei ChenBild: DW/J. Jaki

Kaum Kontakt zur Bevölkerung

Ihr Einfluss auf die südafrikanische Wirtschaft sei nicht messbar, stellt Terence McNamee fest. Die Einfuhr der Ware erfolge meist illegal, erleichtert durch laxe Kontrollen oder korrupte Zollbeamte. Verkauft werde gegen Bargeld und ohne Quittung. Der Staat verliert so Steuereinnahmen, gerade ärmere Haushalte haben durch die China-Shops jedoch die Möglichkeit, eine breite Auswahl an Produkten für wenig Geld zu erwerben. Je nach Stimmung kann der Erfolg der chinesischen Händler aber auch zu fremdenfeindlichen Angriffen führen. Die Öffentlichkeit erfährt davon meist nichts, die Angst vor der Polizei ist zu groß. Auch Mei Chen hält sich bedeckt: "Viele Leute sind freundlich, aber manche trinken gerne und dann kommen sie hier in den Laden und machen Ärger. Und wenn die Leute kein Geld haben, dann klauen sie manchmal."

Wie in einem Kokon lebe der Großteil der chinesischen Händler, weiß Terence McNamee. Es gebe nur wenig Kontakte zur afrikanischen Bevölkerung, zu fremd sei die Kultur. Außerdem würden die meisten chinesischen Händler Südafrika nur als Zwischenstopp sehen: Sobald genug Geld für die Ausbildung der Kinder zusammen ist, wollten sie nach Hause. Auch Mei Chen will zurück. "Familie und Freunde fehlen mir", erklärt die 26-Jährige in gebrochenem Englisch. "Vielleicht kann ich eines Tages nach China zurückgehen. Wenn meine kleine Tochter groß ist, dann muss ich zurück."