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Auswanderung

12. August 2011

Vor allem junge Russen wollen im Ausland studieren oder arbeiten. Beliebtestes Ziel ist Deutschland. Grund für diese Entwicklung ist, so Experten, dass positive Veränderungen in Russland zu lange auf sich warten lassen.

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Ein Mann wartet mit Koffern auf Abreise (Foto: dpa)
Auswanderung aus ZukunftsangstBild: picture alliance / dpa

Mehr als 20 Prozent der Russen würden gerne ihren ständigen Wohnsitz ins Ausland verlegen. Unter den jungen und gebildeten Befragten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren ist der Anteil der potenziellen Auswanderer sogar fast doppelt so groß (39 Prozent). Für die meisten ist Deutschland das bevorzugte Ziel. Dort würden 13 Prozent der Befragten am liebsten leben.

Das geht aus einer Umfrage des Russischen Meinungsforschungs-Zentrum (VCIOM) hervor. Es gilt als das älteste und führende Meinungsforschungsinstitut Russlands. Gegründet wurde die Einrichtung 1987. Sie ist nach wie vor in staatlicher Hand.

Mangel an Fachkräften droht

Aleksej Samochwalow (Foto: DW)
Aleksej Samochwalow warnt vor negativen Folgen für RusslandBild: DW

Beobachtern zufolge ist der Wunsch nach Auswanderung in erster Linie auf Zukunftsängste der Menschen in Russland zurückzuführen. Der russische Politikexperte Aleksej Samochwalow meint, das Ergebnis der Meinungsumfrage mache deutlich, wie die Menschen die Politik im Lande beurteilen.

Die Russen würden keine positiven Veränderung sehen und seien auch nicht mehr bereit, Jahrzehnte auf sie zu warten. "Sozialleistungen werden abgebaut, nationale Projekte nicht umgesetzt, und Eigentum wird nicht garantiert. Die Menschen fühlen sich schutzlos", so Samochwalow. Deswegen würden heute schon die meisten Studenten Arbeit im Ausland suchen oder nach der Möglichkeit, ihr Studium dort abzuschließen. Russland drohe ein katastrophaler Mangel an Fachkräften, so der Experte.

Aber schon heute befinden sich unter den Auswanderern verhältnismäßig viele Wissenschaftler und Kulturschaffende. Grund dafür sei unter anderem auch, dass Menschen mit Hochschulausbildung in Russland oft weniger verdienten, als Menschen ohne Ausbildung, stellt Wjatscheslaw Bobkow, Leiter des Russischen Zentrums für Lebensstandard (VCUG), fest. Dass sich die Anzahl der Russen, die eine Auswanderung nicht ausschließen, in den vergangenen 20 Jahren vervierfacht habe, sei Grund zur Sorge. Diesen Anstieg führt Bobkow auf gescheiterte Reformen in Russland zurück.

Selbstverwirklichung als Motiv?

Studenten in einem Hörsaal (Foto: dpa)
Viele junge Russen wollen im Ausland studierenBild: dpa

Beim Russischen Meinungsforschungs-Zentrum (VCIOM) ist man aber überzeugt, dass der Wunsch vieler junger Russen, ihr Land zu verlassen, nicht politisch motiviert ist. Im Vordergrund stehe die Arbeitssuche, sagte der Meinungsforscher Stepan Lwow der Deutschen Welle.

"Selbstverwirklichung ist das Hauptmotiv. Die Menschen wollen Erfahrungen im Ausland sammeln. Politische Gründe gibt es keine", so der Soziologe. "Unsere Jugendlichen halten vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen in der westlichen Gesellschaft für besser", fügte Lwow hinzu. Deutschland sei für russische Auswanderer attraktiv, weil es nicht weit von Russland entfernt sei. Zudem stehe Deutschland für Ordnung, Sauberkeit und sichere Sozialleistungen.

Autorin: Jewlalia Samedowa / Markian Ostaptschuk

Redaktion: Andrea Lueg