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Immer mehr Kunstfehler in deutschen Operationssälen

5. September 2012

Die Zahl der Vorwürfe gegenüber deutschen Ärzten steigt: In 12.686 Fällen beschwerten sich Patienten über Behandlungsfehler. Die Dunkelziffer könnte aber noch weit höher liegen.

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Auf einem Röntgenbild ist ganz deutlich eine vergessene OP-Klemme im Bauchraum eines Patienten zu sehen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Insgesamt fast 6400 Patienten wurden im letzten Jahr Opfer von Behandlungsfehlern. Allein die Krankenkassen stellten 4068 Kunstfehler fest. Hinzu kommen 2287 Fälle, bei denen sich Patienten persönlich an ärztliche Gutachterstellen wendeten, um ihre Behandlung überprüfen zu lassen. Rund zwei Drittel der Fehler passierten in Kliniken, das restliche Drittel bei niedergelassenen Ärzten.

Am häufigsten richtet sich der Pfuschverdacht gegen Chirurgen. Vergleichsweise gering betroffen ist die innere Medizin. Das muss nicht zwangläufig an der Behandlungsqualität liegen, wie Astrid Zobel, Ärztin des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK), erklärt: "Patienten mit Bluthochdruck empfinden einen Herzinfarkt häufig als schicksalhaft". Selten kämen die Betroffenen darauf, dass eine fehlerhafte Medikation vorliegen könne.

Fehlerquote im Promillebereich

Der Vize-Geschäftsführer des Medizinischen Diensts des Kassenspitzenverbands (MDS), Stefan Gronemeyer, sprach zwar von einer Zunahme der Vorwürfe. Dies liege daran, dass die Patienten immer wachsamer und misstrauischer gegenüber Ärzten würden. Die Fehlerquote sei generell aber wohl nicht gestiegen. Doch es gebe vermutlich auch eine hohe Dunkelziffer.

Der Vorsitzende der zuständigen Kommissionen und Stellen der Ärzteschaft, Andreas Crusius, betonte hingegen, dass sich angesichts von Abermillionen Klinik- und Praxisbehandlungen pro Jahr die Fehlerzahl im Promillebereich bewege.

Lebensbedrohliche Irrtümer

Zum Teil enden Behandlungsfehler tödlich, wie ein Beispiel aus der MDS-Bilanz zeigt: Ein 67-Jähriger hatte nach einer Gallenblasen-Operation hartnäckige Bauchschmerzen. Bei einer Notoperation entdeckten Chirurgen dann einen Riss im Dickdarm. Dieser stammte von einem ungesicherten Keil, welchen der Patient bei der ersten OP verschluckt hatte. Dieser sollte Bisse auf den Beatmungsschlauch verhindern. "Der Patient ist an der Entzündung verstorben", berichtet MDK-Ärztin Zobel.

Die steigende Anzahl an Gutachten sei hilfreich, wie Gronemeyer erklärt: "Auch mit der Feststellung, dass ein Schaden eine unvermeidbare Komplikation war, ist vielen Patienten geholfen." Weiteres Grübeln habe dann ein Ende. Darüber hinaus gäben die Gutachten mehr Sicherheit, wenn sich Patienten auf Gerichtsverfahren einlassen sollten. Ferner erhoffen die Kassen sich Verbesserungen vom kommenden Patientenrechtegesetz der Koalition. Bei groben Fehlern soll dann der Arzt beweisen, dass sein Fehler nicht den Schaden verursacht hat.

pt/fab (dpa/dapd/afp)