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Belarus-OSZE

1. März 2011

Die OSZE wird die Prozesse gegen Oppositionelle in Belarus nicht beobachten können, denn sie muss Minsk endgültig verlassen. Stephan Malerius, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Vilnius, bewertet die Lage.

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Portrait von Stephan Malerius (Foto: DW)
Stephan MaleriusBild: presse/KAS

DW-WORLD.DE: Die OSZE hat die Präsidentenwahl im Dezember 2010 als nicht fair bezeichnet und das harte Vorgehen der Regierung gegen Oppositionelle kritisiert. Nun muss die OSZE ihr Büro in Minsk endgültig schließen. Warum hat die Führung in Minsk so entschieden?

Stefan Malerius: Das sind alles Reaktionen, die als Antwort zu werten sind auf die westlichen Einschätzungen dessen, was am 19. Dezember 2010 in Minsk passiert ist. Lukaschenko und seine Umgebung hatten nicht erwartet, dass Europa und die USA wirklich so einig sein würden in der Verurteilung sowohl der Wahlfälschung als auch der Repressionen nach diesen Wahlen. Die Schließung des OSZE-Büros ist eine Antwort auf diese unerwartete Einigkeit des Westens, was die Bewertung der Ereignisse um die Wahlen betrifft.

Welche Funktion hatte die OSZE in Minsk und was hatte ihre Präsenz den Menschen in Belarus gebracht?

Schild des OSZE-Büros in Minsk (Foto: AP)
OSZE-Büro in Minsk endgültig geschlossenBild: AP

Die Mission war in verschiedenen Formen präsent. Der erste Botschafter, Hans-Georg Wieck, von 1999 bis 2001, hatte mit seiner Mission ein relativ weitgehendes Mandat, mit dem er tatsächlich sehr aktiv zu Stärkung der Zivilgesellschaft, der demokratischen Kräfte in Belarus beitragen konnte. Das Mandat ist dann nach der Wiedereröffnung des Büros eingeschränkt worden. In den letzten Jahren ist die Aktivität des OSZE-Büros in Minsk sehr viel reduzierter gewesen. Sie hat sehr viel reduzierter sein müssen, weil das Mandat eingeschränkt gewesen ist. Nichtsdestotrotz ist die Funktion sehr wichtig gewesen - einmal als Ansprechpartner für demokratische Opposition, für zivilgesellschaftliche Kräfte, außerdem natürlich auch als Beobachter. Gerade jetzt würde man sich wünschen, eine OSZE-Mission vor Ort zu haben, die in der Lage wäre, die beginnenden Prozesse gegen die nach dem 19. Dezember angeklagten Oppositionellen zu beobachten.

Welche Auswirkungen wird die Schließung des OSZE-Büros in Belarus selbst haben?

Die Schließung wird jetzt mit Sicherheit erst einmal dazu führen, dass der Raum für Willkür im Land im Zusammenhang mit den Prozessen noch größer sein wird. Wir haben nach dem 19. Dezember schon sehr viele Verstöße selbst gegen die belarussische Strafgesetzordnung gesehen - zum Beispiel fehlende Möglichkeiten für die Anwälte, Zugang zu ihren Mandaten zu haben, oder der Lizenzentzug für Anwälte. Das alles sind Fälle, die rechtlich selbst durch die lokale Gesetzgebung nicht zu rechtfertigen sind. Da wäre es natürlich wichtig, ein internationales Beobachtungs-Instrument zu haben. Das fehlt jetzt mit der Schließung des OSZE-Büros. Deswegen wird man sich sowohl im Lande als auch von den Akteuren, die außerhalb arbeiten, überlegen müssen, wie man das Fehlen der OSZE insoweit kompensieren kann, dass man diese Beobachtung weiterhin systematisch durchführt und dann auch international bekannt macht.

Das Interview führte Vladimir Dorokhov
Redaktion: Markian Ostaptschuk