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Politik

Bonner GMF diskutiert Fake News und Populismus

14. Juni 2017

Zum 10. Mal treffen sich Journalisten, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft auf dem GMF. Das Forum diskutiert u.a. über post-faktische Politik, vergibt den Freedom of Speech Award - und lädt zum Lachen ein.

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Global Media Forum 2017: Identity and Diversity

Es ist ein kleines Jubiläum: Schon zum zehnten Mal versammeln sich am 19. Juni Vertreter von Medien, Zivilgesellschaft und Politik zum Global Media Forum in Bonn. Für DW-Intendant Peter Limbourg ist das eine Verpflichtung: "Wir schauen nach vorne in die Zukunft! Bei diesem Global Media Forum werden die Neuerungen der digitalen Welt ein großes Thema sein."

GMF 66 | Closing Ceremony Peter Limbourg
Erwartet spannende Begegnungen: DW-Intendant LimbourgBild: DW/K. Danetzki

Patrick Leusch bestätigt das. "Wir werden Fragen der digitalen Zukunft unseres Arbeitslebens erörtern", so der Geschäftsführer des Global Media Forums (GMF). "Wie werden wir als Medienmacher in Zukunft arbeiten? Der Journalismus geht in einer gewaltigen Blase auf, in der jeder Sender und Empfänger ist. Die große Frage ist: Wie bleiben wir dabei vertrauenswürdig?", erklärt Leusch. Gleich das Auftaktpanel wird sich mit dem Thema Glaubwürdigkeit befassen: "Die Verbreitung von Lügen - Medien in der post-faktischen Zeit". Auch im weiteren Konferenzverlauf taucht dieses Thema immer wieder auf. Etwa, wenn das Aufbrechen von Filterblasen behandelt wird oder auch das Wachstum des Populismus.

Unterschiedlichste Formate

Insgesamt erwartet die gut 2000 Gäste aus 130 Ländern beim Global Media Forum ein Angebot von rund 40 Einzelveranstaltungen. Das reicht vom "kleinen Workshop über sehr intime Formate ausschließlich auf Einladung bis zu großen Plenarsaal-Veranstaltungen", erläutert Patrick Leusch das Spektrum. Zu den Teilnehmern des GMF gehören internationale Entscheidungsträger wie der Generalsekretär des Europaparlaments, Klaus Welle, der stellvertretende Generaldirektor der UNESCO, Frank La Rue, Unternehmer und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski, Amnesty-International-Generalsekretär Salil Shetty oder auch eine der Gründerinnen der US-amerikanischen Initiative "Women's March", Carmen Perez. 

GMF | Carmen Perez
Womens March Organisatorin Carmen PerezBild: Privat

Ein Fokus dieser zehnten Ausgabe des GMF: Einzelne Akteure stellen ihre Sicht der Dinge in spannenden Formaten vor. Leusch fällt da auf Anhieb Michal Kosinski ein. Der Psychologe von der US-Universität Stanford gilt als geistiger Vater von Cambridge Analytica. Dieses Unternehmen soll im US-Präsidentschaftswahlkampf anhand öffentlich zugänglicher Daten detaillierte Profile von Millionen Wählern erstellt haben. Diese wurden anschließend mit psychologisch maßgeschneiderten Botschaften bearbeitet – vom Wahlkampfteam Donald Trumps. Es verwundert nicht, dass Kosinskis Vortrag unter dem Titel "Das Ende der Privatsphäre" steht.

Signal für Pressefreiheit in den USA

Zu den Höhepunkten des Global Media Forums gehört die Verleihung des Freedom of Speech Awards. Der wird von der Deutschen Welle in diesem Jahr zum dritten Mal vergeben und geht an die White House Correspondents' Association. DW-Intendant Peter Limbourg hätte noch vor wenigen Jahren nicht erwartet, dass die DW eine Journalistenorganisation in den USA auszeichnen würde. "Aber wir glauben, dass es ein Anschlag auf die Pressefreiheit ist, wenn Donald Trump die Medien aggressiv verurteilt, sie unflätig beschimpft", so Limbourg. "Da wollen wir ein Zeichen setzen, dass Pressefreiheit weltweit immer behütet werden muss, weil sie der Schlüssel ist für eine funktionierende Demokratie und damit eben auch zur Wahrung der Menschenrechte."

