1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Umstrittener Artenschutz

Ute Schaeffer4. Mai 2008

Afrikas Regenwald ist ein reicher Genpool seltener Tier - und Pflanzenarten, der aus Sicht der Welt geschützt werden muss. Für die Bevölkerung konkurriert dieser Schutzgedanke aber mit traditionellen Nutzungsinteressen.

https://p.dw.com/p/DsMs
Blick auf den Korup- Nationalpark in Südwest-Kamerun (Quelle: DW)
Blick auf den Korup-Nationalpark in Südwest-KamerunBild: DW

Bova Bomboko ist längst kein kleines Dorf mehr. Die Gemeinde an der Ringstraße um den Mount Cameroon im südwestlichen Regenwald des Landes hat eine Kaffeestube, einen Kiosk, eine Krankenstation und eine Schneiderei. Auf der großen Kreuzung mitten im Dorf wirbeln hochbeladene Buschtaxis Staub auf und tauchen alles in grauen Nebel.

Bova Bomboko ist die erste Anlaufstelle für die Händler aus Buea, der nächstgrößeren Stadt. Sie kaufen hier in den Dörfern um den Mount Cameroon auf, was Wald und Landwirtschaft hergeben. Bova Bomboko ist zum Magnet geworden für Zuwanderer aus dem Nordwesten des Landes. Die gute vulkanische Erde verspricht ein gutes Auskommen und verheißt gute Ernten - Ertrag, mit dem sich auch handeln lässt.

Waldschutzpolitik ist ein Desaster

Mann vor Baum erklärend (Quelle: DW)
Hier gedeihen viele HeilpfllanzenBild: DW

Wie ein Gürtel umschließt der tropische Regenwald die Dörfer am Mount Cameroon. Im kommenden Jahr soll das bisherige Bomboko-Waldschutzgebiet zum Nationalpark werden. Doch der Gürtel ist zu eng, meinen die Menschen in Bova Bomboko. Das Siedlungsgebiet wurde schon vor langer Zeit begrenzt.

Vor allem für die Neusiedler gibt es keinen Platz mehr auf dem gemeinsam genutzten Gemeindeland, wo Landwirtschaft betrieben werden kann. Der Schutz des Waldes verhindere, dass die Menschen hier ihre Existenz sichern könnten und dass sich die Dörfer entwickeln - in dieser Kritik ist sich die Mehrheit der Menschen in Bova Bomboko einig. Viele halten die Waldschutzpolitik für ein Desaster. Verärgert sei man hier im Dorf, denn die Regierung habe bestehende kleine Farmen im Wald einfach zerstört.

Diese Zerstörung entspricht den Gesetzen, denn die kamerunische Regierung hat sich mit der internationalen Gebergemeinschaft auf ein umfangreiches Waldschutzprogramm geeinigt, um den Artenreichtum am Mount Cameroon zu erhalten.

Versteckt im Regenwald

Männer in Kautschukplantage (Quelle: DW)
Traditionelle KautschukplantageBild: DW

Der höchste Berg Westafrikas, ein aktiver Vulkan, ermöglicht vom Meeresspiegel bis auf mehr als 4000 Meter Höhe den unterschiedlichsten Arten das Überleben: Versteckt im dichten feucht-grünen tropischen Regenwald leben Hunderte von Schmetterlingen, wichtige Heilpflanzen wie Prunus Africana, für die in Europa hohe Preise bezahlt werden, aber auch vom Aussterben bedrohte Arten wie die mit der Meerkatze verwandten Drills und Buschelefanten. Weiter oben ermöglichen Savannenzonen und Lavaströme aus sehr unterschiedlichen Zeitzonen zahlreichen Arten das Überleben.

Schon seit der Kolonialzeit geht es den Europäern um den Schutz dieses Artenreichtums. Doch noch viel länger nutzen die Kameruner selbst ihren Wald. Die Menschen am Mount Cameroon sind Jäger und Sammler - bis heute. Sie finden im Wald ihre Heilpflanzen, bauen die landestypischen Nutzpflanzen Cassava, Eru und die mit der Yamswurzel verwandte Cocoyams an. Auch Kochbananen und Brennholz kommen aus dem Wald. Und gejagt wird nach wie vor. An diesen Traditionen und Lebensweisen hat sich bis heute wenig geändert.

Traditionelle Anbauflächen verschwinden

Waldschutz hat auch eine Kehrseite (Quelle: DW)
Waldschutz hat auch eine KehrseiteBild: DW

Was wird aus den Jägern und Sammlern im Südwesten Kameruns, wenn der Nationalpark entsteht? Sie müssen ihre Traditionen aufgeben, können den Wald nicht mehr nutzen. Bisherige Anbauflächen, auf denen auf Lichtungsgröße unterschiedliche Nutzpflanzen angebaut werden, müssen verschwinden und werden auch heute schon von den Behörden aus dem Wald herausgedrängt. Tradition oder Schutz des Waldes - beides zusammen wird nicht gehen.

Um die Entwicklung der betroffenen Dörfer trotz knapper werdender Ressourcen voran zu bringen, entstand vor zwei Jahren das Programm für Nachhaltiges Management Natürlicher Ressourcen in der Südwestprovinz. Ein starkes Team internationaler Organisationen unterstützt die kamerunische Regierung beim Wald- und Wildschutz. Co-finanziert durch die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) sind die GTZ, der WWF, der WCS und der Deutsche Entwicklungsdienst DED am Projekt beteiligt.

Wald wie Menschen stehen im Fokus des Programms: Einerseits soll der Wald geschützt werden. Andererseits sollen betroffenen Dorfgemeinschaften neue Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, die sie vom Wald unabhängiger werden lassen. Dazu gehören Infrastruktur, wie Wasserpumpen oder eine bessere Straße, vor allem aber auch effektivere Nutzpflanzen und verbesserte Anbaumethoden, um die knappe Fläche des Communitylands besser zu nutzen. Mit diesen Entwicklungsmaßnahmen will man für die Idee der Nationalparks werben, die schon im kommenden Jahr entstehen sollen.

Kritiker im Dorfrat

Die Kritik an der Regierungspolitik ist überdeutlich. Wir haben vom Reservat nicht profitiert - im Gegenteil, so die Kritik, es komme nichts ein von dem Geld, was durch Tourismus oder Jagd- und Holzschlagkonzessionen in die Kassen gespült werde.

Macht sich die kamerunische Regierung denn die schöne Idee des Waldschutzes und des Artenerhalts überhaupt zu eigen? Zweifel können aufkommen, wenn man sieht, dass vieles nur schleppend voran kommt, wie die Registrierung der Nationalpark-Grenzen. Oder wenn die Ecoguards, die Wächter in den Nationalparks, seit Monaten kein Geld erhalten.

Die Idee des Wald- und Artenschutzes wurde von außen nach Kamerun hinein getragen. Die ersten Schutzgebiete gab es seit den 1930er-Jahren. Nationalparks entstanden seit den 80ern. Heute stehen knapp 15 Prozent der Waldfläche unter Naturschutz. Doch das Thema Biodiversität ist in den ländlichen Regionen Kameruns und in den Köpfen der betroffenen Menschen nicht wirklich angekommen.