USA White House Correspondents' Association Dinner in Washington
Unterstützung aus Bonn in Zeiten von Trump: Freedom of Speech Award für die WHCABild: Reuters/J. Ernst

Die zehnte Ausgabe des Global Media Forums wartet zudem mit einigen Neuerungen auf. Die größte: Der dritte  Konferenztag steht ganz im Zeichen praktischer journalistischer Arbeit. Mit dem Media Innovation Lab, so GMF-Geschäftsführer Leusch, komme die Konferenz einem in den letzten Jahren immer wieder von Teilnehmern geäußertem Wunsch nach "Hands-on-Angeboten" nach. Experten werden in relativ kurzer Abfolge zur digitalen Zukunft sprechen. Daneben wird es einen Entdeckermarkt geben. Leusch führt aus: "Man kann sich bei mindestens zwei Projekten mit Virtual Reality auseinandersetzen. Es gibt ein Drohnenprojekt. Wir haben ein 360-Grad-Journalismus-Projekt. Und wir stellen eine Reihe von Innovationen auf Softwarebasis für Journalisten vor." Einstimmen auf diesen Entdeckermarkt kann man sich zuvor bei einem Vortrag von Bio-Hacker Hannes Sjoblad. Der ist unter anderem bekannt dafür, Menschen RFID-Chips zur Nahfeldkommunikation unter die Haut zu implantieren. Auch sonst lotet der Schwede Sjoblad die Möglichkeiten der Verschmelzung von Technik und menschlichem Organismus aus. Der technologische Fortschritt, sagt der Cyborg-Aktivist voraus, werde die Vielfalt menschlichen Lebens noch bedeutend erhöhen - und unser Verständnis von Identität vollständig verändern.

DW Popxport Joy Denalane
Setzt musikalisch Akzente: Joy DenalaneBild: Eva Baales Vertigo Berlin

Satire als Waffe

Kunst, Kultur und auch Humor werden diesmal mehr Raum bekommen beim Global Media Forum. Die Norwegerin Maia Urstad entwickelt eigens für das Global Media Forum ein Klangkunstprojekt – angesichts des Themas Vielfalt greift sie dabei auch auf Audio-Archivmaterial aus den 30 Sprachredaktionen der Deutsche Welle zurück. Auch der Fotograf Kevin McElvaney wird vertreten sein - mit einer für das GMF neu konzipierten Variante seines emotional berührenden "Mirror-Projects".

Für musikalische Akzente sorgen unter anderem die deutsche Popsängerin Joy Denalane und die Vietnamesin Mai Khoi. Vor allem aber: Bei diesem Global Media Forum darf gelacht werden: Satire wird nicht nur abstrakt in einem Panel mit dem Titel "Satire als Waffe" behandelt. Satire bekommt einen eigenen Platz bei der Konferenz. Das Team von Zambezi News aus Simbabwe wird immer wieder das Welt- und Konferenzgeschehen auf witzige Weise aufs Korn nehmen. "Wir glauben, dass Konferenzen in Zukunft nicht mehr allein auf der kognitiven Ebene funktionieren. Die müssen inspirierend sein auf allen Ebenen", sagt GMF-Geschäftsführer Patrick Leusch. "Deswegen haben wir uns darum bemüht, auch humoristische Aspekte hineinzubringen."

Für alle, die nicht nach Bonn kommen können, gibt es immerhin ein Trostpflaster: Live-Streaming. Über die GMF-Webseite kann man sich in einzelne Räume und Veranstaltungen hineinklicken – und sich per Chat auch aus der Ferne am Konferenzgeschehen beteiligen.

 

Matthias von Hein
Matthias von Hein Autor mit Fokus auf Hintergrundrecherchen zu Krisen, Konflikten und Geostrategie.@matvhein